Die 10 peinlichsten Pressestellen Deutschlands

Die 10 peinlichsten Pressestellen Deutschlands. Achtung: Nicht nur Satire! – Gastbeitrag von PR-Specialist Thomas Keup. In Ihrem un­er­müd­lich Kampf, Journalisten die Stirn zu bieten und mit ihrem aufopfernden Einsatz, möglichst keine Informationen nach draußen dringen zu lassen, bringen deutsche Pressestellen und PR-Agenturen absolute Spitzenleistungen – auf echtem Weltniveau. An dieser Stelle ist es an der Zeit, die 10 überzeugendsten Vertreter der Presse(verhinderungs)arbeit einmal auf besondere Weise zu ehren.

Jede einzelne PR-Abteilung und -Agentur der unter den Top 10 platzierten hätte aus meiner Sicht für ihr überzeugendes Silodenken uneingeschränkt den Sieg verdient. Einige konnten durch den konsequenten Einsatz des Anrufbeantworters während ihrer mindestens 1-tägigen Meetings dann doch noch einen hochdünnen Vorsprung für sich herausarbeiten. Und jetzt ist es Zeit fürs Treppchen …

Treffer, versenkt: Wie man sich “Freunde” macht

Platz 1: Die Pressestelle eines Münchener Mobilfunkers
Für ihre Beharrlichkeit, Presseanfragen konsequent im Keim zu ersticken, generell über Tage nicht erreichbar zu sein, auf Anfragen frühestens nach einer Woche überhaupt zu reagieren und sich immer wieder mit dem bösen, bösen Datenschutz herausreden zu müssen, erringt die “Tapas-Truppe” im Schlafsaal des Münchener Mobilfunk-Towers mit großem Abstand den Sieg! Gratulation zu soviel Professionalität, Journalisten nicht offen, ehrlich und fair betreuen zu müssen. Das Team um den “großen” Pressesprecher gewinnt einen Gutschein für einen Einkauf im Dänischen Bettenlager, um die Münchener Pressestelle für die Herausforderungen in einer sozial-vernetzten Welt vorzubereiten. Gute Nacht, Mädels!

Platz 2: Die Pressestelle eines Essener Kaufhauses
Ein ganz heißer Kandidat auf den Sieg ist im letzten Moment leider mit hauchdünnem Abstand doch noch vom Thron geschubst worden: Dabei hätte ich dem ausdauernd schweigenden Betriebswirt an der Spitze der Essener Pressestelle den 1. Platz so sehr gegönnt. Aber man kann nicht alles haben. Der aus dem letzten Jahrhundert stammende “Kaufmannsladen” ist ja bekanntermaßen schwer gebeutelt. Da kann ich es gut verstehen, dass man auf Blogger, Journalisten und ihre Kritik mit mittlerweile mehr als 1.000 Lesern nicht wirklich Rücksicht nehmen kann. Ich kauf’ dann mal weiter bei Amazon und Zalando ein. Ach ja: Der Letzte macht das Licht aus. Aber das kennt Ihr ja schon.

Platz 3: Die Pressestelle einer Frankfurter Hotelgruppe
Den Auftakt unter den absoluten Top 3, die nichts hören, nichts sehen und vor allem nichts sagen, macht die Pressestelle der Frankfurter “Bergsteiger”-Hoteltruppe. 5 Geschäftskunden ihrer “Bahnhofs-Tochter” mit InterCity-Anschluss mussten in Göttingen sage und schreibe 15 Zimmer wegen schwerwiegender Hygienemängel reklamieren. So schwerwiegend, dass das Gesundheitsamt zwangsweise putzen lies. Kann passieren, sollte aber nicht. Die Reaktion des Managements vor Ort: Hausverbot für die sich beschwerenden Gäste. Richtig gelesen! Die Stellungnahme der Pressestelle dazu: Schweigen im Walde! Das brachte der deutschen Hotel-Gruppe mit insgesamt 8 offenen Briefen und Blogbeiträgen mehr als 30.000 Leser ein. Meine Hochachtung für diesen stolzen 3. Platz. Hotel? Besser Trivago!

