Über Pickagenius gibt’s bald guten Rat ‘on demand’
Pickagenius (www.pickagenius.com) soll eine Plattform werden, auf der jeder schnell, unkompliziert und über viele Kommunikations-Kanäle Rat finden oder geben kann. In Kategorien von Malerei über Religion oder Dating bis hin zu Business-Beratung oder Lebens-Coaching können Ratsuchende sich passende Experten suchen. Noch ist man in der Beta-Phase zum Jagen und Sammeln von Experten, damit Ratsuchende beim tatsächlichen Launch dann auch schon eine möglichst große Auswahl an Experten vorfinden. Irgendwann Anfang 2013 wollen die Gründer Chiara und Dan Sommer ihr Portal in Betrieb nehmen. pickagenius ist übrigens ein echter Familienbetrieb: Die beiden Gründer sind Tochter und Vater.
Funktionieren wird das Ganze dann so: Experten registrieren sich kostenlos und legen ihr Profil an. Sie wählen – so sie eine Qualifikationsbescheinigung uploaden – ihre ‘Gebühren selbst oder werden von pickagenius eingestuft. Dabei beginnt jeder Experte ohne anerkannte Qualifikationsbescheinigung mit 20 Euro-Cent pro Minute und bekommt sein Minuten-Honorar abhängig vom Ranking der Ratsuchenden erhöht.
pickagenius zieht sich von jeder Beratung eine Vermittlungsprovision und belohnt auf der anderen Seite Empfehlungen von Ratsuchenden oder Experten mit Geldbeträgen.
Alternativ können Experten ihre Ratschläge den Ratsuchenden auch gratis anbieten, bekommen dann von pickagenius Provision für eingeblendete Werbung.
Ratsuchender und Experte kommunizieren live über Audio, Video oder Chat miteinander, nach der Beratung bewertet der User die Beratung. Experten bekommen einen Anruf-Button zur Einbindung auf der eigenen Website zur Verfügung gestellt.
Außerdem soll es eine öffentlich zugängliche Wissensdatenbank geben.
Wer genauer wissen will, wie pickagenius funktionieren wird, kann sich die ignite presentation von Chiara Sommer beim Webmontag Frankfurt.
Spannendes Konzept, aber kann es auch für professionelle Berater funktionieren?
Vorteile: Für professionelle Berater kann pickagenius leicht gefischtes Zusatzgeschäft bedeuten: Einmal gratis als Experte registrieren, ein bisschen Gehirnschmalz beim Ausfüllen des Profils investieren, alle paar Monate mal gucken, ob das Profil nachjustiert werden sollte, den Link zum Beraterprofil im Social Web und auf der eigenen Website promoten – abwarten.
Passiert was, also melden sich Ratsuchende: prima! Passiert nichts – auch nicht so schlimm.
Nachteile:
1. Die Provision für pickagenius schlägt bei der Honorarkalkulation massiv zu Buche
Das zweite große ‘Aber’ für Profis: In Sachen Provision langt pickagenius ganz schön zu: 25 Prozent jeder Beratungsgebühr gehen an pickagenius, ab 100 Euro Umsatz reduziert sich die Provision für das Portal auf ‘nur noch’ 20 Prozent.
Das ist deutlich mehr, als Profis normalerweise für Vermittlungsprovisionen bezahlen. Im Agenturgeschäft zum Beispiel liegen die branchenüblichen Provisionen zwischen 5 und maximal 15 Prozent.
Professionelle Berater haben für ihre Kalkulation also zwei Möglichkeiten:
- Berater schlagen die Provision auf ihre Gebührenforderungen bei pickagenius auf
Diesen Aufschlag können sie ihren Kunden gegenüber begründen: Kunde und Berater können die Beratung via pickagenius sozusagen als kurzes gemeinsames Schnupper-Projekt betrachten, sozusagen als Testlauf für ein eventuell längeres gemeinsames Projekt.
Zwar ist der absolute Stundensatz über pickagenius für den Kunden so deutlich höher als bei einem Direktkontakt, dafür muss der Kunde aber keinen Mindestauftragswert akzeptieren – der ist bei professionellen Beratern oft vierstellig, weil sich die aufwendige Einarbeitung in ein Beratungsprojekt sonst nicht lohnt.
- Berater fordern via pickagenius ihren üblichen Honorarsatz
Damit zahlen sie die Provision – immerhin fast ein Drittel des Auftragsvolumens – zwar aus eigener Tasche, aber sie können das vor sich selbst damit begründen, dass die Plattform ein enorm kostengünstiges Akquise-Instrument ist. Akquise kostet ja normaler Weise viel Zeit, Energie und Geld. Investitionen, die man bei diesem passiven Akquise-Instrument spart.
Und auch für Berater gilt der Vorteil, dass man eine Zusammenarbeit mit eventuellen Neukunden so kurz und gegebenenfalls ohne langwierige Folgen ausprobieren und nach einem kurzen Schnupperprojekt besser beurteilen kann, ob man mit diesem Kunden längerfristig zusammenarbeiten will.
2. Schadet das Umfeld der Reputation?
Durch die wilde Themen-Mischung auf der Plattform finde ich mich als Beratungs-Profi plötzlich in einem Umfeld, in dem sich auch sehr viele Amateure und Hobby-Experten tummeln.
Nicht jeder professionelle Unternehmensberater oder Rechtsanwalt möchte es seiner Reputation zumuten, sozusagen in einem Atemzug mit Hobby-Tippgebern zum Thema Handarbeit oder Haustierhaltung aufzutauchen.
Besser wäre sicher eine Lösung von zwei Portalen: Eines für den Hobby- und eines für den professionellen Beratungsbereich. Damit hätte man dann gleich noch ein Usability-Problemchen gelöst: Die Kategorien- und Unterkategorienliste ist endlos lang und die Gefahr, als Nutzer sich darin zu verlaufen, ziemlich groß.
Fazit: Spannend ist das Konzept auf jeden Fall.
Bleibt – wie bei allen Start-ups, die mit Angeboten und Nachfragen ihr Portal füllen und beleben – abzuwarten, ob und wie schnell eine kritische Masse erreicht werden kann.
Außerdem muss man sehen, ob die Internet-Nutzer, die es gewohnt sind, überall gratis Antworten zu finden, bereit sind, für qualifizierteren, individuellen Rat zu bezahlen.
Und last not least wird die Zeit zeigen, ob sich das enorm breite Themenspektrum nicht kontraproduktiv auf den Erfolg von pickagenius auswirkt.