5 weitere Crowdinvesting-Plattformen im Vergleich
In meinem ersten Beitrag habe ich 6 Plattformen gegenübergestellt, die man wohl als First Mover bezeichnen kann. In der Zwischenzeit sind weitere dazu gekommen. Auch wenn der erste Vergleich mittlerweile schon wieder veraltet ist, so war es mir doch wichtiger, weitere Plattformen darzustellen. Vor allem interessierte mich, wie grenzen sich die einzelnen Plattformen von den “Großen” ab?
Ich habe 5 Crowdinvesting-Plattformen gefunden (equity based-Crowdfunding), weitere 2 Plattformen bieten derzeit kein Crowdfunding mehr aktiv an. In der Tabelle finden Sie bankless24 (www.bankless24.de), United Equity (www.united-equity.de), Fundsters (www.fundsters.de), Die Beteiligungsplattform (www.die-beteiligungsplattform.de) und Startkapital Online (www.startkapital-online.de). Man möge mir verzeihen, wenn ich noch eine übersehen habe.
Zunächst fällt auf, dass die stille Beteiligung als Investitionsform überwiegt. Nachdem Seedmatch (www.seedmatch.de) und Companisto (www.companisto.de) auf partialische Darlehen umgeschwenkt waren, war zu erwarten gewesen, dass die kleineren Marktplayer ihnen folgen, doch dem ist nicht so. Auch das Genussrecht ist nach wie vor weitverbreitet, auch wenn von den 5 genannten Plattformen nur Bankless24 und United Equity diese Form anbieten.
Wohl am meisten aus dem Rahmen fällt Fundsters mit dem Modell einer Zwischengesellschaft. Damit soll das Handling und eine Folgefinanzierung für die Start-ups erleichtert werden. Durch die spezielle Konstruktion erschlägt Fundsters gleich weitere Fliegen mit einer Klappe. Die Erträge des Investors sind trotz des Eigenkapitalcharakters Kapitalerträge (d.h. 25 % gehen als Abschlagsteuer gleich an das Finanzamt) und keine Erträge aus Gewerbebetrieb. Außerdem hat man die Prospektpflicht für große Beträge gleich kostengünstig mit erschlagen, indem es für alle Projekte nur einen Prospekt gibt – den über Fundsters. Denn dorthin fließt das Geld des Investors bevor sich dann Fundsters am Start-up beteiligt. Trotzdem wird jeder Investor abrechnungstechnisch so gestellt als wäre er direkt beteiligt.
Generell wurden bei Fundsters anscheinend die Unternehmensinteressen besonders stark berücksichtigt. So kann ein Investor seine Anteile nicht direkt kündigen. Erst wenn 25 % der Investoren (gemessen am Beteiligungsbetrag) solch einen Wunsch äußern wird eine Abstimmung herbeigeführt. Votieren 75 % der abgegebenen Stimmen für eine Kündigung erfolgt die Kündigung aller Verträge, auch der Investoren, die nicht kündigen möchten. Das macht die Finanzplanung für den einzelnen Investor nicht gerade einfach, ist für das Unternehmen aber sicher besser als wenn monatlich eine schwankende Anzahl von Einzelverträgen gelöst werden müssen. Die anderen Plattformen umschiffen das Problem ganz elegant durch Festlaufzeiten. Damit hat sich eine Kündigung erledigt. Fundsters verspricht den Investoren über die gesamte Dauer einen Ansprechpartner, insbesondere für den Negativ-Fall, auch erhalten sie ein geprüftes regelmäßiges Reporting und eine steuerliche Betreuung, dafür werden aber auch 10 % der ausgeschütteten Erträge einbehalten.
Weiterhin fällt auf, dass die stille Beteiligung nach Angaben von Fundsters echtes bilanzielles Eigenkapital darstellt. Das macht auch die Kreditaufnahme noch einmal leichter. Damit dürften sie ein Alleinstellungsmerkmal haben, welches nur die Plattformen noch mit inbegriffen haben, die es den Unternehmen überlassen, sich ihre Verträge maßzuschneidern. Das bietet Die Beteiligungsplattform an (hat aber auch vorgefertigte Verträge) und Startkapital-Online.
