“SumUp Pay wird schneller als Bargeld sein” – Stefan Jeschonnek von SumUp
Das Berliner Start-up SumUp (www.sumup.com), das bisher von Tengelmann Ventures und Co. eine stattliche zweistellige Millionensumme einsammelte, ist wenige Monate nach dem Start in 10 Ländern präsent – weitere sollen rasch folgen. Im Interview mit deutsche-startups.de spricht Mitgründer Stefan Jeschonnek über Imbissbudenbesitzer, Telesales und Kunden, die einfach mit ihrem Namen bezahlen.
Wie würden Sie ihrer Großmutter SumUp erklären?
Mit SumUp können Taxifahrer, Restaurantbesitzer, Ärzte, Handwerker, Ladenbesitzer und andere Gewerbetreibende EC- und Kreditkarten mit ihrem Handy akzeptieren. Alles was sie dafür benötigen ist unser Kartenleser und ein Programm für ihr Handy. Beides stellen wir kostenlos zur Verfügung. Durch die Akzeptanz von Kartenzahlungen ist es ihnen möglich mehr Umsatz zu generieren, da immer mehr Leute mit Karte zahlen wollen und kein Bargeld mehr bei sich tragen. Die Kartengeräte, die Du aus dem Supermarkt kennst, sind für kleine Gewerbetreibende viel zu teuer und mit hohen monatlichen Kosten und langen Vertragslaufzeiten verbunden. Bei SumUp gibt es keine fixen Kosten.
Zum Start von SumUp konnte man immer wieder lesen, dass Sie Imbissbuden-Besitzern, Kioskbetreibern und Flohmarkthändlern die Kartenzahlung schmackhaft machen wollen. Welchen Anteil an ihren Kunden hat denn diese Zielgruppe?
SumUp ist eine Lösung für jede Art von Kleinunternehmer. Dies zeigt sich auch in der Vielfalt der Branchen, in denen SumUp genutzt wird. Da der Kostenaspekt eine wesentliche Rolle, sehen wir gerade bei kleinen Geschäften, wie dem Imbissbudenbesitzer, eine extrem hohe Nachfrage unserer Lösung. Mehr als 50 % unserer Kunden sind Einzelunternehmer.
Was die Akquise von Neukunden dann aber sicherlich sehr kompliziert und aufwändig macht?
Unsere potentielle Zielgruppe an Händlern ist sehr groß und vielseitig. Dies eröffnet uns natürlich viele Möglichkeiten in der Ansprache. Ich denke, dass wir hier sehr gut aufgestellt sind: Wir haben eine eigenes Außendienst-Team, durch das wir Händler optimal erreichen können, ganz egal wie einzigartig oder mobil Ihr Business auch sein mag. Darüber hinaus nutzen wir Kanäle wie Online-Marketing und Telesales, die sich als sehr effektiv erwiesen haben.
eco, der Verband der deutschen Internetwirtschaft, teilte kürzlich mit, dass Handy-Bezahlen zum Scheitern verurteilt sei: Mobile Payment werde sich in Deutschland vorläufig nicht durchsetzen. Können Sie diese Aussage so stehen lassen?
Unsere Zahlen sprechen da eine ganz andere Sprache und zeigen, dass Mobile Payment ein Riesenproblem löst, auch in Deutschland: Wir haben mehrere zehntausend Händler in ganz Europa und wöchentlich kommen mehrere tausend hinzu. Darüber hinaus sehen wir ganz klar einen Trend zu perfektem Service am POS und eine Rückkehr zu persönlicher Interaktion zwischen Händler und Kunde. Bezahlen wird in dieser Interaktion immer eine wichtige Rolle spielen und durch Mobile Payment wird es möglich sein, den Bezahlvorgang komfortabel und reibungslos zu gestalten.
Mit payleven, Square und iZettle verfügt SumUp über einige namhafte Konkurrenten: Was wollen Sie besser machen als die Konkurrenz?
Wir konzentrieren uns auf unser Händler und unsere Ziel ist es, jedem einzelnen das bestmögliche Produkt und einen optimalen Service zu bieten. Wir arbeiten jeden Tag erfolgreich an der Umsetzung dieses Ziels und freuen uns, bereits mehrere zehntausend Händler für SumUp gewonnen zu haben.
