Warum Gründungen so früh wie möglich als UG oder GmbH erfolgen sollten
Warum Gründungen so früh wie möglich als UG oder GmbH erfolgen sollten – Gastbeitrag von Christian Musfeldt (links oben), Rechtsanwalt bei Osborne Clarke, und Harald Wieser, selbständiger Steuerberater und Wirtschaftsprüfer.
Genauso wie die Aufnahme von Kapital für die Wachstumsphase des Start-ups noch lange nicht das Endspiel bedeutet, ist die Wahl der Rechtsform nur eine Zwischenstation. Das heißt nicht, dass die Wahl bedeutungslos ist. Vielmehr ergibt sich aus der Natur der Sache eine gewisse Abfolge, die erfolgreiche Start-ups durchlaufen. Daran sollte sich jeder Gründer orientieren, insbesondere wenn die Aufnahme von Venture Capital angestrebt ist.
Der Einzelunternehmer
Am Anfang steht die Idee. Die kann zunächst in einem Kopf bzw. einem Gründer stecken. Dieser kann die Idee dann allein weiterverfolgen und auf den Markt bringen. Der Gründer tut dies als Einzelunternehmer.
Die Gesellschaft bürgerlichen Rechts
Wenn sich im Laufe der Unternehmung herausstellt, dass der Gründer auf Augenhöhe weitere Köpfe benötigt, wird er diese als Mitgründer gewinnen. Mehrere Gründer betreiben kein Einzelunternehmen mehr. Dies liegt begrifflich auf der Hand. Ohne dass sie etwas Konkretes vereinbaren, sind sie kraft Gesetz zur Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR) geworden. Häufig ist es aber auch so, dass sich von vorn herein mehrere Gründer zusammentun, so dass auch gleich eine GbR entsteht.
An dieser Stelle sollten die Gründer erste, entscheidende Überlegungen anstellen. Dadurch dass sich die Gründer, ohne sich dessen bewusst zu sein, der Rechtsform GbR unterworfen haben, steht neben jedem Einzelnen – ganz untechnisch gesprochen – das große Ganze, nämlich die GbR. Die Gründer sollten nun unterscheiden, was ihnen selbst und was dem großen Ganze zuzuordnen ist. Bei Internet Start-ups ist der gesamte Bereich der Intellectual Property von besonderer Bedeutung. Wem gehört die Software? Wem stehen Domains zu? Aber auch profane Fragen wie, “Wer hat eigentlich den Bürostuhl gekauft und wem ist dieser zuzuordnen?”, gilt es zu beantworten.
Zivilrechtlich ist dies denkbar einfach. Die einzelnen Gründer können Ihre Rechte an die GbR abtreten. Sie können sich im Übrigen untereinander im Rahmen einer Gesellschaftervereinbarung verpflichten, dass zukünftig alles, was das Start-up betrifft, automatisch dem großen Ganzen zuzuordnen ist.
Steuerlich sieht das anders aus. Bei der Einbringung des bisherigen Einzelunternehmens in eine GbR oder bei der Aufnahme eines oder weiteren Gesellschaftern in eine GbR handelt es sich steuerlich um Veräußerungsvorgänge. Aus steuerlicher Sicht verkauft der oder die Gründer sein Unternehmen an die GbR und erhält im Gegenzug kein Geld, sondern Gesellschaftsrechte. Zwei Möglichkeiten bestehen, den Veräußerungsvorgang unbesteuert zu lassen: Zum einen entsteht keine Steuer, wenn es keinen Veräußerungsgewinn gibt. Zum anderen kann man einen Veräußerungsgewinn unbesteuert belassen, wenn man sich genau an die Begünstigung des Umwandlungsteuergesetzes hält. Ein Veräußerungsgewinn kann nur dann entstehen, wenn es stille Reserven gibt. Stille Reserven sind insbesondere in nicht bilanzierten Assets, wie z.B. Rechten oder einem Geschäftswert – also immateriellen Assets – enthalten. Technisch gesprochen sind stille Reserven der Unterschiedsbetrag zwischen dem Verkehrswert und dem bilanzierten Wert eines Wirtschaftsguts.
