“Als Nicht-Klon haben wir es in Deutschland schwerer” – Sönke Martens von loftville im Interview
Der Immobilien-Marktplatz loftville (www.loftville.com) versorgt Wohnungssuchende mit urbanen Top-Wohnungen und Hauseigentümer mit Top-Mietern. Im Interview spricht Gründer und Geschäftsführer Sönke Martens über das schwierige Thema Wohnungssuche, leidgeplagte Städter und die Veränderungen im Geschäftsmodell.
loftville hat gerade einen sechsstelligen Betrag eingesammelt. Was soll schwerpunktmäßig mit dem Geld geschehen?
Wir freuen uns wirklich sehr, eine relativ große Runde abgeschlossen zu haben. Denn damit sind wir solide für 1 bis 1,5 Jahre durchfinanziert. Über die letzten Monate haben wir vor allem unsere Hypothesen getestet und unsere ideale Value Proposition ermittelt. Mit der Finanzierung können wir unsere Plattform jetzt weiterentwickeln und unser Geschäft skalieren. Also vor allem: auf beiden Seiten des Marktplatzes weitere Nutzer gewinnen und loftville in neue Städte bringen.
Das Konzept funktioniert nur bei großen Städten mit Übernachfrage. Ist der deutsche Markt da nicht schon bald abgegrast?
Übernachfrage existiert in vielen Städten. Sicherlich gibt es Ausnahmen wie z.B. Leipzig oder Berlin, aber auch dort zieht der Markt in vielen Stadtteilen an. Etliche Studien prognostizieren, dass sich der Trend zur Übernachfrage sogar verschärfen wird. Wir sind bisher erst in Hamburg, München und Frankfurt gestartet, insofern gibt es hier noch erhebliches Wachstumspotenzial für loftville. Für uns ist ohnehin jede Stadt ein neuer Markt, unabhängig von Ländergrenzen. Zürich und Wien haben z.B. recht ähnliche Marktbedingungen, und auch über den deutschsprachigen Raum hinaus sehen wir diverse Metropolen, die für uns interessant sind.
Wie reagieren die Makler auf loftville?
Die reagieren erstaunlich offen und neugierig. Wir haben diverse Anrufe und Mails von Wohnungsverwaltungen und Maklern bekommen, die einfach mal hören wollen, was wir vorhaben. Der Markt scheint auf Prozessverbesserung zu warten, entsprechend experimentierfreudig gibt sich die Anbieterseite.
Werden die Wohnungen bei loftville alle exklusiv angeboten?
Nein, das ist nicht unser Anspruch. Aber durch die Partnerschaften mit den beiden größten Immobilien-Portalen können wir unseren Mitgliedern auch bei den Angeboten, die auch auf anderen Seiten gelistet sind, einen wichtigen Vorteil verschaffen. Denn sie können sich von den anderen Bewerbern gezielt abheben, sich als geeignete Mieter präsentieren und so weit oben auf dem Stapel der Interessensbekundungen landen. Wir wollen, dass unsere User die besten Wohnungen erhalten. Egal, ob exklusiv oder nicht. Bei uns werden die Mitglieder früh über die Verfügbarkeit der Wohnungen informiert und können sich von anderen Mitinteressenten gezielt abheben, um so beste Erfolgschancen zu haben.
Und warum sollten Anbieter den Weg über loftville wählen?
Wir haben inzwischen mit hunderten von Wohnungsanbietern gesprochen und deren Prozesse und Arbeitsweisen kennen gelernt. Für besonders attraktive Objekte ist der Vermarktungsdruck recht gering – die Frage ist eher, wie viel Aufwand bis zur Vermietung entsteht, z.B. durch Besichtigungen. loftville bietet speziell für solche Objekte den idealen Kanal, um gezielt an einen vorqualifizierten Personenkreis heranzutreten, bevor man den offenen Markt anspricht. Denn eigentlich möchte ein Vermieter nicht dutzende oder hunderte anonymer Mails, sondern ein paar interessierte, vorqualifizierte und glaubwürdige Personen, inklusive einiger Informationen, um einen „Fit“ zu beurteilen und dann gezielt eine Auswahl von Interessenten zu treffen. So gibt es z.B. Vermieter, die sich junge Familien mit Kindern wünschen, weil die anderen Parteien im Haus auch Kinder haben.
Wie viele Wohnungen und registrierte Mitglieder sind bei loftville schon vertreten?
Wir haben in den ersten Monaten eine restriktive, geschlossene Betaphase gefahren. Dabei haben wir nur ein paar tausend Nutzer auf die Plattform gelassen. Vor allem, um von ihnen zu lernen. Das war quasi eine Community von Early-Adoptern, von der wir in dieser Phase sehr viel Feedback bekommen haben. In dieser Zeit hatten wir etwa 10.000 Wohnungen auf loftville. Anfang Februar haben wir auf eine offenere Registrierung umgestellt – alleine im Februar haben wir so viele Nutzer gewonnen wie in den gesamten neun Monaten zuvor. Wichtiger als die Anzahl ist für uns jedoch die Qualität der Mitgliederbasis. Es ist eine Freude zu sehen, wie unser Schiff fahrt aufnimmt. Highlights sind dabei die ganz persönlichen Dinge – etwa, wenn sich jemand auf unserer Facebook-Seite meldet und für seine neue Wohnung bedankt.
Demnächst startet loftville mit einem Freemium-Modell. Rückt der Break Even damit in greifbare Nähe?