Aber was unterscheidet Sie wirklich von der Konkurrenz?
Wir haben einen vollständigen proprietären Payment Gateway und können damit sowohl Transaktionen noch schneller und sicherer abwickeln, als auch effizienter in neue Länder expandieren. Darüber hinaus haben wir ein internes Hardware Team bestehend aus Spezialisten mit jahrzehntelanger Erfahrung in der Entwicklung und Zertifizierung von Zahlungsterminals. Wir waren auch das erste Unternehmen in unserer Branche, das von der Financial Services Authority in London als Payment Institution autorisiert wurde.
Und was muss man sich unter einem „proprietären Payment Gateway“ genau vorstellen – ihre Großmutter wäre bei diesem Wort sicher schon ausgestiegen?
Ein Payment-Gateway ist nichts anderes, als das System, das es einem Händler ermöglicht, Kartenzahlungen zu akzeptieren. Es ist die Technologie, die aktiv wird, sobald ein Händler die Karte des Kunden in den Kartenleser steckt. Das System wickelt die Zahlung ab, überprüft sie und holt die Freigabe vom Kartenanbieter, zum Beispiel MasterCard, und der Bank des Karteninhabers in Echtzeit ein. Wir haben unser eigenes Payment-Gateway entwickelt, um unseren Händler das bestmögliche Produkt bieten und eine volle Kontrolle über die Schnelligkeit und die Sicherheit der Zahlungen gewährleisten zu können.
Wie international ist SumUp inzwischen?
Wir sind mittlerweile in 10 Ländern präsent. Das Payment Business ist unglaublich komplex und der Markteintritt in ein neues Land ist mit vielen regulatorischen Fragen, unzähligen Verträgen und Lizenzen verbunden. Wir sind stolz darauf, dass wir innerhalb von nur sechs Monaten erfolgreich in insgesamt 10 Länder expandiert sind. Und wir werden die SumUp-Flagge in noch weitern Ländern hissen – auch außerhalb Europas.
Woran denken Sie dabei: An Länder wie Brasilien, Australien und Indien oder gar an aufstrebende Märkte wie Nigeria, Kolumbien und Taiwan?
Wir können hier natürlich noch nichts konkretes verraten. Es gibt unglaublich viele Märkte weltweit, die für uns interessant sind. Das Problem, dass es für kleine Händler oft schwierig, teuer und intransparent ist, Kartenzahlungen anzunehmen, existiert wirklich weltweit.
Wie steuern Sie ihre Mannschaft, die auf mehrere Standorte in Europa verteilt ist?
Zum einen machen das natürlich die modernen Technologien möglich – wir stehen in ständigem Kontakt per Skype. Zum anderen betreut mein Co-Founder Jan Deepen gemeinsam mit seinem Team das Thema Internationalisierung und steht täglich in sehr engem Austausch mit unseren Teams vor Ort. Schwieriger als die Standorte in Europa ist die Kommunikation außerhalb von Europa. Das ist schon manchmal schwer zu koordinieren mit den verschiedenen Zeitzonen. Zum Glück sind alle unsere Teammitglieder sehr flexibel – wir haben auch schon Telefonkonferenzen um drei Uhr morgens gemacht.
Solch ein Team kostet reichlich Geld: Nach welchen Kriterien haben Sie Ihre Investoren ausgesucht?
Wir sind sehr glücklich über die Zusammenarbeit mit jedem unserer Investoren. Uns war und ist es wichtig, mit Investoren zu arbeiten, die neben finanziellen Ressourcen auch relevante Erfahrung mit einbringen können – sowohl zum Thema Payment, als auch zu Handel und mobilen Technologien. Mit b-to-v Partners, Tengelmann Ventures, Shortcut Ventures und Klaus Hommels haben wir ein sehr starkes und erfahrenes Team an Investoren gefunden.
Was steht als nächstes auf ihrer Agenda?
Wir haben viel vor in den nächsten Monaten: Zum einen werden wir unser Portfolio an Kartenlesern erweitern und neben unserem EMV-zertifizierten Chip & Signature Gerät eine Chip & PIN Lösung auf den Markt bringen. Wir haben ein eigenes Team von sehr erfahrenen Hardware Experten, die erfolgreich daran arbeiten und wir werden das Gerät auf den Markt bringen, sobald der Zertifizierungsprozess abgeschlossen ist.
