15 Fragen an Alexander Piutti von GameGenetics
Was bedeutet es Ihnen, Ihr eigener Chef zu sein?
Eine Menge, um gute Ideen mit Speed und kreativen Leuten umzusetzen und den Markt ein wenig zu verbessern. Darüber hinaus – wie vermutlich viele Gründerkollegen – bin ich mir nicht sicher, ob ich ein vorbildlicher Angestellter wäre…
Bei welcher Gelegenheit kam Ihnen die Idee zu Ihrem Start-up?
Beim Zusammenführen unterschiedlicher Perspektiven zum Online-Games-Markt: internationale Content-Explosion und damit fehlende Transparenz zu guten Games, nachhaltige Monetarisierungsmöglichkeiten durch das spannende free-to-play Business Model sowie unsere Erfahrung mit B2B-Marktplätzen. Heute haben wir über 50 der führenden Publisher im Bereich free-to-play in unserem Portfolio vereint, distribuieren über Hunderte von Reichweitenpartnern und erzeugen einige Milliarden an Game Views pro Monat. Die ursprüngliche Idee war B2C-lastiger, wir konnten aber mit unseren Partnern das Konzept deutlich weiter entwickelt.
Woher stammte das Kapital für Ihr Unternehmen?
Zunächst aus eigenen Mitteln, ab 2009 dann über den HTGF und einige Angels. 2010 folgte ein erster siebenstelliger Betrag aus IBB-Fördermitteln und bestehenden Investoren. 2012 konnten wir Target Partners als einen der deutschen Top-VCs gewinnen.
Was waren bei der Gründung Ihres Start-ups die größten Stolpersteine?
Ich denke, wir haben einige Schlaglöcher mitgenommen. Insbesondere den Reichweitenaufbau hatten wir als zentralen Aspekt nicht sauber genug durchdacht: Nach dem ersten product launch haben wir relativ rasch unser Konzept gedreht. Der berühmte Triebwerk-Wechsel, obwohl der Flieger schon in der Luft ist. Das hat uns vor einige harte Herausforderungen gestellt. Mit dem unbedingten Glauben an die Vision und hartem Execution-Fokus kam der Durchbruch.
Was würden Sie rückblickend in der Gründungsphase anders machen?
Nicht viel. Entscheidend ist, schon in der Frühphase motivierte Mitarbeiter und erfahrene Angels bzw. Investoren zu binden, um die nötige Firepower für nachhaltiges Wachstum zu haben und auch potenzielle Kursänderungen stemmen zu können. Der Spirit im Team darf nicht in den Keller gehen, wenn einmal kleinere Katastrophen passieren. Es schweißt eher zusammen, gemeinsam Hürden zu nehmen, als wenn immer alles super läuft.
Jedes Start-up muss bekannt werden. Welche Marketingspielart ist für Sie besonders wichtig?
Wir sind wie gesagt überwiegend im B2B-Bereich unterwegs. Viele Start-ups bevorzugen B2C-Modelle – da sind die Marketing Tools in puncto Reichweiten- und Markenaufbau relativ straight forward. Wir lieben es, komplizierte Dinge ganz einfach ausschauen zu lassen und unsere Partner strahlen zu lassen. Dabei setzen wir auf langfristige, strategische Partnerschaften und ein hohes Maß an Partnerorientierung. Das beste Marketing im B2B-Kontext ist, Umsatzpotentiale für die Partner zu erschließen, die sie aus eigener Kraft nicht erreichen. Und “Word-of-mouth”. Von beidem haben wir beim Aufbau unseres internationalen Netzwerks bis dato stark profitiert.
Welche Person hat Sie bei der Gründung besonders unterstützt?
Friends & family haben enorm unterstützt und tun das nach wie vor. Das ist pure Energie.
Welchen Tipp geben Sie anderen Gründern mit auf den Weg?
Die attitude muss sein: Jedes Problem ist lösbar. Das eigene Konzept permanent hinterfragen und verbessern wollen. Markt, User-Bedürfnisse und Konkurrenz nicht aus den Augen verlieren. Spaß haben, feiern!
Sie treffen den Bundeswirtschaftsminister – was würden Sie sich für den Gründungsstandort Deutschland von ihm wünschen?
Herr Rösler und Frau Merkel nehmen sich zunehmend Zeit für die deutsche Online-Branche, da sie die Bedeutung und die Notwendigkeit für den Standort Deutschland erkannt haben. Das ist lobenswert. Aus meiner Sicht: Finanzierungs- und Fördermöglichkeiten verstärken, pragmatische Vernetzung mit der Wirtschaft und im Ausland unterstützen, bürokratische Hürden reduzieren. Vor allem: Kurzfristig und massiv den Fachkräftemangel adressieren und geeignete Maßnahmen auf den Weg bringen. Berlin als deutsche Start-up-Hochburg explodiert im positiven Sinne. Die Frage wäre beispielsweise, wo wir mittelfristig 500 Ruby Entwickler herbekommen. Hier muss dringend mehr auf Bundesebene passieren, um z.B. den Uni-Output zu gefragten Skills zu erhöhen. Unsere Branche hat hohes Potenzial, fährt aber in dieser Hinsicht noch mit angezogener Handbremse – und damit leider auch ein Stückweit der Standort Deutschland.
Was würden Sie beruflich machen, wenn Sie kein Start-up gegründet hätten?
Ich setze mich gerne für die Förderung und Umsetzung innovativer Ideen ein, ob als Gründer oder als Supporter.
Bei welchem deutschen Start-up würden Sie gerne mal Mäuschen spielen?
Wir sind ständig im Dialog mit anderen Start-ups und tauschen uns aus. Bei SoundCloud oder tape.tv war ich noch nicht. Das wäre spannend. Leute, die Musik lieben, spielen sicher auch gern coole Online Games!
Sie dürften eine Zeitreise unternehmen: In welche Epoche reisen Sie?
In die Zukunft, aber mit Rückschein.
Sie haben eine Million Euro zur persönlichen Verfügung: Was machen Sie mit dem ganzen Geld?
Sinnvolle soziale Projekte finanzieren, als Angel weiterhin Start-ups unterstützen und einen Teil anlegen. Und meinen Youngtimer würde ich komplett neu aufbauen.
Wie verbringen Sie einen schönen Sonntag?
Am liebsten ohne große Agenda.
Mit wem würden Sie sich gerne einmal auf einen Kaffee oder ein Bier verabreden?
Mit Richard Branson. Inspirierend, wie er völlig unterschiedlichen Industrien seinen Stempel aufgedrückt hat.
Zur Person
Alexander Piutti ist Gründer und Geschäftsführer von GameGenetics (www.gamegenetics.com), einem Aggregator und Distributor von free-to-play Online Games. Erste Erfahrungen mit B2B-Modellen sammelte Piutti beim Aufbau von Overture – das Unternehmen wurde 2003 von Yahoo! gekauft. Anschließend verbrachte der Berliner mehrere Jahre in London und leitete für Yahoo! Europe den Produktbereich Search. Nach dem Erwerb seines MBAs an der Wharton School (UPenn) war Piutti zunächst als Unternehmensberater für Booz & Company in Europa und USA tätig.