Mit weniger als 1.000 Euro zum eigenen Start-up?
Ob als Start-up oder Solopreneur: Viele Gründer wollen ihre Idee ohne Fremdkapital umsetzen. Wer darüber hinaus auch kein Eigenkapital hineinstecken kann oder will, muss „bootstrappen“: wenig Geld ausgeben, früh Erlöse erzielen. Welche Geschäftsmodelle dafür geeignet sind und wie man auch mit 1.000 Euro ein Start-up hochzieht, weiß Thorsten Kucklick: Der Gründer hat es im Selbstversuch getestet.
UltraPress (www.ultrapress.de) heißt das neue Start-up von Thorsten Kucklick, der bereits MeinSpiel.de (www.meinspiel.de) ohne Fremdkapital auf die Beine stellte und sich nun als Solopreneur der Herausforderung stellt, sein aktuelles Projekt – ein Baukasten für WordPress-Services – mit weniger als 1.000 Euro umzusetzen. Die Vorteile dieses Vorgehens, erklärte der Hamburger auf dem ersten deutschen Solopreneur Day (siehe auch: “Als Einzelgründer durchstarten – aber wie?“), seien vor allem der Zeitvorteil und die eigene Unabhängigkeit. „Natürlich kann Fremdkapital zu einem späteren Zeitpunkt erforderlich sein, um das Unternehmen auf eine höhere Stufe zu heben. Aber wenn man ohne fremdes Geld startet und etwas schafft, das funktioniert, ist man später in einer besseren Position für VC-Gespräche.“
“Great ideas will kill you!”
Dass nicht jedes Konzept dafür geeignet ist, davon ist Kucklick in Anlehnung an Seth Godin überzeugt: „Great ideas will kill you!“ Wer schnell und mit wenig Geld etwas aufbauen und rasch Erlöse erzielen will, sollte ein Geschäftsmodell wählen, das erwiesenermaßen funktioniert. Beim Bootstrapping gehe es eben nicht darum, mit einer ausgefallenen Idee Businessplan-Wettbewerbe zu gewinnen, sondern etwas zu machen, das zu den eigenen Fähigkeiten passt und einen Wert für andere Menschen schafft. Denn: „Als Solopreneur, der bootstrappt, kann man nicht erst eine große Nutzerschar aufbauen, sondern muss den Fokus auf erste Erlöse setzen.“
Drei Geschäftsmodelle seien besonders geeignet, um schnell Erlöse zu erzielen:
SAAS-Modelle: Software mit begrenztem Funktionsumfang anbieten, Produkt nach und nach ausbauen. Funktionen zunächst improvisieren und erst dann, wenn sie angenommen werden, konventionell programmieren. Hat man erste User gewonnen, gibt es einen relativ stabilen Erlösstrom. Nach diesem Prinzip ging das Zeiterfassungs-Tool mite (www.mite.yo.lk) vor.
Agentur- und Projektgeschäft: Etwas anbieten, das man selbst leistet oder das andere Auftragnehmer nach dem Kauf oder Auftrag ausliefern – eventuell auch nur als Nebenprodukt, um Erlöse zu erzielen. So machte es MeinSpiel.de und organisierte neben dem Kernprodukt für Firmenkunden die Produktion von Großauflagen als Werbemittel.
E-Commerce: Eine passende Nische finden, Shop aufsetzen, Produkte on demand herstellen oder direkt vom Großhändler verschicken lassen. Ein Beispiel dafür ist Hasenfarm (www.hasenfarm.com), ein kleiner Shop für T-Shirts mit lustigen Hasenmotiven.
Wenn es dann um die konkrete Idee geht, sollten sich bootstrappende Solopreneure möglichst auf die eigenen Interessen und Fähigkeiten konzentrieren – schließlich sind sie zunächst für alles selbst verantwortlich. Auch zur Zielgruppe des Produkts sollten Gründer eine eigene Affinität haben, um sie gut verstehen zu können, und sie sich als eine reale Person – den „idealen Kunden“ – vorstellen. Um zu prüfen, ob der angestrebte Bereich wirklich Potential hat, hilft der Amazon-Check: Gibt es zum ausgesuchten Thema bereits Bücher in den Top 50?
Eine gute Vorgehensweise zur Ideen-Generierung sei außerdem das Scamper-Modell:
S wie substitute: Teile eines bestehenden Produktes durch Neues ersetzen
C wie combine: Zwei Produkte so kombinieren, dass sie etwas Neues ergeben
A wie adapt: Die Funktionalität eines Produktes anpassen, auf neues Medium übertragen
M wie modify: Ein bestehendes Produkt modifizieren
P wie put to another use: Ein bestehendes Produkt für etwas ganz anderes nutzen
E wie eliminate: Ein Produkt auf seine Kernfunktion reduzieren
R wie reverse: Ein Produkt auf den Kopf stellen
Und dann?
„Bloß keine Businesspläne erstellen! Das dauert viel zu lange, die Inhalte sind unrelevant und vernebeln meist die Realität.“ Besser als die typischen Fragen nach möglichen Marktanteilen sei es, sich mit „Bottom up-Zahlen“ zu beschäftigen, die auf realen Gegebenheiten basieren: Anzahl der Mitbewerber, welche Preise lassen sich durchsetzen, wie viele Verkäufe sind zu schaffen? Dann das eigene Unternehmen in Bausteine zerlegen (Website, Infrastruktur, Einkauf, Kundenbetreuung,…), diese priorisieren und in konkrete Aktionspläne umsetzen. Und überlegen, für welche Bausteine externe Partner, Tools und Dienstleister benötigt werden.
Schwierig ist natürlich das Thema Marketing: Hier müsse einiges ausprobiert werden, bekennt Kucklick. Er selbst hatte das Glück, dass sein Blog zu einem Artikel bei Spiegel Online führte, was ihm einiges an Traffic einbrachte – ohne jegliche Kosten. Und so bewege er sich mit UltraPress noch immer knapp unter 1.000 Euro, was nicht bedeutet, dass er nicht schon mehr Geld für sein Start-up ausgegeben habe: „Aber die Anschubkosten bewegten sich tatsächlich unter 1.000 Euro. Alles andere konnte ich aus den laufenden Erlösen finanzieren.“
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