Und was muss man sich der Laie unter einem „EMV-zertifizierten Chip & Signature Gerät“ bzw. einer „Chip & PIN-Lösung“ vorstellen?
Wie die Namen verraten, bestätigt der Kunde bei einem Chip & Signature-Gerät die Zahlung mit seiner Unterschrift, bei einem Chip & PIN-Gerät mit der Eingabe seiner PIN. EMV steht für Europay, MasterCard und Visa und bezeichnet einen Standard für Chip-Zahlungskarten und die dazugehörigen Geräte wie Geldautomaten, POS-Terminals. Der Standard wurde von Europay, MasterCard und Visa entwickelt und ist der wichtigste Standard für Kartenzahlungen in Europa.
Auf der der Finovate Konferenz in London haben Sie kürzlich bereits SumUp Pay angekündigt: Was verbirgt sich dahinter?
Mit SumUp Pay werden wir Bezahlen von Grund auf neu definieren. SumUp Pay wird schneller als Bargeld, noch praktischer als Kartenzahlungen und gleichzeitig komplett sicher sein. Der Kunde wird einfach mit seiner Präsenz im Laden bezahlen können – unterstützt von seinem Smartphone in der Tasche. Um SumUp Pay zu nutzen, verlinkt der Konsument seine Karteninformation mit der App. Danach kann er bei jedem teilnehmenden SumUp-Händler ganz einfach zahlen, indem er an der Kasse seinen Namen nennt. Nach erfolgreicher Zahlung erhält der Konsument direkt eine Bestätigung auf seinem Smartphone. Er verlässt den Laden mit seinen Einkäufen in der Hand, ohne sein Portemonnaie oder Smartphone jemals aus der Tasche geholt haben zu müssen.
Mit SumUp Pay entwickelt sich SumUp also in Richtung Kassensystem mit integrierter Bezahlfunktion, oder?
SumUp ist schon heute ein Kassensystem das von vielen unserer Händler als einziges Kassensystem für Barzahlungen und Kartenzahlungen gleichermaßen genutzt wird. Besonders bei kleinen Cafés und Boutiquen ist SumUp sehr beliebt als Kassensystem, da es komplett kostenlos und sehr einfach zu bedienen ist. Wir arbeiten aktuell daran, unseren Händlern in naher Zukunft weitere Funktionalitäten anzubieten, die es als Kassensystem für größere Händler noch attraktiver machen. SumUp Pay wird ein Teil davon sein. Wir sind überzeugt davon, dass diese komplett reibungsfreie Zahlungsmethode die Zukunft des Bezahlens ist. In fünf Jahren wird man in jedem Supermarkt, Café oder beim Einkauf auf dem Wochenmarkt ohne eine Kasseninteraktion im traditionellen Sinne bezahlen können. Wir sind stolz darauf, diese Zukunft zu gestalten und werden SumUp Pay noch dieses Jahr auf den Markt bringen.
Hausbesuch bei SumUp
ds-Haus- und Hoffotograf Andreas Lukoschek durfte sich Ende des vergangenen Jahres bei der Jungfirma SumUp einmal ganz genau umsehen. Er fand einen schönen Fensterschmuck, einen stattlichen Tresor und ein Gin-Depot. Einige Eindrücke der kunterbunten SumUp-Welt gibt es in unserer kleinen, aber Fotogalerie.
Zur Person
Stefan Jeschonnek ist Mitgründer von SumUp und verantwortlich für Produkt und Marketing. Nach seinem Studium an der Universität St. Gallen war Jeschonnek in der Globalen Strategie beim Sportartikelhersteller Puma sowie als Strategieberater bei der Boston Consulting Group tätig. Er absolvierte seinen Master of Business Administration an der Stanford University Graduate School of Business in Kalifornien, den er als Arjay Miller Scholar abschloss. Während seiner Zeit im Silicon Valley gründete Stefan Jeschonnek unter anderem ein Social Venture und gab Seminare an der Stanford Design School.