Das Mittelfeld: Die (Ex-)Mobilfunk-Marktführer

Platz 4: Die Pressestelle eines koreanischen Handy-Herstellers
Blond zu sein, bedarf es wenig. Und wer blond ist, ist ein … kluger Kopf. Bei der ehemaligen Sprecherin des führenden koreanischen Smartphone- und Tablet-Anbieters sah das leider ein bisschen anders aus. Die Gute kümmerte sich vor allem um ihr “Spezis”. Heißt, um Medienvertreter, die ihr in den A…llerwertesten krochen. Die Belohnung für soviel “Kontaktfreude”: Eine VIP-Reise in die Handy-Fabrik. Nun gut, wer’s mag. Den Vogel schoß die Blondine jedoch ab, als Sie in einer Mail nicht etwa über eine Presseanfrage, sondern offen über meine Person lästerte. Der Empfänger: ihre damalige PR-Agentur in Köln. Da sollte man in Outlook schon aufs “cc” und “bcc” achten. Schade, hätte wirklich eine Freundschaft werden können. So verstieß die Gute leider gegen die guten Sitten und ist nun ins “Partnermanagement” versetzt. Das war ein Satz mit x.

Platz 5: Die Presseagentur eines taiwanesischen Handy-Herstellers
“Sie liebt mich, sie liebt mich nicht. Sie liebt mich doch, sie liebt mich doch nicht mehr.” So oder so ähnlich haben die meisten deutschen Mobile- und Tech-Journalisten schon mal gezittert, wenn es um einen Termin beim taiwanesischen Android-Pionier ging. Allerdings lautete die Formel bei den Chinesen: “Sie laden mich ein, sie laden mich aus. Sie laden mich doch ein. Ach ne, sie haben mich doch wieder ausgeladen.” Dabei hätten die Insel-Chinesen so gern einmal ihren koreanischen Erzrivalen abgehangen. Scheibenkleister, auch bei unserem Ranking hinkt Taipeh den Kollegen aus Seoul um Haaresbreite hinterher. Nun ist den Taiwanesen ihre Agentur verloren gegangen, und die gute PR-Betreuerin schon zuvor als “vermisst” gemeldet worden. Wir werden Deine Ausladungen zum MWC in Barcelona echt vermissen, oder so …

Platz 6: Die Geschäftsführung eines finnischen Handy-Herstellers
Wo wir gerade so vertraut über Handys, Marktführer und bösen Pannen plaudern, darf einer nicht fehlen: Die “Gummistiefelfabrik” hat sich im letzten Jahrhundert nicht nur zu einem beachtlichen Handy-Anbieter entwickelt. Mit steigenden Marktanteilen rümpften auch auch die Verantwortlichen in deutscher Geschäftsführung und Pressestelle ihre Nässchen immer stärker. Allerdings fällt es doch eher unter die Kategorie “Peinlich” bis “Pleitekandidat”, wenn der Geschäftsführer bei einem Mobile-Event seines Softwarepartners aus Redmond Journalisten öffentlich auffordert, seine Geräte zu kaufen, um sie zu testen. Nur so als Tipp: Journalisten entscheiden selbst, welche Geräte sie testen, welche Geräte sie kaufen und welche Geräte sie zu Ladenhütern erklären. Und jetzt darfst Du gern nochmal fragen. Soviel fürs Erste aus der kleinen Welt der großen PR. Nur zur Information: Alle geschilderten Fälle basieren auf persönlichen Erlebnissen. Gern würde ich den Einen oder Anderen noch erwähnen, aber das wäre nicht fair. Wer sich in der Zwischenzeit beschweren möchte: bitte in 3-facher Ausfertigung gut leserlich an meinen Anwalt. Vielen Dank!

Die Verfolger: Events, die jeder gern besucht

Platz 7: Die Geschäftsführung der Frankfurter “Mobilfunk-Tage”
Das schönste Erlebnis bot mir die Münchener Agentur der Frankfurter “Mobilfunk-Tage”. Auf meine Anfrage, mich offiziell für moobilux.com zu akkreditieren, erhielt nicht etwa eine schnöde Absage. Vielmehr forderte man mich offiziell auf, doch zu garantieren, über die Kongressmesse zu berichten. Das war leider ein grober Fehler aus der Kategorie “Wettbewerbsverstöße”. Und so fing sich die Agentur ebenso wie die Frankfurter Messegesellschaft eine freundliche Abmahnung ein. Merke: Die Akkreditierung der Journalisten von einer Berichterstattung abhängig zu machen, ist wettbewerbsverzerrend und nicht erlaubt. Und weil die Agentur anschließend “bockig” wurde und die Akkreditierung verweigerte, gabs einen kleinen Nachschlag Abmahnung gleich noch mal hinterher. Liebe Agentur-Cheffin: Pressearbeit geht anders.

