Synagram

Eltern wissen jetzt, ob ihre Kinder rechtzeitig an einem Ort sind

Synagram aus Stuttgart offeriert eine App für verschiedene mobile Betriebssysteme, mit der Eltern ihre Lieblinge verschiedensten Alters „überwachen“ oder „begleiten“ können. Das Start-up macht es konkret möglich, den Aufenthaltsort seiner Kinder zu jedem Zeitpunkt zu ermitteln.
Eltern wissen jetzt, ob ihre Kinder rechtzeitig an einem Ort sind
Dienstag, 17. Dezember 2013VonThorsten Panknin

Sind die eigenen Kinder unterwegs, machen sich Eltern naturgemäß Sorgen darüber, wo sie sind und wie es ihnen gerade geht. Heutzutage macht es die Technologie theoretisch und auch praktisch möglich, den Aufenthaltsort seiner Kinder zu jedem Zeitpunkt zu überwachen. Synagram aus Stuttgart offeriert seit Ende Oktober 2013 eine App für verschiedene mobile Betriebssysteme, mit der Eltern ihre Kinder verschiedensten Alters „überwachen“ oder „begleiten“ können. Neben Synagram wird auch ein kleiner Seitenblick zu den Mitbewerbern Familonet und LoccaPhone geworfen.

Viele werden folgenden Satz so oder ähnlich aus ihrer Kindheit noch kennen: „Du kannst nach der Schule noch mit zu deinem Schulkameraden gehen, sei aber bitte bis um 17:00 wieder zuhause.“ Je nach Alter konnte es verschiedenste Gründe geben, warum man als Kind dann doch nicht um 17:00 Uhr zuhause war, die Eltern sorgten sich und hatten keine Ahnung, wo das Kind unterwegs war. Inzwischen machen es mobile Geräte und das Internet möglich, seine Kinder bis auf den Meter genau zu lokalisieren und so immer zu wissen, wo sie sind. Aber ist so eine „Totalüberwachung“ wirklich nötig? Diskussionen mit den jugendlichen Sprösslingen scheinen vorprogrammiert. Michael Ballweg, Gründer und Entwickler von Synagram, antwortet: „Synagram oder eine App kann das persönliche Gespräch zwischen Eltern und Kindern nicht ersetzen. Vielmehr hilft Synagram Eltern, die im Dialog mit ihren Kindern getroffenen Vereinbarungen zu prüfen. Gleichzeitig können wir unseren Kindern mehr Freiheit geben, da wir im Notfall benachrichtigt werden; das nehmen unsere Kinder als angenehme Schutzfunktion wahr.“

„Überwachen“ vs. „Begleiten“

Synagram bietet dazu Apps für Android, Windows Phone und demnächst für iOS an, die sowohl Eltern als auch Kinder auf ihrem Smartphone installieren. Es gibt zwei verschiedene Modi, die einen unterschiedlichen Grad an Kontrolle umsetzen. Der „Überwachungs“-Betrieb ist für kleinere Kinder ab der Grundschule gedacht, das Orten des Kindes per GPS und Anzeige auf einer In-app-Karte ist für die Eltern immer möglich. Bei den älteren Kindern im Jugendlichenalter greift der „Begleiten“-Modus, der Eltern die Möglichkeit eröffnet, ihre Kinder zum „Einchecken“ aufzufordern. Sie haben allerdings jederzeit die Möglichkeit, ihre Kinder zu kontaktieren, diese finden in der Synagram-App zusätzlich einen Panik-Button, mit dem sie ihren Aufenthaltsort mitteilen können.

Es können Alarme für bestimmte Orte und Uhrzeiten angelegt werden; Eltern bekommen im Normalfall nur eine Benachrichtigung, wenn das Kind nicht am ausgemachten Ort angekommen ist. Diese Orte können die Schule, der Sportverein oder auch das eigene Zuhause sein.

