Gastbeitrag von Gary Swart
Wäre es nicht toll, wenn Unternehmensklima messbar wäre?
Es liegt in der Verantwortung eines Managers, für ein Arbeitsumfeld zu sorgen, in dem jeder Mitarbeiter sein Bestes geben kann. In meinem kürzlich erschienenen Artikel schrieb ich darüber, dass gute Manager vier Hauptaufgaben haben: Sie geben das Ziel für das Team vor, wie es dorthin gelangt, wer wofür zuständig ist und die Standards, an denen der Fortschritt gemessen wird. Woher aber wissen wir, ob wir diesen Aufgaben auch nachkommen und tatsächlich ein Umfeld schaffen, in dem jeder erfolgreich sein kann? Wäre es nicht toll, wenn das Unternehmensklima und deren Verbesserungen messbar wären?
Brian Goler, unser früherer VP of Marketing, schlug vor einigen Jahren vor, dass wir unsere Mitarbeiter befragen sollten. Stellen Sie sich vor die Mitarbeiter Ihres Teams zu interviewen, ob sie in einem Umfeld arbeiten, das ihrer beruflichen Weiterentwicklung zuträglich ist. Brillante Idee, nicht wahr? Wir fingen an, Mitarbeiter zum Beginn und zum Ende des Jahres zu befragen, um messen zu können, ob eine Besserung eingetreten ist. Das erste Mal hat mich das Ergebnis schockiert und auch jetzt lernen wir bei jeder unserer „Kulturumfragen – so nenne ich sie – dazu.
Für den Fall, dass Sie mit dem Gedanken spielen, auch einmal eine „Kulturumfrage“ in Ihrem Team durchzuführen, teile ich mit Ihnen die Fragen unserer Umfrage mit zusätzlichem Kontext. Bevor ich jedoch näher darauf eingehe, gibt es Einiges zu beachten:
- Die Beantwortung der Fragen sollte anonym erfolgen, damit Mitarbeiter sich ohne Furcht vor Konsequenzen offen äußern können.
- Stellen Sie einige grundlegende Fragen, mithilfe derer sich Schwächen und Stärken der Unternehmenskultur herauskristallisieren lassen. Wir fragen beispielsweise nach der Abteilung und der Beschäftigungsdauer (ist der Mitarbeiter seit über oder unter einem Jahr im Team). Dadurch können wir nach abteilungsspezifischen Mustern suchen sowie nach solchen, die sich auf die ältere oder jüngere Generation zurückführen lassen.
- Wählen Sie ein einfaches Tool für die Umfrage. Wir verwenden das Umfrage-Tool von Google, um Feedback einzuholen und analysieren die Ergebnisse dann in Excel.
- Entwickeln Sie ein einheitliches Beurteilungssystem, mit dem Sie die Resultate alljährlich miteinander vergleichen können. In unserer Umfrage sollten die Mitarbeiter verschiedene Fragen auf einer Skala von eins bis fünf, d. h. von schwach bis stark bewerten
Hier die Statements der „Kulturumfrage“ von oDesk mit zusätzlichem Kontext.
1. Frage: Ich bin stolz bei oDesk zu arbeiten.
Mit dieser Frage erhalten Sie einen guten allgemeinen Net Promoter Score, also einen guten Eindruck des Stimmungsbarometers hinsichtlich der Unternehmenskultur. Obwohl die Beurteilung bei uns insgesamt recht gut ausfiel, fiel uns auf, dass sie in einer Abteilung deutlich schlechter war als in anderen Abteilungen, was auf Schwierigkeiten mit der Persönlichkeit oder der Rolle des Abteilungsleiters hinwies. Als wir dies erkannten, konnten wir das Problem beheben, und danach stieg die Beurteilung der Unternehmenskultur insgesamt um 25 Prozent.
2. Frage: Das Unternehmen verfügt über eine klare und inspirierende Vision.
Wenn Sie nicht klar vermitteln, in welche Richtung Sie steuern, kann es schwer sein, das Team für sich zu gewinnen. Stellen Sie zunächst einmal sicher, dass Visionen vorhanden sind. Dann möchte ich darauf hinweisen, dass die Zeit, die es braucht, diese Visionen zu kommunizieren, oft unterschätzt wird. Ich war perplex als ich feststellen musste, dass einige Mitarbeiter gar nicht wussten, dass wir klare Visionen haben. Natürlich hatten wir diese, nur wussten sie nicht, welche das waren. Unser Problem war, dass wir sie nicht oft genug mitgeteilt hatten.