Die Kapitalgesellschaft: UG (haftungsbeschränkt) oder GmbH
Irgendwann müssen sich die Gründer entscheiden, ob sie in den Genuss der Haftungsbeschränkung einer Kapitalgesellschaft kommen wollen. Dafür bietet sich die UG (haftungsbeschränkt) oder die GmbH an. Das Bedürfnis für diesen Schritt wird wachsen, wenn der Markteintritt unmittelbar bevorsteht, da haftungsträchtige Szenarien durch den Kreis der Personen, mit denen die Gründer in Rechtsbeziehungen eintreten, immer größer wird.
Die Gründung einer UG (haftungsbeschränkt) oder GmbH erfordert die notarielle Beurkundung. In Mehrpersonenkonstellationen sollte von den Musterdokumenten Abstand genommen werden. Vielmehr sollten die Gründer die oben bereits bei der GbR erwähnte Gesellschaftervereinbarung erweitern und neu fassen – dieses Mal allerdings in notarieller Form. So gehört zum Mindestinhalt eine Vestingvereinbarung, die die Gründer auf Dauer aneinander bindet und regelt, was mit den Anteilen eines ausscheidenden Gründers geschieht. Wenn man dann schon einmal dabei ist, können weitere Regelungen aufgenommen werden, die darauf abzielen, dass zukünftig ein Investor leichter den Beitritt erklären kann.
Nun zurück zum eigentlichen Problem: Zunächst war der Gründer allein. Weitere kamen hinzu. Sie schlossen sich zu einer GbR zusammen und haben alle Rechte auf das große Ganze übertragen. Wie bekommt man das große Ganze nun in die Kapitalgesellschaft?
Ein häufig eingeschlagener Weg ist der Verkauf aller Assets an eine neue, bargegründete Kapitalgesellschaft. Im Grunde wird nun das wiederholt, was ursprünglich zwischen den Gründern und der GbR vereinbart wurde. Zivilrechtlich kann das ein Problem werden. Weil dieser Vorgang als verschleierte Sachgründung gilt, könnte es bei einer eventuellen, späteren Insolvenz der GmbH zu Problemen kommen. Im schlimmsten Fall müssten die Gründer das Stammkapital noch einmal in voller Höhe einzahlen. So etwas wäre natürlich fatal, weil gerade bei einer Insolvenz die finanziellen Mittel bei den Gründern meist ziemlich gering sind. Darüber hinaus kann es gravierende steuerliche Probleme geben, wenn es nennenswerte stille Reserven gibt.
Der zivilrechtlich und steuerrechtlich saubere Weg läuft über eine Umwandlung im Wege eines Formwechsel der GbR (bzw. der OHG) in eine Kapitalgesellschaft. Das entsprechende Verfahren ist etwas formalistisch geprägt und erfordert leider etwas, was Start-ups selten zu bieten haben: Zeit. Es ist zwar nicht so, dass während der Umwandlung alle Räder im Unternehmen stillstehen, aber es bindet doch etwas Manpower bei der Geschäftsleitung. Im Übrigen sind die Kosten einer Umwandlung höher als beim Verkauf der Assets. Steuerlich gilt im Wesentlichen das Gleiche wie bereits oben dargestellt. Die Einbringung der GbR im Wege der Umwandlung in die neue Kapitalgesellschaft gilt als ein Veräußerungsvorgang, der aber fast immer begünstigt ist.
Welchen Weg man gehen sollte, hängt vom Einzelfall ab. Wir empfehlen Folgendes: Startet am besten gleich mit einer UG oder GmbH, statt als GbR anzufangen. Wenn Ihr mit einer GbR begonnen habt, solltet Ihr frühzeitig in die GmbH gehen und die Sache nicht auf die lange Bank schieben. Welchen Weg Ihr dann geht, hängt aus unserer Sicht entscheidend davon ab, ob zum Zeitpunkt der Transaktion nennenswerte stille Reserven vorhanden sind. Falls dem so ist, sollte auf jeden Fall eine Umwandlung durchgeführt werden.
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Zu den Autoren
Christian Musfeldt ist Rechtsanwalt bei Osborne Clarke und dort als “Berlin Resident” für das Internet und Venture Capital Geschäft vor Ort verantwortlich. Harald Wieser ist selbständiger Steuerberater und Wirtschaftsprüfer. Er ist Spezialist für Unternehmenstransaktionen.