Screenshot: Thorsten Panknin

Vergleich mit Familonet und LoccaPhone

Neben Synagram gibt es noch weitere Online-Plattformen, die es Eltern ermöglichen sollen, sich sicherer zu fühlen, wenn ihre Kinder allein unterwegs sind. Familonet geht es nicht nur darum, die eigenen Kinder zu überwachen, sondern möchte es allen Familienmitgliedern möglich machen, miteinander zu kommunizieren und sowohl Standort als auch Status-Updates und Notfälle mitzuteilen. Nutzer checken an bestimmten Orten ein und teilen automatisch das Eintreffen mit. Zusätzlich können Nachrichten und Fotos ausgetauscht, 2014 sollen neben Smartphone-Apps auch Smartwatches und Schlüsselanhänger das Portfolio erweitern.

Beim Loccaphone handelt es sich um ein kleines Gerät, das für Februar 2014 angekündigt ist und bei indiegogo noch eine Crowdfunding-Kampagne laufen hat. Es wird an Kleidung oder Rucksäcken befestigt oder einfach in die Tasche gesteckt. Dies macht es möglich, nicht nur den Aufenthaltsort seiner Kinder, sondern auch von Tieren oder wertvollen Gegenständen zu überwachen. Es können dazu Zonen festgelegt werden, in denen sich beispielsweise die eigenen Kinder bewegen dürfen; verlässt der Träger eine Zone, werden die Eltern sofort benachrichtigt. Den Überblick behalten Nutzer per Smartphone- oder Web-App.

Für eine neue Idee in Deutschland eine eigenständige GmbH zu gründen und dann auf eine Seed-Finanzierung zu hoffen, lohne sich nicht

Michael Ballweg gründete die Firma hinter Synagram, die media access GmbH, bereits 1996 in Stuttgart und entwickelt seitdem Onlinelösungen und mobile Anwendungen. Synagrams Finanzierung läuft über die Firma und Ballweg selbst. Er lässt dazu wissen: „In Deutschland gibt es leider nur wenige Seed-Finanzierer. Für eine neue Idee eine eigenständige GmbH zu gründen und dann auf eine Seed-Finanzierung zu hoffen, lohnt sich aus meiner Sicht nicht. Vor allem deshalb, weil in der Seed-Phase für relativ wenig Geld ein hoher Anteil am Unternehmen abgegeben werden muss. Deshalb haben wir uns dafür entschieden, den Proof-of-concept selbst zu finanzieren und bei Bedarf beziehungsweise Erfolg direkt mit VCs zu sprechen.“

In Sachen Geschäftsmodell testet Ballweg gerade ein Preismodell, das die Kaufschwelle sehr niedrig halten soll – die Kosten belaufen sich auf 99 Cent pro Jahr und Handy, wobei eine Familie mindestens zwei Apps anschaffen muss: eine für die Eltern und das andere für das Kind. Das Risiko bei solch einem günstigen Preis ist, dass eine sehr hohe Zahl an Nutzern erreicht werden muss, um den Rubel zum rollen zu bringen.

Michael Ballweg ist sich im Klaren, dass Synagram polarisieren kann. Er teilt mit: „Ein Produkt, das polarisiert, ist gut. Damit ist eine Kommunikationsebene geschaffen, ein Dialog ist eröffnet. Synagram ist kein Tool zur totalen Überwachung, sondern automatisiert tägliche Routineaufgaben. Im Freundeskreis haben wir es mehrfach erlebt, dass aus Ablehnung Begeisterung wurde (wenn erst einmal die gedankliche Hürde der “Totalüberwachung” überwunden ist).“

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Thorsten Panknin

Kommt beruflich aus den Bereichen der Mediengestaltung und der Betreuung demenziell erkrankter Menschen. Seit Ende 2012 ist er freier Journalist mit dem Schwerpunkt Start-ups, interessiert sich aber auch für E-Reading und Open Source.