Ein Markplatz braucht Anlauf, denn für einen erfolgreichen Start braucht es vor der Monetarisierung erst mal Wachstum. Darauf lag bisher unser Fokus. Mit dem Freemium-Geschäftsmodell beginnt nun in Kürze die Monetarisierung. Dennoch werden wir das Unternehmen auch mittelfristig nicht auf Profitabilität, sondern Wachstum trimmen. Wir sind sehr zuversichtlich, dass ein Trouble-Shooter für leidgeplagte Städter beim elementar wichtigen Thema „Wohnungssuche“ auch wirtschaftlich erfolgreich sein wird.
Was werden die Vorteile für die zahlenden Mitglieder sein?
Bei der Wohnungssuche in der Stadt herrscht ein regelrechter Wettbewerb um die heißesten Objekte. Dabei sind drei Aspekte besonders wichtig für die Suchenden: Erstens Zugang zu den attraktivsten Objekten, zweitens möglichst als erster über neue Objekte informiert werden, und drittens sich möglichst als bester Mieter präsentieren, um aus der Masse der Interessenten herauszustechen. Entlang dieser Kriterien wird die Abgrenzung vom Gratis- zum Bezahlprodukt verlaufen.
Was war die größte Schwierigkeit beim Aufbau des Immobilien-Marktplatzes?
Es ist natürlich immer eine Herausforderung, als Startup mit geringen Ressourcen einen Consumer-Marktplatz zu etablieren. Wir haben uns viele Gedanken gemacht, um das Henne-Ei-Problem in den Griff bekommen. Und man muss auch klar sagen: wir sind noch nicht am Ziel. Wir sind „Work-in-Progress“. Aber es macht auch Spaß, in einem augenscheinlich „gemachten Markt“ die etablierten Spielregeln zu hinterfragen, Hypothesen aufzustellen, wie eine Verbesserung aussehen müsste und dabei von echten Nutzern zu lernen. Was funktioniert? Was nicht? Ein interessanter Randaspekt scheint zu sein, dass wir es wohl gerade als Nicht-Klon in Deutschland schwerer haben, als wenn wir den Leuten von einem amerikanischen Vorbild erzählen könnten. Wir verweisen auch gerne auf innovative Ansätze, die sich z.B. im Recruiting längst etabliert haben – viele dieser sinnvollen Innovationen sind im Immobilienbereich noch nicht angekommen.
Noch geht es bei loftville ausschließlich um Mietobjekte. Sollen langfristig auch Kaufobjekte dazu kommen?
60 bis 80% der Städter wohnen zur Miete, daher ist der Mietmarkt für uns besonders interessant. Miete ist außerdem ein Dauerschuldverhältnis, fast wie ein Kredit, insofern ist hier das Vertrauensverhältnis zwischen beiden Parteien besonders wichtig. Der geschlossene loftville-Marktplatz mit vorqualifizierten Profilen liefert die Plattform für vertrauenswürdigere Transaktionen. Inzwischen haben uns viele Anbieter und Nutzern gesagt, dass sie auch bei Kaufobjekten ein diskreteres und vertrauenswürdiges Umfeld suchen. Darum schließen wir nicht aus, uns auch in diese Richtung hin weiter zu entwickeln.
Wohnungssuchende registrieren sich zunächst mit einem aussagekräftigen Profil. Wie läuft das Prozedere anschließend ab?
Ein aussagekräftiges Profil ist in der Tat sehr hilfreich für einen qualifizierten Erstkontakt mit den Vermietern. Wir setzen hier stark auf vorhandene Web-Profile. So kann man sich z.B. über Facebook Connect registrieren oder seine Daten von XING synchronisieren (wir sind einer der ersten Pilotpartner der XING-API). Das macht die Aussagen im Profil besonders glaubwürdig. Unser Team prüft jedes Profil auf Qualität und Echtheit, und wir behalten uns vor, Nutzer ggf. wieder zu löschen. Dann startet man die Wohnungssuche, wobei wir spezielle Filter, Sondergeografien und Suchvorschläge anbieten, die für die Zielgruppe relevant sind.
Da unser Team nicht nur jede Wohnung prüft, sondern auch besondere Highlights hervorhebt, kann man bei uns mit wenig Aufwand z.B. gezielt nach einer „Altbauwohnung rund um die Alster“ suchen – eine der häufigsten Suchen in Hamburg. Die meisten Nutzer arbeiten mit Suchagenten, um schnell über passende Angebote informiert zu werden. Bei Interesse meldet man sich über loftville beim Vermieter, wobei man sein Profil direkt mitsendet. Auf dieser Basis kann der Vermieter dann viel besser einschätzen, mit wem er sich zuerst treffen sollte.
Welche Vision verfolgt loftville langfristig?
loftville möchte für anspruchsvolle Städter die erste Adresse bei der Wohnungssuche sein. Wir werden unsere Dienstleistung dabei immer weiter auf die Besonderheit von Stadtmärkten ausrichten, so dass unsere Mitglieder bei loftville mit weniger Aufwand eine tolle Wohnung in der Stadt finden können.
Zur Peson
Sönke Martens ist Mitgründer und Geschäftsführer des Immobilien-Marktplatzes loftville. Das Unternehmen hat er Ende 2010 zusammen mit Johannes Haus gegründet. Zuvor war er unter anderem bei Roland Berger Strategie Consultants und Xing, wo er zuletzt den Corporate Development-Bereich verantwortet hat. Martens studierte Betriebswirtschaft in Eichstätt und Buenos Aires und lebt seit 2005 in Hamburg. Seine Freizeit verbringt er am liebsten auf Reisen, mit Windsurfen oder beim Handwerken in seiner Hamburger Altbauwohnung.
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