Platz 8: Die Pressestelle einer Hamburger Tech-Konferenz
Mit ihrer kaum zu übertreffenden Selbstherrlichkeit hat es die Pressesprecherin der Hardcore-Nerd-Konferenz beinahe unter die Top 5 geschafft. Immerhin pflegt Sie mit Ihrem “CCC-Level”-Verein seit Jahren eine systematische “Abzock-Politik” – pardon – Monitarisierung der journalistischen Berichterstatter unterhalb von Spiegel und Tagesschau. Aufwachen, Mädchen! Die Zeiten haben sich geändert. Die Tech-Berichterstattung wird von Freelancern und Bloggern geleistet – nicht von 60-jährigen, verbeamteten Hofberichterstattern des öffentlich-rechtlichen Seniorenfernsehens, die Du aus dem Berliner Regierungsviertel kennst. Und vielleicht gewöhnst Du es Dir bei der Gelegenheit auch gleich an, zwischen persönlichen Fotoshootings auch auf Presseanfragen zu reagieren.

Platz 9: Die Pressestelle eines Berliner Tech-Festivals
Bei gefühlten 150 Akkreditierungen kann man als “Teilzeit-PR-Kraft” schon mal ins Schwitzen kommen. Vor allem, wenn vor Ort eine handvoll Kamerateams ihren Job allein machen und in der gut versteckten Presselounge zwischen Spreeufer und abbruchreifer Häuserwand außer dem standhaften Bewacher weit und breit niemand zu entdecken ist. Da ist es schon verständlich, wenn man eine Akkreditierungsanfrage in den Papierkorb “verschiebt” und bei Nachfasse des Chefredakteurs aus dem “Mustopf” kommt. Wenn man dann am Einlass statt mit einem Briefing mit einer schnöden Visitenkarte für – bitte nicht unbedingt erforderliche – Rückfragen abgespeist wird, ist das Fass voll. Vielleicht ein wenig mehr Projektmanagement statt bunte EyEm-Bildchen auf Twitter.

Platz 10: Die Geschäftsführung eines Schweizer Service-Portals
Gemeinsam mehr erledigen … ist ein schöner Vorsatz. Wenn die Gründer der Schweizer “Nachbarschaftshilfe” nicht unkoordiniert Presseeinladungen zum Berliner Launchevent durch die Gegend spammen würden, könnte man den Jungs ihren Spruch glatt glauben. Leider verschickte erst der Eine, und dann der Ander, und dann der Pressesprecher und schließlich die Startup-PR-Agentur die personalisierte Einladung. Nach der 3. Einladung war der Ofen aus und die Lust auf einen Besuch des Events verflogen. Was habe ich immer wieder in meinen kleinen Gastbeiträgen auf Deutsche Startups geprädigt? Spamme keinen Journalisten zu! Kollegialer Rat: Ich empfehle, meine Gastbeiträge bei Gelegenheit wirklich mal zu lesen. Dann klappts auch mit der Verteilerpflege!

Genug gelästert für heute! Wenn Ihr die eine oder andere hochnot-peinliche Pressestelle oder PR-Agentur kennt, die sich richtig in die Nesseln gesetzt hat, immer her damit. Ich befürchte, wir werden womöglich in naher Zukunft erneut meine PR-Kollegen unter die Lupe nehmen können müssen. Und so ein Ranking ist doch immer wieder eine feine Sache, oder?

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* Journalisten und Geschenke: Jeder ist käuflich!
* Vertrauensbildung: Kommunikation statt Koffersets
* Pressemitteilungen: Pleiten, Pech & Pannen 2.0!
* Reputation: Ene, mene, muh … und raus bist Du!

Zur Person
Thomas Keup ist langjähriger PR- und Social-Media-Specialist in Berlin und Barcelona. Mit Spreefactory betreut er Start-ups und Tech-Companies in Corporate Communications. Zu den Schwerpunkten des gelernten Journalisten zählen PR-Strategien, Storytelling und Social Media Relations. Mit mehr 8 Jahren Know-how in der IT- und Telekommunikationsindustrie als Pressesprecher und Social Media Officer übersetzt Thomas Keup technische Themen für Nutzer. Thomas Keup pflegt ein bundesweites Netzwerk persönlicher Medienkontakte.

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