“Das Medium Internet wird in den kommenden Jahren auf lokaler Ebene zu gewinnen sein” – Daniel Pichel von Stadtzettel

Aufmerksame Leser werden es vielleicht bemerkt haben. Stimmt! Stadtzettel (www.stadtzettel.de) gab es vor einigen Jahren schon einmal, kam aber nie richtig in Schwung, weshalb Macher Daniel Pichel mit seiner Idee auf Tauchgang ging und sich erst einmal anderen Projekten widmete. Doch jetzt ist Stadtzettel zurück und im Gründer-Kurzinterview mit deutsche-startups.de verriet Pichel, was von der ursprünglichen Idee geblieben ist und was er heute anders macht.

Welche Idee steckt hinter Ihrem Start-up?
Verbraucher können sich mit Stadtzettel über aktuelle Angebote aus dem Stadtteil oder der nahen Umgebung informieren. Vom namenhaften Discounter bis hin zum Tante Emma-Laden ist alles vertreten. Diese präsentieren auf Stadtzettel stets ihre aktuellen Warenangebote. Nutzer können sich dadurch zum Kauf inspirieren lassen oder von unterwegs aus Gebrauch vom digitalen Einkaufszettel machen, mit dem das Schnäppchen ganz sicher nicht mehr im Regal vergessen wird. Stadtzettel verändert damit nicht nur die Art und Weise, wie Werbeangebote wahrgenommen werden, sondern gibt allen Betreibern von Ladengeschäften die Möglichkeit, Vorteile von Internet, sozialen Netzwerken und mobilen Plattformen für die regionale Werbung ohne Know-How, vor allem aber auch kostengünstig und sofort einzusetzen.

Wie sehr bzw. in welchen Punkten hat sich ihr Konzept von der ersten Idee bis zur Gründung verändert?
Nachdem Menschen in aller Welt die Vorzüge des Internet zur globalen Vernetzung ausgeschöpft hatten, war absehbar, dass das Medium in den kommenden Jahren auf lokaler Ebene zugewinnen wird. Aus diesem Grund hatten wir an einer Möglichkeit gearbeitet, um Leuten den einfachen Austausch von lokalen Informationen zu ermöglichen. Das resultierte 2009 schließlich in der Plattform stadtzettel.de.
In den vergangenen drei Jahren haben wir erstaunliche Erfahrungen gemacht und unzählige, erkenntnisreiche Gespräche geführt. Mit Bürgern, mit Betreibern von Tante Emma-Läden und mit Großfilialisten. Es hat sich gezeigt, dass es gar keiner separaten Plattform bedarf, um Menschen auf lokaler Ebene zu vernetzen. Selbst etablierte Regionalverlage, mit denen wir sprachen, hatten Probleme mit ähnlichen Vorhaben. Selbst Plattformen im Hinblick auf Bürgerjournalismus haben sich bedauerlicherweise nie wirklich durchgesetzt. Menschen vernetzen sich eben auch lokal via Facebook, Twitter oder Google Plus. Irgendwie ist der Nachbar ja schon dort.
Entlang des Weges ist und aufgefallen, dass die Werbung in der Lokalpresse oft mindestens so aufmerksam konsumiert wird, wie der journalistische Teil. Sobald sich Verbraucher mit dem Gedanken auseinandersetzen, in der Nähe etwas einzukaufen – und das geschieht durchschnittlich 2,5 Mal pro Woche – mögen sie nicht suchen oder preisvergleichen – weshalb sich derartige Plattformen vermutlich lokal nicht etabliert haben – sondern sie wollen entdecken und sich inspirieren lassen. Auf diesen Erfahrungswerten basierend haben wir Stadtzettel in diesem Jahr von Grund auf neu gebaut und damit ein einzigartiges Nutzungserlebnis geschaffen. Nutzer sind begeistert von der Art und Weise, wie sie lokale Warenangebote mit Stadtzettel entdecken können. Unternehmen sind durch dieses Prinzip in die Lage versetzt, ohne hohen Kosteneinsatz lokale Werbung umzusetzen, die in einem attraktiven Umfeld wahrgenommen wird.

Wer sind Ihre Mitbewerber und wie grenzen Sie sich von ihnen ab?
Zu unseren (indirekten) Mitbewerber zählen regionale Tages- und Wochenzeitungen genauso wie kaufDA oder MeinProspekt. Alle begehren in eine ähnliche Zielgruppe, erfüllen aber auch unterschiedliche Bedürfnisse. Die digitalen Distributoren von Print-Prospekten machen einen hervorragenden Job. Allerdings kann sich nicht jeder Betreiber eines Ladengeschäftes Prospektwerbung leisten; das Kosten-Nutzen-Verhältnis lokaler Werbeanzeigen in Zeitungen fällt oft zu Ungunsten der Werbenden aus. An diesen Punkten entscheidet sich der Kunde für Stadtzettel.

