Pizza Wars – Krieg der Lieferdienste: Griff Lieferheld Lieferando an? Alle Beteiligten nehmen Stellung

Im Segment der Lieferdienstvermittler geht es ordentlich zur Sache: Pizza.de (www.pizza.de), Lieferheld (www.lieferheld.de) und Lieferando (www.lieferando.de) überziehen sich seit Monaten gegenseitig mit Abmahnungen. Mal geht es um die Verwendung von Logos, mal um […]
Pizza Wars – Krieg der Lieferdienste: Griff Lieferheld Lieferando an? Alle Beteiligten nehmen Stellung
Montag, 23. April 2012VonAlexander

Im Segment der Lieferdienstvermittler geht es ordentlich zur Sache: Pizza.de (www.pizza.de), Lieferheld (www.lieferheld.de) und Lieferando (www.lieferando.de) überziehen sich seit Monaten gegenseitig mit Abmahnungen. Mal geht es um die Verwendung von Logos, mal um die Zahl der Partner-Restaurants und mal um fehlende Lizenzen, um Online-Zahlungen abzuwickeln. Vor allem Lieferheld und Lieferando kämpfen gefühlt um jede Mini-Salami. “Insgesamt laufen rund ein Dutzend Verfahren”, schreibt “Der Spiegel” in seiner aktuellen Ausgabe. In dem Artikel geht es darum, dass die Berliner Staatsanwaltschaft gegen die Lieferheld-Macher wegen des Verdachts auf Computersabotage ermittelt.

“Laut Durchsuchungsbeschluss soll das Unternehmen mittels Internetattacken ‘mehrfach’ seinen ebenfalls in Berlin ansässigen Konkurrenten Lieferando für dessen Kunden unerreichbar gemacht haben”, berichtet das Nachrichtenmagazin. Mit der genannten Computersabotage sind Denial of Service-Attacken (DDoS) gemeint. Unter dem Ansturm der unzähligen sinnlosen Anfragen gingen die Server von Lieferando in die Knie, der Lieferdienst war allein im Dezember in der Hauptbestellzeit am Abend stundenlang nicht erreichbar. Die Folge: Massive Umsatzausfälle bei Lieferando. Weswegen das Start-up nun auch Schadenersatz “im niedrigen siebenstelligen Bereich” fordert.

Razzia bei Lieferheld

Eine Spur am Tag der DDoS-Attacken führt zu einem von Lieferheld angemieteten Server. Bei einer Razzia am vergangenen Mittwoch versuchten die Beamten des Landeskriminalamts Berlin nun Beweise für diese Angriffe gegen Lieferando in den Büroräumen von Lieferheld zu finden. Ein trauriger Höhepunkt im harten Wettstreit der Lieferdienste. deutsche-startups.de fragte bei allen Beteiligten nach, was an dem Sachverhalt dran ist. Nachfolgend dokumentieren wir in übersichtlicher Form die wichtigsten Äußerungen der Streithähne. Angereichert ist diese Übersicht mit anderen öffentlichen Äußerungen der Beteiligten.

“Erheblicher Schaden entstanden”

“Uns ist mit diesen Attacken auf unsere Webseite erheblicher Schaden entstanden und wir mussten enorme Anstrengungen unternehmen, um diesen zu bereinigen. Es ist erschreckend, dass es von einem Mitbewerber anscheinend für nötig empfunden wird, zu solch unlauteren Mitteln zu greifen und somit zusätzlich auch dem Ruf der gesamten Branche zu schaden. Wir werden auch in Zukunft hart daran arbeiten, unseren Kunden und Partnern ein Höchstmaß an Vertrauen und Qualität zu bieten”.
Jörg Gerbig, Mitbegründer und Geschäftsführer von lieferando.de

“Lieferheld setzt einen Webcrawler ein”

“Lieferheld hat keine ‘Hackerangriffe’ auf Lieferando oder andere Websites durchgeführt. Lieferheld setzt einen sogenannten Webcrawler ein, um Werbeaussagen von Lieferando zur Anzahl der Partner zu überprüfen. Um diesen branchenüblichen Webcrawler-Einsatz handelt auch das beschriebene Ermittlungsverfahren. Lieferando selbst, aber auch Unternehmen wie zum Beispiel Google setzen solche Webcrawler täglich ein”.
Fabian Siegel, Geschäftsführer von Lieferheld

“Technik nicht im Griff”

“Wenn das bei Lieferando zum Zusammenbruch der Systeme führt, haben sie ihre Technik nicht im Griff.”
Fabian Siegel, Geschäftsführer von Lieferheld im “Spiegel”

“Anzeige gegen Unbekannt gestellt”

“Webcrawler sind marktüblich. Mittels verschiedener Verfahren crawlt die Konkurrenz unsere Website. Wir werden momentan immer noch gecrawlt, und werden Lieferheld künftig auch nicht davon abhalten. Wir haben zudem lediglich Anzeige gegen Unbekannt gestellt, da ein solcher Absturz nicht durch das ‘übliche’ Crawlen durch Lieferheld passiert.”
Jörg Gerbig, Mitbegründer und Geschäftsführer von lieferando.de

