“Kulturen müssen sich ständig bewegen” – Florian Schweitzer von b-to-v

Mit dem Limodienst Blacklane (www.blacklane.de), dem Mobile Payment-Dienst SumUp (www.sumup.com) und dem Online-Shop Urbanara (www.urbanara.de) gehören einige äußerst angesagte Start-ups zum Portfolio des Investorennetzwerkes b-to-v. Im Interview mit deutsche-startups.de spricht b-to-v-Gründer Florian Schweitzer […]
“Kulturen müssen sich ständig bewegen” – Florian Schweitzer von b-to-v
Dienstag, 3. September 2013VonAlexander

Mit dem Limodienst Blacklane (www.blacklane.de), dem Mobile Payment-Dienst SumUp (www.sumup.com) und dem Online-Shop Urbanara (www.urbanara.de) gehören einige äußerst angesagte Start-ups zum Portfolio des Investorennetzwerkes b-to-v. Im Interview mit deutsche-startups.de spricht b-to-v-Gründer Florian Schweitzer über schmerzhafte Tage, lichte Haare und Entscheidungsprozesse um einen Deal unter Dach und Fach zu bringen.

Reden wir über Start-ups. In welches Start-up, das hinterher richtig groß geworden ist, hätten sie zum Start investieren können, haben es aber nicht gemacht?
Viele. Gerade dieser Tage besonders schmerzhaft zu lesen, dass uber das größte Google-Investment ever erhalten hat und das bei einer mehrfachen Milliardenbewertung.

Wie lange schmerzen solche Fehlentscheidungen und was kann man daraus lernen?
Schmerz ist das nicht – Verluste zu erleiden ist vergleichsweise schmerzhafter. Von beiden kann und muss man lernen – warum habe ich den exzellenten Deal nicht gemacht und was hätte ich beim Abschreiber zum Zeitpunkt der Due Diligence sehen können und müssen. Das ist ja das Schöne – solange wir nicht senil werden, ist das Investment-Geschäft eines der wenigen, welches mit der Zeit besser wird – auch jenseits der 40, 50 oder 60 Jahre. Das können Chirugen oder Wissenschaftler vergessen – wer da seinen großen Wurf mit 40 nicht hat, wird es schwer haben – das gibt uns also Ruhe, auch wenn das Haar lichter wird (lacht).

Sie haben es bereits angesprochen: Auf der anderen Seite scheitern Unternehmen, in die Sie investiert haben. Was macht unter dem Strich den Reiz aus, zu versuchen, aus kleinen Start-ups große Unternehmen zu formen?
Der Reiz ist, sich die Zukunft vorzustellen und insbesondere, ob die jungen Menschen, die man vor sich hat, das Zeug dazu haben eine wirklich große Firma aufzubauen.

Und was, wenn ein Start-up zu einem großen Unternehmen geworden ist: Wie kann man sich seine Start-up-Kultur bewahren?
Ich glaube, Kulturen müssen sich ständig bewegen, entwickeln. Die Werte müssen bleiben, jedoch ist es sinnvoll ab einer gewissen Größe regelmässige Sitzungen einzuführen, dann Management-Sitzungen etc.

Gefühlt trauen sich viele Gründer nicht zu, ein großes Unternehmen zu führen, und steigen deswegen irgendwann aus. Wie kann man aus Gründern langfristig denkende Unternehmer machen?
Das ist eine schwierige Frage mit vielen verschiedenen Ebenen. Grundsätzlich ja – die Mark Zuckerbergs, die als 22-jährige ein X-Milliardenangebot ausschlagen sind äusserst selten. Das aber nicht nur bei uns, sondern weltweit gibt es von denen eben sehr wenige, die so groß denken, sich das dann auch bildlich vorstellen können und an die Umsetzung glauben. Es gibt aber aktuell sehr viele, sehr starke Jungunternehmer in Deutschland. Ich denke da etwa an Ijad Madisch von ResearchGate, die Check24-Gründer, Daniel Klein von SumUp oder Marco Boerries von NumberFour. Die sind alle sehr fokussiert und denken sehr groß. Wie wir aus Gründern solche großen Unternehmer machen bzw. ihnen dabei helfen? Ich glaube, wir Investoren müssen von den Amerikanern an der Stelle lernen.