Was ist der entscheidendste Faktor, damit Ihr Start-up den Durchbruch schafft?
Bei Stadtzettel geht es um Reichweite. Aus diesem Grund wird ein Großteil unseres Investitionsetats ab Anfang des neuen Jahres in Marketing investiert. Wir befinden uns damit in einer relativ komfortablen Situation: für jeden zahlenden Kunden buchen wir zusätzlich Werbung auf anderen Plattformen und in sozialen Netzwerken ein, über die Kaufinteressierte den Weg zu unseren Kunden und damit auch zu Stadtzettel finden. Zuletzt bleibt der größte Taktgeber für den Durchbruch der Vertrieb. Aber auch in dieser Hinsicht haben wir unsere Hausaufgaben gemacht.

Wie wollen Sie Geld verdienen und wann schreiben sie schwarze Zahlen?
Wir geben jedem Händler die Möglichkeit, sich kostenfrei von den Vorzügen von Stadtzettel zu überzeugen. Mit Stadtzettel bieten wir lokalen Werbetreibenden ein attraktives Präsentationsumfeld zur Vermarktung ihrer aktuellen Angebotskampagnen; und mit wenigen Klicks lassen sich diese gleichzeitig an soziale Netzwerke und mobile Plattformen verteilen – natürlich treffsicher zugeschnitten auf Regionen und Zielgruppen. Der Kunde muss sich mit Stadtzettel darüber keine Gedanken machen – das übernehmen wir. Zu diesem Zweck haben wir zwei Tarife aufgesetzt, die wir im monatlichen Abonnement anbieten. Auf diese Weise werden wir bereits im dritten Geschäftsjahr schwarze Zahlen schreiben.

Welche Märkte wollen Sie mittel- und langfristig erobern?
Mit Stadtzettel haben wir eine Marke erschaffen, die wir zunächst im deutschsprachigen Raum einführen. Weil Stadtzettel nicht nur einfach klingt, sondern auch einfach ist, planen wir, das Stadtzettel-Prinzip international in mehreren Etappen ab Mitte des dritten Geschäftsjahres auszubauen. Zu diesem Zweck haben wir bereits einen Namen gesichert und eine Identität entwickelt, welche wir dann einheitlich für alle nicht deutschsprachigen Markenauftritte verwenden.

Welche Meilensteine wollen Sie in den kommenden zwölf Monaten auf jeden Fall erreichen?
Im Augenblick liegt unser Fokus ganz klar auf dem Produkt. Wir reden unwahrscheinlich intensiv mit lokalen Händlern über Bedürfnisse im Hinblick auf Kundengewinnung und Kundenbindung. Es ist wichtig, diesen Erfahrungsschatz jetzt mit dem Vertrieb zu teilen. In einem Jahr wollen wir die prognostizierten Verkaufswerte aus dem Businessplan übertreffen, da nicht nur wir, sondern auch unsere Kunden an das Produkt glauben. Das ist schon bewiesen. Im nächsten Monat launchen wir die mobilen Anwendungen zu Stadtzettel auf unterschiedlichen Systemen und bauen gleich ab Anfang des neuen Jahres massiv Reichweite auf.
Definitiv aber wollen wir nach zwölf Monaten an einem Punkt angelangt sein, an dem sich der lokale Händler die Frage stellt: “Lohnt sich die Investition in eine gestaltete Werbeanzeige oder der Vertrieb einer Beilage mit der Tagespresse überhaupt noch?”

Eigenkapital, Risikokapital, Förderung: Für welche Finanzierungsart haben Sie sich entschieden und warum?

Wir haben ganz klassisch mit Eigenkapital gestartet. Auf diese Weise haben wir Entwicklung, Technologie, Personal und Markttests finanziert, um Case Studies durchzuführen und unser Modell einer harten Bewährungsprobe zu unterziehen. Im Augenblick reden wir mit Risikokapitalgebern über die Markteinführung und den effektiven Ausbau des Geschäfts. Aus den Gesprächen heraus partizipieren wir schon heute von Know-How und Branchenkontakten unserer potentiellen Geldgeber, da unser Business dort einfach gut ankommt.

Zur Person
Daniel Pichel ist gelernter Webentwickler und gründete 2006 Newsmax, welchem er als Geschäftsführer weiterhin vorsteht. Seit 2009 ist er Head of Development von ddp direct, Pichel konzentriert sich aber jetzt verstärkt um die Stadtköpfe GmbH, die er dieses Jahr erneut an den Start brachte.