Den Schritt ins Ausland wagen: 3 Tipps zur Expansion

Den Schritt ins Ausland wagen: 3 Tipps zur Expansion – Gastbeitrag von Manuel Boy, Lead Developer bei PhraseApp, Dynport GmbH. Jimdo tut es, Pixoona hat ihn gewagt und Mitfahrgelegenheiten.de auch: Den Schritt ins Ausland. Für Internet-Startups ist das Erschließen neuer Märkte im Ausland eine große Herausforderung, den meisten Unternehmen fehlen dazu Erfahrung und Risikofreude.

Die Internationalisierung der eigenen Software bietet Tech-Startups enormes Geschäftspotenzial und die Chance auf Wachstum und mehr Umsatz. Aufgrund unserer eigenen Expansionserfahrungen haben wir für Sie die 3 wichtigsten Tipps zusammengestellt, die Tech-Startups dabei helfen, mit einer Low-Budget-Strategie im Ausland aktiv zu werden.

1. Augenmerk auf die Schwellenländer
Unternehmen, die ihren Service auch im Ausland anbieten wollen, müssen sich zunächst überlegen, in welche Länder sie expandieren. Erfahrungsgemäß fokussieren sich die meisten Tech-Startups überwiegend auf Märkte in westlichen Ländern.
Unser erster Tipp: Konzentrieren Sie sich nicht nur auf den europäischen und amerikanischen Markt, führen Sie stattdessen Marktanalysen in Schwellenländern durch.

Grund dafür ist das enorme Wachstumspotential, das in Schwellenländern steckt, wie die Studie über Internet Trends von Mary Meekers zeigt;

Meekers ist eine angesehene Partnerin der Silicon Valley Venture Capital-Firma Kleiner Perkins Caufield & Byers, ihr jährlicher Bericht ist Pflichtlektüre für jeden, der ein wirtschaftliches Interesse am Internet hat.

Aus ihrer diesjährigen Studie geht hervor, dass unter den 15 Ländern mit den höchsten Nutzerzahlen neben den USA und Russland aufstrebende Märkte wie beispielsweise China, Indien, Nigeria, Philippinen, Brasilien, Mexiko, Ägypten, Kolumbien, Türkei und Vietnam befinden.

Mit 205 Prozent hat der Iran derzeit den höchsten Zuwachs an Internet-Nutzern, gefolgt von Indonesien mit 58 Prozent und Argentinien mit 57 Prozent.

Die Wahrscheinlichkeit, dass sich die Anzahl der Nutzer in Schwellenländern auch künftig potentiert, ist sehr hoch. In Indien, Indonesien und Nigeria beispielsweise sind bisher weniger als 30 Prozent der Gesamtbevölkerung online. Da steckt also noch viel Potenzial.

Auch die Mobile Branche hat ein großes Wachstumspotenzial in Schwellenländern. Immer mehr Menschen greifen auf das Internet über ihre mobilen Geräte zu. Schon heute macht der mobile Traffic 15 Prozent des weltweiten Gesamt-Traffics aus – Tendenz steigend.

In China und Südkorea sind schon jetzt mehr Menschen über ihre mobilen Geräte online als über Desktop-PCs. Die Anzahl der registrierten Smartphones stieg im Jahr 2012 weltweit um 31 Prozent. Taiwan, Indien, Mexiko, Russland und Indonesien sind die Länder mit der höchsten Wachstumsrate am Mobilen Markt.

Wer also ins Ausland expandieren möchte, sollte die Schwellenländer keinesfalls außen vor lassen. Wir empfehlen, für die erste Expansion 2 bis 3 Länder zu favorisieren, dort Marktanalysen durchzuführen um herauszufinden, ob der eigene Service in diesen Ländern einzigartig ist oder ob es bereits vorhandene Konkurrenz gibt, die sich in dem jeweiligen Land bereits etabliert hat.

2. Greifen Sie auf vorhandene Personal-Ressourcen zu
Tech-Startups, die planen, ihren Service auch in anderen Ländern anzubieten, müssen sowohl technische als auch kulturelle und sprachliche Barrieren überwinden. Dafür ist es wichtig, ein Team zusammenzustellen, das diese Herausforderung meistern kann. Ein Internationalisierungsteam besteht in der Regel aus einem Lokalisierungsmanager, aus Übersetzern und Entwicklern.
Um eine Low-Budget-Strategie umsetzen zu können empfehlen wir, auf vorhandene Ressourcen zurückzugreifen. Vergeben Sie die oben genannten Rollen an ihre vorhandenen Mitarbeiter.

Für den Anfang reicht es, Ihren Content von Semi-Professionellen übersetzen zu lassen. Falls Ihren Mitarbeitern die Sprachkompetenzen fehlen, ist der Crowdtranslation-Ansatz eine mögliche Lösung oder Sie arbeiten mit freiberuflichen Übersetzern zusammen.

Unternehmen, die ein höheres Budget für die Internationalisierung des eigenen Webservices einplanen, können direkt auf Übersetzungsagenturen zurückgreifen.

In dem Internationalisierungsteam hat jede Person unterschiedliche Verantwortungen zu tragen:

Der Lokalisierungsmanager plant und koordiniert das gesamte Übersetzungsprojekt und befasst sich mit sämtlichen kulturellen Anforderungen, die bei der Internationalisierung berücksichtigt werden müssen. Er ist der Ansprechpartner für alle beteiligten Übersetzer und Entwickler und ist dafür verantwortlich, das Team zu organisieren, Aufgaben in Teilpakete einzuteilen, den Überblick über die Textbausteine zu behalten und Teammeetings einzuberufen.