In Sachen Internet-Szene blicken alle immer in die USA – was ist drüben wirklich besser als in Deutschland oder Europa?
Der Markt ist größer. Und die Venture Capital-Industrie ist entwickelter. Matt Cohler hat ResearchGate zum Beispiel quasi befohlen zunächst die weltweite Abdeckung zu erreichen, bevor auch nur ansatzweise an Monetarisierung gedacht werden soll. Das hätten fast alle europäischen VCs, b-to-v inklusive, sicher anders gemacht. Und im übrigen auch anders machen müssen, weil ich keinen europäischen VC kenne, der in eine Firma ohne Umsatz einen mittleren zweistelligen Millionenbetrag investiert. Ijad Madisch von ResearchGate hätte ich mit Sicherheit nicht annähernd so gut gecoached, wie es Matt Cohler getan hat. Ich bin mir sicher, dass ich kalte Füße bekommen hätte nach X-Millionen verbrannten Kapital. Da sind die VCs aus dem Silicon Valley viel weitsichtiger und wissen, dass das Kapital schon kommt, wenn die Firma attraktiv ist und auf dem Weg die Nummer 1 zu werden.

Schließt sich bei diesem Millionenspiel eigentlich aus, dass aus Gründern echte Unternehmer werden, weil sie sowiso nur einen Exit vor Augen haben?
Nein, ein Exitziel der Gründer schließt nicht aus, dass sie eine große Firma aufbauen – ich denke ganz im Gegenteil. Unternehmer erreichen meistens genau das, was sie sich vornehmen. Und es kann ja sein, dass ein Unternehmer gut ist als Pionier aber eben kein Manager und dann kann er verkaufen und das nächste starten – da ist nichts dran auszusetzen – insbesondere dann nicht, wenn das Board es schafft, tatsächlich die richtigen Kandidaten hierzu zu finden.

In Deutschland werden Start-ups, ohne Monetarisierungsmodell meist sofort in der Luft zerrissen. Wie können wir dies ändern?
Ich denke, das ändert sich bereits – alle lernen wir dazu; Unternehmer und Investoren. Und vor allem sind viele bereit dafür sehr hart und fokussiert zu arbeiten.

Mal generell etwas zur Rolle der Investoren in der Start-up-Szene: Bieten Investoren oder Business Angel wirklich mehr als Geld?
Das kann man generell nicht sagen. Ich denke aber, dass Start-ups ihre Due Diligence genauso bei Investoren machen sollten, wie dies umgekehrt auch geschieht.

Worauf sollte man bei einem Business Angel oder Investor zuerst achten?
Bei Angels: Wie erfahren ist er und wenn er unerfahren ist – was kann/will ich ihm zumuten? Wenn es mehrere sind: Hat einer formell oder informell den Lead? Das ist wichtig, sonst gibt es später Chaos. Wenn es ein VC ist: Wie genau sieht der Entscheidungsprozess aus und welche Partner muss ich überzeugen, damit der Deal gemacht wird?

Mit der David and Goliath-Konferenz, die am 30. Oktober erstmals stattfindet, wollen Sie eine weitere Konferenz etablieren: was genau können Teilnehmer im Herbst erwarten?
Wir wollen zusammen mit Microsoft einen Beitrag leisten, die Großunternehmen und Start-ups näher aneinander zu führen. Die Zusammenarbeit mit etablierten Großkonzernen, die über Jahrzehnte Kundenbeziehungen entwickelt haben sind unsagbar wertvoll für Start-ups und umgekehrt können Großunternehmen von Innovationsschüben profitieren. Ich bin gespannt, wie diese Premiere wird.

Zur Person
Florian Schweitzer ist Mitgründer von b-to-v und hat deren Netzwerk von Privatinvestoren seit dem Jahre 2000 kontinuierlich aufgebaut. Für die Interessen von Business Angels engagiert er sich im Vorstand der SECA. Sein BWL Studium absolvierte er an der Universität St. Gallen (HSG), an der er gemeinsam mit weiteren Partnern eine Unternehmer-Organisation gründete, aus welcher heraus die b-to-v Partners AG entstand.

Über David and Goliath
David and GoliathDavid and Goliath ist eine internationale Investorenkonferenz, die sich mit den Themenbereichen Innovation und Unternehmertum beschäftigt. Das Ziel der Konferenz ist es, die Entstehung von neuen Technologien und neuen Geschäftsideen in etablierten Unternehmen und in Start-ups zu diskutieren und aus Gemeinsamkeiten, Unterschieden und gedanklichen Verbindungen zwischen Innovationstreibern zu lernen.

Alexander

Alexander Hüsing, Chefredakteur von deutsche-startups.de, arbeitet seit 1996 als Journalist. Während des New Economy-Booms volontierte er beim Branchendienst kressreport. Schon in dieser Zeit beschäftigte er sich mit jungen, aufstrebenden Internet-Start-ups. 2007 startete er deutsche-startups.de.