3. Frage: Ich vertraue der Unternehmensführung.
Achtung! Die Antwort auf dieses Statement könnte manchen Managern die Augen öffnen. Aber obwohl es schwer werden könnte, den Tatsachen ins Auge zu blicken, ist es immer besser, zu wissen, wo der Fehler liegt (denn Fehler hat jeder), damit man etwas dagegen unternehmen kann. Die Wurzel des Übels zu erkunden, schafft außerdem eine Kultur der offenen und ehrlichen Kommunikation und zeigt, dass Sie sich für die Meinung Ihrer Mitarbeiter interessieren. Raum für Verbesserung gibt es immer, und bei der Interpretation der Antworten auf dieses Statement sollten man auch daran denken, dass das Ziel nicht darin besteht, gemocht zu werden (obwohl es natürlich besonders schön ist, wenn man dafür gemocht wird, dass man ein guter Manager ist), sondern in erster Linie darin, respektiert zu werden.
4. Frage: Ich weiß, was von mir erwartet wird und wie meine Arbeit zu den übergreifenden Zielen des Unternehmens beiträgt.
An der Beurteilung dieser Frage können Sie erkennen, ob Manager die Zuständigkeiten klar kommunizieren. Jeder Abteilung mit einer schlechteren Beurteilung müssen die Ziele klarer vermittelt werden. Denn dadurch können Sie überprüfen, ob die Organisation als Ganzes gut funktioniert.
5. Frage: Ich kenne die Rollenverteilungen und Zuständigkeiten im Unternehmen.
Oft ist Mitarbeitern zwar klar, wofür sie zuständig sind, sie kennen aber nicht den Aufgabenbereich der anderen. Man vergisst leicht, dass Mitarbeiter derselben Abteilung oftmals nicht genau wissen, womit sich ihre Kollegen befassen. Die Aufklärung über die einzelnen Rollen öffnet effektive funktionsübergreifende Kanäle und verhindert Ineffizienz. Als wir das Ergebnis dieser Frage sahen, begannen wir bei Unternehmensbesprechungen sofort damit, die Zuständigkeiten und Standards, nach Abteilung unterteilt, besser zu kommunizieren.
6. Frage: Mein Vorgesetzter gibt mir Feedback und interessiert sich für meine berufliche Weiterentwicklung und mein Fortkommen.
Viele Manager wurden nie für die Personalführung ausgebildet, sondern landen einfach in dieser Rolle. Eine gute Unternehmensleitung legt Wert auf ein starkes Management und wird Teamleiter anweisen, ihrem Team das Wachstum und die Entwicklung zu geben, das es auch verdient. Wir stellen diese Frage, um überprüfen zu können, ob unsere Teams effektiv arbeiten und um sicherzustellen, dass jeder Mitarbeiter bekommt, was er braucht, um sich beruflich weiterzuentwickeln.
7. Frage: oDesk erwartet von seinen Angestellten, dass sie auf höchstem Standard arbeiten und greift ein, wenn dieser nicht gehalten wird.
Anhand dieser Frage können Sie überprüfen, ob Sie einen angemessenen Standard entwickelt haben und ihn auch einhalten können. Das Fehlen von Standards kann die Moral untergraben, wenn Mitarbeiter feststellen, dass mangelhafte Leistung ohne Konsequenzen bleibt. Ich habe in Unternehmen gearbeitet, in denen Mitarbeiter, deren Leistung unzulänglich war, von ihren Vorgesetzten nicht prompt zur Rechenschaft gezogen wurden. Dies hatte verheerende Auswirkungen auf die Unternehmenskultur. Niemand ist gewillt, Höchstleistungen zu erbringen, wenn er sieht, dass andere die Effektivität des ganzen Teams behindern.
8. Frage: Ich kann meine Arbeit erledigen, ohne dass mein Chef mir ständig über die Schulter schaut.
Geben wir Mitarbeitern die Möglichkeit für eigenverantwortliches Handeln? Jeder Mitarbeiter sollte den Freiraum haben, seine Aufgaben erledigen und etwas bewirken zu können, ohne sich wegen jeder Kleinigkeit an seinen Vorgesetzen wenden zu müssen. Damit machen Sie Mitarbeiter zufriedener, effektiver und geben ihnen die Möglichkeit, eigene Erfahrungen zu sammeln. Ein Manager ist hier mit einem Lehrer vergleichbar, der seine Schüler bei jeder Gelegenheit individuell fördert. Der Erfolg Ihres Mitarbeiters ist die höchste Auszeichnung für Ihren Erfolg.
9. Frage: Es gibt keine unnötigen Regeln oder Vorgangsweisen, sodass ich ungehindert meine Arbeit erledigen kann.
Auf diesem Weg sorgen Sie dafür, dass Ihre Mitarbeiter nicht durch Bürokratie und unnötigen Mehraufwand erdrückt werden. Ein gewisses Maß an Struktur und Dienstweg ist notwendig und hilfreich, aber zu viele Hürden können Ineffizienzen verursachen. Die erforderliche Gewichtung richtet sich nach der Unternehmensgröße und muss eventuell angepasst werden.