In etablierten Start-ups arbeitet der Lokalisierungsmanager eng zusammen mit dem Business Development, dem Produkt Marketing und -Development und mit dem Online-Publishing.

Die Entwickler des Internationalisierungsteams bereiten den Webservice für die Internationalisierung vor. Wichtig dabei ist, den Quellcode so aufzubereiten, dass eine Internationalisierung in beliebig viele Sprachen ohne großen Aufwand möglich ist.

Wird ein System nicht von vornherein ordentlich auf die Internationalisierung vorbereitet, kann das zu einem späteren Zeitpunkt zu einem höheren Zeit- und Kostenaufwand führen. So müssen beispielsweise Feldlängen von Adressen, Felder von Postleitzahlen und auch Registrierungsprozesse dem jeweiligen Zielland angepasst werden, da diese in anderen Ländern meist nicht so wie in Deutschland sind.

Der Entwickler erstellt außerdem die Language-Files, in der dann die Übersetzung stattfindet und veröffentlicht diese nach der Übersetzung.

Die Übersetzer sind dafür verantwortlich, alle bestehenden Texte zu übersetzen und zu lokalisieren. Dabei werden alle Inhalte des Webservices sprachlich und kulturell an die lokalen Gegebenheiten angepasst. Dazu gehören unter anderem die richtigen Datums-, Währungs-, Temperatur- und Zeitangaben sowie Umrechnungsgrößen und Maßeinheiten.

Meist arbeiten mehrere Übersetzer gleichzeitig an Internationalisierungsprojekten und übernehmen häufig nicht nur die Übersetzung sondern auch das Korrekturlesen. Sollten mehrere Übersetzer an einem Projekt arbeiten, ist es wichtig, dass das Team gut gemanagt und die Aufgaben klar verteilt werden.

Professionelle Unterstützung bei der Lokalisierung des eigenen Webservices und -produktes bekommen Tech-Startups beispielsweise bei Language-Service-Providern: Diese sind spezialisiert auf die Bereiche Übersetzung, Lokalisierung und Interpretation.

Teile der Internationalisierung wie beispielsweise die Anpassung der Währung wird meist von den Entwicklern übernommen. Zum Thema gesetzliche Bestimmungen lässt man sich am besten von Anwälten mit internationaler Ausrichtung beraten.

3. Geringe Kosten, hoher Umsatz
Tech-Startups, die ins Ausland expandieren möchten, müssen direkt im Zielland kein Büro eröffnen. Das haben Tech-Unternehmen wie Pivotal Labs und Jimdo bereits bewiesen.

Ganz gleich, ob Sie einen großartigen Webservice oder einen Mobile-Service anbieten: Digitale Businessideen haben oftmals das Potential, in mehreren Ländern erfolgreich zu sein.

Ob Ihre Businessidee im Ausland einen Absatzmarkt findet, lässt sich durch einen Testballon kosteneffizient ermitteln:
Um die Reaktionen der Zielmärkte zu testen, ist es sinnvoll, den eigenen Service zunächst mit der Low-Budget-Strategie zu übersetzen. Mit nur 11 Sprachen können 80 Prozent aller potentiellen Nutzer weltweit erreicht werden. Dazu gehören: Arabisch, Chinesisch, Englisch, Französisch, Deutsch, Italienisch, Japanisch, Koreanisch, Portugiesisch, Russisch und Spanisch.

Eine Studie von Common Sense Advisory zeigt auf, dass das Übersetzungsbudget der meisten Organisationen typischerweise weniger als 1 Prozent des gesamten Umsatzes ausmacht. So können sich Tech-Unternehmen mit geringem Aufwand Schritt für Schritt an noch nicht erschlossene Märkte herantasten.

Für den Test ist es sinnvoll, reines Online Marketing zu betreiben, da dieses messbar und im Verhältnis zu anderen Marketingkanälen meistens preiswert ist.

Wichtig dabei ist, dass Sie durch den Testballon das Bedürfnis der Kunden in den Zieländern herausfinden, Ihre eigenen Stärken nicht aus dem Auge verlieren und dass Sie sich als Unternehmen im richtigen Moment für oder gegen ein Land entscheiden.

Lassen Sie klar definierte Zahlen – KPI = Key Performance Indicators genannt – entscheiden. Basierend auf den Testergebnissen kann dann entschieden werden, in welchen Ländern künftig tatsächlich auch Kundensupport angeboten wird, welche weiteren Vermarktungsmaßnahmen durchgeführt werden und ob sogar ein Büro im Ausland eröffnet werden soll.

Zur Person
Manuel Boy arbeitet seit 2011 Jahren als Softwareentwickler bei der Dynport GmbH in Hamburg und ist der Lead Developer der Übersetzungsmanagement-Software PhraseApp. deutsche-startups.de stellte die Software vor: PhraseApp ist der Turbo für Übersetzungsprojekte. In der Vergangenheit hat Dynport mehrere Startups bei der Expansion ins Ausland unterstützt, dazu zählen Wimdu und Simfy. Manuel ist seit vielen Jahren als Webentwickler in unterschiedlichen Projekten tätig und hat vor 2008 Jahren sein Online-Medien-Studium an der Hochschule Furtwangen University mit dem Bachelor of Science abgeschlossen.

Foto oben: Expansion, Shutterstock