Mein Kritikpunkt an den Marktführern ist, dass sie die Unternehmen nach Erfolgswahrscheinlichkeit auswählen. Die Crowd hat keine Einflussmöglichkeit. Hier sind die kleineren Plattformen nach meinem Dafürhalten ein Stück weiter. Die Beteiligungsplattform und Startkapital-Online beteiligen ein Expertengremium. Aber auch hier gilt: Ähnlich wie bei einer Bank stellt das Unternehmen seinen Antrag und wartet auf die Entscheidung Einzelner. Wirklich konsequent sind hier Bankless24, Fundsters und United Equity, die letztlich jedes formal mögliche Unternehmen zulassen. Zu den formalen Kriterien zählen Seriosität und Vollständigkeit der Unterlagen. Bankless24 checkt noch das Creditreform Rating. In meinen Augen das beste Modell kann United Equity vorweisen. Hier entscheidet die Crowd in einer Vorauswahl wer zum Funding zugelassen wird. Das macht Sinn. Der Investorenmarkt wird getestet ohne großes finanzielles und Image-Risiko für das Unternehmen, verlängert aber die Zeit bis zum Erfolg.
Wie der Name schon sagt, geht es bei Startkapital-Online um Gründungen und junge Unternehmen. Alle anderen Plattformen verweisen ganz bewusst in Abgrenzung zu den Marktführern darauf hin, dass sie auch und gerade (Banklesss24 sogar ausschließlich) für etablierte Unternehmen offen sind. Startkapital-Online und Die Beteiligungsplattform begrenzen die Investitionssumme auf 100 TEUR, bei allen anderen heißt es: „no limit“. Ähnlich sieht es bei dem Einzelinvestment aus. Die Beteiligungsplattform und United Equity begrenzen das Einzelinvestment als Schutz des Investors vor sich selbst (vor seiner Gier wenn man so möchte) auf 10.000 Euro. Die anderen begrenzen dies nicht, halten es sich aber offen mit dem „Groß“-Investor Kontakt aufzunehmen, um abzuklopfen, ob der Betrag real ist und er/sie es sich wirklich gut überlegt hat. Beim Mindestbeteiligungsbetrag bietet Fundsters mit faktisch keinem Limit die niedrigste Hürde, während Die Beteiligungsplattform mit 500 Euro eine gewisse Selektion der Investoren vornimmt. Startkapital-Online beginnt mit dem etwas krummen Betrag von 25 Euro, Bankless24 und United Equity liegen mit 100 Euro dazwischen.
Zum Abschluss sei noch auf interessante Hintergründe hingewiesen. Hinter Startkaptial-Online steht ein Verein, das „Unternehmerforum für den Mittelstand e.V.“. Hier haben sich ehemalige Unternehmer zusammen getan, die als Business Angels seit 12 Jahren junge UnternehmerInnen unterstützen, sowohl finanziell als auch mit Know-how. Hinter Die Beteiligungsplattform steht die camicon GmbH, eine Unternehmensberatung, die unzufrieden mit den start-up- und internetorientierten Plattformen war. Als Hamburger Unternehmen verweist dieses deshalb auf der Plattform auch auf die Tradition des ehrbaren Kaufmannes hin. Ein Begriff der aus der Mode gekommen scheint, im hanseatischen Raum aber nach wie vor als Unternehmerideal gilt. Fundsters und Startkaptial-Online möchten generell interessante Vorhaben unterstützen und bieten deshalb sowohl das hier besprochene equity-based Crowdfunding als auch das reward-based Crowdfunding an, bei dem statt Erträge eine Gegenleistung versprochen wird. Eine Mischung, die durchaus Sinn macht. So findet sich der Renditejäger ebenso wider wie der Fan oder der Idealist und alle stöbern sicher auch gern im „Revier“ des anderen nach interessanten Projekten.
