“Was heute eine Nische ist, kann morgen schon ein Weltmarkt sein” – Thomas P. Offner vom ProSiebenSat.1 Accelerator
Noch bis diesen Freitag können sich Gründerinnen und Gründer für den brandneuen ProSiebenSat.1 Accelerator bewerben – siehe auch “ProSiebenSat.1 startet Accelerator-Programm“. Im Interview mit deutsche-startups.de spricht Thomas P. Offner, Investment Manager bei SevenVentures, über Ideenklau, dynamische Märkte und den nächsten Marc Zuckerberg.
Für den ProSiebenSat.1 Accelerator suchen Sie Start-ups in einer frühen Phase. Meist haben Gründer in dieser Phase große Angst, dass ihre Idee geklaut wird: Wie wollen Sie Gründern diese Angst nehmen?
Die Angst, dass ‘die nur meine Idee abgreifen wollen‘, ist verbreitet, aber meiner Erfahrung nach ein sehr europäisches Phänomen.
Ist dies in den USA anders?
In den USA beobachtet man ja immer, dass die Unternehmer bereits in einer sehr frühen Entwicklungsphase ihre Idee weit streuen und pitchen, also das komplette Gegenteil. Ich finde diesen Ansatz sehr gut, und wir sollten in Europa auch mehr und mehr von der NDA-Denke wegkommen. Jeder Pitch ist nicht zuletzt auch ein Coaching for free. Jeder, der von der Idee erfährt, ist ja ein möglicher Berater, der mir hilft mein Produkt weiterzuentwickeln. Am Ende des Tages ist es auch selten die Idee sondern meist die Execution, welche den Unterschied zwischen Top oder Flop ausmacht.
Noch einmal zurück zur Eingangsfrage: Wie wollen Sie Gründern die Angst vor dem Ideenklau nehmen?
Grundsätzlich kann ich sagen, dass alle Businesspläne, ob sie ins Programm aufgenommen werden oder auch nicht, absolut vertraulich behandelt werden. Der Zweck des Accelerator-Programms ist ja klar definiert: nämlich bei einer sauberen Entwicklung und der Umsetzung mit hoher Geschwindigkeit in einem schnellen und dynamischen Markt zu unterstützen.“
Was sind die häufigste Anmerkungen, die häufigste Frage der Bewerber zum ProSiebenSat.1 Accelerator?
Wirklich jeder Interessent stellt uns die Frage: Was muss ich beachten, damit meine Bewerbung bei Euch nicht durchfällt. Wir stellen uns dagegen bei jeder Bewerbung die Frage: Können wir dem Kandidaten auch wirklich das bieten, was er für seine ganz spezielle Idee auch wirklich benötigt. Deshalb sehe ich diese Haltung als doppeltes Korrektiv, das funktioniert. Förderer und Geförderte sollten sich ja vor Start dieser Partnerschaft auf Zeit einig sein.
Welchen Tipp geben Sie Gründern, die sich auf der Zielgeraden noch bewerben wollen?
Mein Tipp für die Bewerbung: Reduce to the max – so klar und kurz wie möglich das eigene Vorhaben darstellen. Was ich nicht in wenigen Worten erklären kann, ist mit hoher Wahrscheinlichkeit auch noch kein zu Ende gedachtes Konzept. Ich beobachte, dass manche Aspiranten ihre Idee in den ganz großen Kontext des Weltgeschehens einreihen wollen. Wenn das auf das Vorhaben zutrifft – wunderbar. Aber wenn nicht: genauso gut, wenn nicht besser! Wir würden uns zwar freuen, dem nächsten Marc Zuckerberg zum Durchbruch zu verhelfen. Ich freue mich aber ebenso über jeden Bewerber, der mit einer komplett spezialisierten Idee auf einen ganz spezifischen Markt abzielt – B2B very welcome. Was heute eine Nische ist, kann morgen schon ein Weltmarkt sein. Eine gesunde Selbsteinschätzung bei der Bewertung ist also klar von Vorteil.
Wie fertig, wie komplett muss das jeweilige Konzept, die jeweilige Idee sein?
Ein Förderprogramm wie unser Accelerator richtet sich immer auch an Unternehmer, die bis dato noch ungelöste Herausforderungen vor sich haben. Ob Legal, Finance, endgültige Monetarisierung und so weiter. Eine Lücke ist quasi eine Grundvoraussetzung, von der sich keiner abschrecken lassen sollte.
Beim ProSiebenSat.1 Accelerator wird schon durch den Namen deutlich, dass im Hintergrund die bekannte TV-Sendergruppe wirkt. Was kann der Accelerator eines TV-Senders einen Start-up bieten, was ein Risikokapitalgeber, ein Medienhaus, ein Inkubator nicht bieten kann?
ProSiebenSat.1 ist heute weit mehr als ein TV-Sender; E-Commerce, Musik, Games und sehr viel mehr gehören zu unserem Portfolio. Unser Selbstverständnis als ‚Powerhouse for digital Entertainment‘ verdeutlicht, dass wir einen sehr breiten und ganzheitlichen Ansatz verfolgen, den nicht jeder auf dem Schirm hat. Deshalb kann ich nur raten, sich mutig der Bewerbung zu stellen. Im Zweifel sind es genau die Unternehmen, die eventuell nicht auf den ersten Blick perfekt ins Bild eines TV-Unternehmens passen, dafür aber erfolgreich neue Wege beschreiten und innovative Businessmodelle hervorbringen. Und genau auf diese Kandidaten freue ich mich persönlich am meisten!
Zur Person
Thomas P. Offner ist bei SevenVentures, der Venture-Tochter der ProSiebenSat.1 Media AG, tätig und dort für das strategische Geschäft zuständig. Der Betriebswirt war bei zahlreichen Unternehmen in Europa in leitender Position beschäftigt und hat erfolgreich mehrere Internet Start-ups aufgebaut – die Media Service Group Ende der 90er und zuletzt als Co-Founder Groupon in Österreich und der Schweiz. Offner studierte Betriebswirtschaftslehre in Wien und lehrte infolge an wissenschaftlichen Einrichtungen, so der Universität St. Gallen und dem Joanneum in Graz.
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