10. Frage: Meine Arbeit wird angemessen vergütet.
Obwohl unser Team hier normalerweise ein gutes Ergebnis erzielt, kann es in bestimmten Abteilungen gelegentlich zu Problemen kommen. Wir haben gelernt, dass die Bezahlung in einigen Positionen stärkeren Schwankungen ausgesetzt ist, als in anderen und die grundsätzliche Gehaltsstruktur eventuell angepasst werden muss. Uns hat das Ergebnis dieser Beurteilung geholfen, festzulegen wie und unter welchen Umständen wir Leistung vergüten.
11. Frage: oDesk fördert eine Kultur der Transparenz und der offenen Kommunikation.
Offene Kommunikation bedeutet für jede Abteilung etwas Anderes. Hier muss der Manager mit gutem Beispiel vorangehen und seine Mitarbeiter über alle Entwicklungen, die sie und ihren Aufgabenbereich betreffen, auf dem Laufenden halten. Transparenz kann in der Praxis ganz unterschiedlich aussehen und ich muss sagen, dass ich sehr froh über das Umfeld bin, dass wir hier bei oDesk geschaffen haben, da wir in diesem Bereich in der Regel sehr gut abschneiden. Aus der Sicht des Managers kann die eigene Wahrnehmung von offener Kommunikation täuschen, es ist also sehr wichtig, dass Sie dieses Kriterium messen.
12. Frage: oDesk ist ein kundenorientiertes Unternehmen.
Das Ergebnis ist ein guter Hinweis darauf, ob sich Ihr Unternehmen auf die richtige Zielgruppe konzentriert, nämlich Ihre Kunden! Nur zu leicht geschieht es, dass ein Unternehmen über seine eigenen Probleme vergisst, über den Tellerrand hinaus zu schauen. Es besteht eine echte Gefahr darin, nicht auf seine Kunden zu hören, Manager müssen also ganz bewusst Zeit in ihre Community investieren. Wenn Sie nicht mit gutem Beispiel vorangehen, können Sie nicht erwarten, dass Ihre Mitarbeiter es anders machen.
13. Frage: oDesk bietet ein Arbeitsumfeld, das zu Höchstleistungen anspornt.
Damit ist eigentlich schon alles gesagt, nämlich: Erbringt Ihr Team die geforderte Leistung? Ergreifen Ihre Mitarbeiter die Initiative, und erledigen ihre Arbeit so schnell wie möglich? Oder analysieren Sie alles bis ins Kleinste? Bei risikoscheuen Mitarbeitern kann das durchaus passieren. Versichern Sie ihnen, dass ein Fehler kein Beinbruch ist. Der Nährboden für eine Unternehmenskultur, in der Mitarbeiter bereit sind, Höchstleistungen zu erbringen, ist eine Umgebung, in der sich jeder darin bestärkt fühlt, Neues auszuprobieren und Aussicht darauf hat, große Träume verwirklichen zu können. Zum Erfolg gehört auch Mut zum Risiko.
14. Frage: Kreativität und Innovation werden gefördert.
Hiermit können Sie überprüfen, ob Sie ein Umfeld geschaffen haben, in dem Mitarbeiter das Gefühl haben, dass ihre Ideen unterstützt und angehört werden. Ohne dieses Umfeld ist Ihr Team vielleicht effektiv, aber es wird schwierig sein, jemals bis an die Grenzen des Möglichen vorzustoßen oder es gar darüber hinaus zum Erfolg zu führen. In Unternehmen, wo dieses Klima vorherrscht, öffnet der Mangel an Kreativität und Innovation der Konkurrenz die Tür.
15. Frage: Herausragende Leistung wird anerkannt und belohnt.
Achten Sie darauf, dass Anerkennung und Belohnung immer größeren Einsatz finden als autoritäres Verhalten und Kritik. Wir feiern Erfolge und spornen Mitarbeiter an, so oft wir können. Dies stärkt das Gemeinschaftsgefühl und motiviert.
16. Frage: Ich bin Teil eines Teams, das ein gemeinsames Ziel verfolgt und gut zusammenarbeitet.
Genauso wie viele Unternehmen dazu tendieren, ihre eigenen Probleme überzubewerten, konzentrieren sich auch viele Mitarbeiter auf ihre eigene To-Do-Liste und vergessen darüber, andere mit einzubeziehen. Überprüfen Sie frühzeitig und oft, ob Mitarbeiter gut zusammenarbeiten. Wenn Sie Einzelleistungen anerkennen und es Ihnen dann noch gelingt, eine Dynamik der harmonischen Zusammenarbeit zu schaffen, erreichen Sie den unternehmensparadiesischen Zustand einer wirklich hoch funktionsfähigen Kultur, in der alle gemeinsam und engagiert auf dasselbe Ziel hinarbeiten.
Kennen Sie die wahre Kultur Ihres Unternehmens und wissen, ob sie sich verbessert oder verschlechtert? Fragen Sie Ihre Mitarbeiter – viel Glück!
Zur Person
Gary Swart ist CEO von oDesk, einer der führenden Online-Arbeitsplätze.
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