Doch zurück zu meiner Ausgangsfrage. Wie grenzen sich die einzelnen Plattformen von den „Platzhirschen“ ab? Und wie sehen ihre Erfolgschancen aus? Es gibt klare Vorteile. Sie bieten Alternativen in der Beteiligungsform an, sie sind branchenoffener und auch bestehende Unternehmen haben eine Chance. Die Vertragsgestaltung ist oft flexibler ausgelegt. Trotz alledem will der Funke nicht so recht überspringen. Am Ende des Tages zählt für die Unternehmen nur eins: War ihr Funding erfolgreich? Die First Mover haben die Investoren auf ihre Seite gezogen ohne dass diese sich danach auch auf anderen Plattformen umsehen (mussten). Sie haben auch bereits einen Namen bei den Start-ups. Die Quote an nicht erfolgreichen Crowdfundings ist bei den kleinen Konkurrenten denn auch signifikant höher. Damit sind sie aber in einem Teufelskreis gefangen, der schwer zu durchbrechen ist. Eine geringe Investorenreichweite macht sie für Unternehmen unattraktiv, die sich zunächst an die großen Plattformen wenden. Damit sinkt der Anteil an attraktiven Investments bei den kleinen Anbietern, was wiederum dazu führt, dass die Investoren sich ebenfalls auf die Großen konzentrieren. Womit wir wieder am Anfang wären.
Trotzdem gibt es Hoffnung, dass die Vielfalt erhalten bleibt, selbst wenn nicht jede Plattform die derzeitige Durststrecke überleben sollte. Mit zunehmender Bekanntheit und „Normalität“ von Crowdfundings wird die Zahl der Fundingwilligen und Investoren weiter steigen, so wie es bei allen Plattformen auch schon zu beobachten ist. Die großen Plattformen haben nun die Wahl, ob Sie mehr ablehnen oder das Angebot größer und damit unübersichtlicher + anfälliger für nicht erfolgreiche Fundings wird. So oder so werden die “Kleinen” zunehmend attraktiver. Gut aufgestellt sind sie. Bis dahin sollten diese hauptsächlich kleine Fundingprojekte auf ihre Seite nehmen. So werden mehrheitlich erfolgreiche Fundings sichergestellt. Die Zauberformel heißt also schlichtweg es den großen Plattformen in ihren Anfangszeiten nachzumachen und statt mit großen Ambitionen zu beginnen lieber Schritt für Schritt das Geschäftsmodell auszubauen. Hauptknackpunkt wird die erfolgreiche Akquise neuer Projekte am Anfang sein. Das läuft bei einigen schon gut, einige müssen hier noch viel Zeit investieren.
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Zur Person
Dipl.-Betriebswirt und Bankkaufmann Steffen Doberstein ist Unternehmensberater für KMU und Gründer mit dem Schwerpunkt Finanzierung, auch ohne Beteiligung von Banken, wie Crowdfunding. Er arbeitete u.a. in der Bürgschaftsbank Berlin-Brandenburg respektive der Mittelständischen Beteiligungsgesellschaft Berlin-Brandenburg. Als Unternehmensberater war er bislang insgesamt sieben Jahre tätig und wurde in dieser Zeit mit den unterschiedlichsten Aufgaben betraut. Schwerpunkte waren die kaufmännische Beratung von KMU und die SAP-Beratung von Banken. Ein weiteres Kompetenzthema ist Wissensmanagement in Unternehmen. Er ist seit acht Jahren Redaktionsleiter der Webseite www.community-of-knowledge.de und hat einen Arbeitskreis zu diesem Thema in Berlin mitbegründet und über viele Jahre organisiert. Steffen Doberstein führt diverse Seminare durch und ist für die IHK Berlin als Dozent und Prüfer tätig.
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