Kredito vor Neustart: Umstrittener Hamburger Kreditdienst holt Bank an Bord
Seit dem Start vor knapp drei Monaten musste das Hamburger Start-up Kredito (www.kredito.de) viel Kritik einstecken. Momentan ist die Plattform für Mikrokredite wieder offline – aber nur kurzzeitig. Auf der Startseite steht “Kredito hat geheiratet!” und “Wir müssen unser System umstellen, da wir gerade eine tiefgreifende Kooperation mit einer Bank eingegangen sind”. Den Namen der Bank, mit den Kredito kooperiert, will das Unternehmen noch nicht mitteilen. “Für den Kunden ändert sich nichts, außer dass der Vertrag zwar über Kredito läuft, aber mit der Bank abgeschlossen wird. Für Kredito bietet das Modell eine bessere Skalierbarkeit”, teilt das Start-up auf Anfrage von deutsche-startups.de mit.
Klamme Zeitgenossen können sich über Kredito bisher ganz fix 400 Euro für 30 Tage leihen. Und dies zu einem versprochenen effektiven Jahreszins von “nur 0,5 %”. Der Haken: Für die Kredit-Bewilligung ist ein sogenanntes Bonitätszertifikat notwendig – und das kostet bis zu 49,90 Euro. Bei einem Kredit in Höhe von 400 Euro und einer Laufzeit von 30 Tagen muss der Kredito-Nutzer somit 450,06 Euro zurückzahlen – ein effektiver Jahreszins von rund 310 %. An diesem Prinzip wird sich wohl vermutlich auch nach der Kooperation mit einer Bank nichts ändern. Ein Kleinkredit bei Kredito ist somit nicht wirklich günstig, wie es das Start-up verspricht. Immerhin wirbt die Jungfirma auf der Startseite mit dem Slogan “Flexibel & Günstig”.
“Wucherkredite”
Edda Castelló, Finanzexpertin der Hamburger Verbraucherzentrale, bezeichnet das Angebot von Kredito gegenüber der “Hamburger Morgenpost” als unseriös: “Wenn man für 30 Tage schon 50 Euro zahlen muss, sind das deutlich mehr als 10 %!“ Kredite mit einen effektiven Jahreszinssatz im dreistelligen Bereich seien “Wucherkredite”. Der Bankrecht spezialisierte Rechtsanwalt Julius Reiter bläst gegenüber monero.de ins selbe Horn: “Effektivzinsen von 300 % und mehr könnten als Wucher gewertet werden”. Problematisch nennt Reiter das Herausrechnen des zwingend notwendigen Bonitätszertifikat aus den fixen Kosten: “Laut Preisangabenverordnung müssen alle Kosten, die zwangsläufig mit einem Kredit anfallen, in den Effektivzins eingerechnet werden”.
Das-Kredito-Team um Sebastian Diemer und Alexander Graubner-Müller sieht dies nicht so und hält dagegen: “Das Bonitätszertifikat muss nicht in den Effektivzins eingerechnet werden. Das Bonitätszertifikat ist eine unabhängige Dienstleistung für die Kreditwürdigkeitsprüfung von Privatpersonen. Der Kunde kann damit mehrere Darlehen für die Laufzeit des Zertifikats zu einem günstigen Effektivzins in Anspruch nehmen”. Zudem könne das Zertifikat auf einer Vielzahl von Webseiten eingesetzt werden, etwa um Sonderkonditionen in Anspruch zu nehmen oder bargeldlos auf Raten einzukaufen sowie zum Nachweis von Bonität, Alter und Identität.
Ein solches Bonitätszertifikat kommt auch beim Berliner Kleinkredit-Wettbewerber Vexcash (www.vexcash.com), der bereits – ohne große Aufmerksamkeit – im vergangenen Jahr an den Start ging, an. Bei Vexcash kostet das Bonitätszertifikat aber nur 25 Euro. Bei einem Kredit in Höhe von 400 Euro und einer Laufzeit von 30 Tagen muss ein Vexcash-Nutzer somit 428,95 Euro zurückzahlen. Abgesehen vom teilweise undurchsichtigen bzw. sehr teurem Rückzahlungsbetrag haben Plattformen für Mikrokredite nach Ansicht einiger Experten aber noch ein anderes Problem: Laut dem Kreditwesengesetz wird eine Lizenz benötigt, wenn jemand ein Kreditgeschäft mittels eines “in kaufmännischer Weise eingerichteten Geschäftsbetriebs” anbietet. Weder Vexcash noch Kredito haben bisher eine Bafin-Lizenz.
Die Finanzaufsicht verwies jedoch zuletzt gegenüber der “Süddeutschen Zeitung” darauf, dass man in der angesprochenen Sache gar nicht zuständig sei: “Dennoch überprüfe man derzeit Kredito.de und Vexcash.com. Offen sei daher, ‘ob das Kreditgeschäft unerlaubt betrieben wird’, so die Behörde”. Kredito scheint dieses Problem nun mit der Bank-Kooperation aus der Welt geschafft zu haben. So gesehen ist die Hochzeit mit der unbekannten Bank nicht gerade eine Liebeshochzeit, sondern vielmehr eine Zweckgemeinschaft – oder härter formuliert, eine Zwangshochzeit.
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