“2.500 Bestellvorgänge in der Stunde”

“Unsere Server wickeln bis zu 2.500 Bestellvorgänge in der Stunde ab, ihre Konfiguration wurde von einem Spezialisten abgenommen, der auch für die Sicherheit der Bundesbank-Server zuständig ist”.
Jörg Gerbig, Mitbegründer und Geschäftsführer von lieferando.de im “Spiegel”

“Wiederholt falsche Angaben”

“Mit dem Einsatz von grundsätzlich legalen Webcrawlern hat Lieferheld in der Vergangenheit beweisen können, dass Lieferando wiederholt falsche Angaben zur Anzahl der Partnerrestaurants gemacht hat. Das Ergebnis dieses Webcrawlers wurde unter anderem vom Landgericht Berlin in seiner Einstweiligen Verfügung gegen Lieferando verwendet. Lieferando wurde in dieser Verfügung untersagt, falsche Angaben über die Anzahl der auf Lieferando verfügbaren Restaurants zu machen.”
Fabian Siegel, Geschäftsführer von Lieferheld

“Die Geschäftsführer wären auch schön dumm”

“An der Story ist nichts dran! Lieferheld trackt ob die Anzahl der Restaurants, die Lieferando ausweist, korrekt ist. Mehr nicht. Die Geschäftsführer wären auch schön dumm, wenn sie sich für eine Aktion gegen einen kleinen Mitbewerber strafbar machen würden”.
Kolja Hebenstreit vom Lieferheld-Investor Team Europe

“Es wurde nichts beschlagnahmt”

“Bei dem Besuch der Berliner Polizei handelte es sich ferner auch nicht um eine Razzia: Die Beamten haben ermittelt und versucht den Sachverhalt aufzuklären. Wir wussten nichts von einem Ermittlungsverfahren. Die Beamten haben ein paar Fragen gestellt, wir haben den Sachverhalt aufgeklärt. Es wurde nichts beschlagnahmt. Nach circa einer Stunde waren die Herren wieder weg. Wir erwarten daher, dass das Emittlungsverfahren eingestellt wird.”
Fabian Siegel, Geschäftsführer von Lieferheld

“Nicht so dumm”

“Ich bin doch nicht so dumm, mich für einen möglichen Nachteil eines wesentlich kleineren Mitbewerbers strafbar zu machen”.
Fabian Siegel, Geschäftsführer von Lieferheld im “Spiegel”

“Ambitionierter Wettkampf”

“Es herrscht kein Krieg im Liefersegment. Es ist eher ein ambitionierter Wettkampf.”
Jörg Gerbig, Mitbegründer und Geschäftsführer von lieferando.de

“Schon verwunderlich”

“Ich empfinde dies auch nicht als Krieg. Es ist aber schon verwunderlich, welcher Fokus auf strafrechtliche Anzeigen hier gelegt wird. Wir konzentrieren uns lieber darauf das bessere Produkt und den besseren Service zu bieten sowie schneller zu wachsen.”
Fabian Siegel, Geschäftsführer von Lieferheld

Klingt im Grunde nach viel Rauch um nichts. Die Wettbewerber crawlen gegenseitig ihre Websites. Und dieser Umstand alleine führt nicht um Absturz der Server, darin sind sich die Streihähne einig. Im ambitionierten Wettkampf der Lieferdienste nutzen die Kontrahenten aber offenbar jede Gelegenheit, sich in Position zu bringen bzw. der Konkurrenz eins auszuwischen. Zumal diese Geschichte ganz offensichtlich gezielt im “Spiegel” platziert wurde, um das Thema der Masse näherzubringen. Was dabei zu kurz kommt: Im vergangenen Jahr gab es zahlreiche Attacken auf Lieferdienste. So berichtete “heise online” bereits im Sommer 2011 von solchen Angriffen. Zitat: “Im Visier sind vor allem deutsche Pizza-Dienste und Immobilien-Portale”. Somit scheint es äußerst denkbar, dass jemand ganz anderes die Server von Lieferando in die Knie gezwungen hat.

Foto: istockphoto

Im Fokus: Weitere Artikel zum Wettstreit der Lieferdienste in unserem Special Lieferdienste

Hausbesuch bei Lieferheld

Anfang November 2011 durfte sich deutsche-startups.de beim Berliner Start-up Lieferheld einmal ganz genau umsehen. In den riesigen Büroräumen – umweit der Friedrichstraße – arbeiten über 100 Lieferhelden in sehr schicken Räumlichkeiten. Das Büro ist vollgepackt mit Bildern von Superhelden aller Art, etlichen großen Pappkameraden und ganz ganz vielen leeren Pizzakartons. Einige heldenhafte Eindrücke gibt es in unserer kunterbunten Fotogalerie.

ds_lieferheld

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Alexander

Alexander Hüsing, Chefredakteur von deutsche-startups.de, arbeitet seit 1996 als Journalist. Während des New Economy-Booms volontierte er beim Branchendienst kressreport. Schon in dieser Zeit beschäftigte er sich mit jungen, aufstrebenden Internet-Start-ups. 2007 startete er deutsche-startups.de.