Unternehmensfinanzierung – Durchblick im Dschungel der Möglichkeiten – Gastbeitrag von Julian Riedlbauer
Ready to scale and grow? Von der Idee zur Marktreife oder vom erfolgreichen Anbieter in Deutschland zum europäischen oder gar weltweit führenden Anbieter? Die Zeiten, in denen Unternehmer ohne externe Finanzierung ihr Unternehmen in Ruhe aus den Gewinnen heraus aufbauen konnten, sind längst vorbei. An jeder Ecke lauern Teams, die gute Ideen kopieren, mit kapitalkräftigen Investoren schnell ausrollen und Marktpositionen besetzen. Mittlerweile ist nicht nur eine gute Idee, ein gutes Team, sondern auch das schnelle Erreichen einer kritischen Masse notwendig, um nachhaltig erfolgreich zu sein. In den ersten zwei Artikeln geben wir einen Überblick Möglichkeiten der Unternehmensfinanzierung, um in den folgenden Beiträgen und Interviews die jeweiligen Optionen zu vertiefen.
Frühphasenfinanzierung (Seedphase)
Sie haben eine tolle Idee und ein Team, aber noch kein Geld zur Umsetzung? Diese Phase ist besonders schwierig und erfordert viel Durchhaltevermögen. Sie müssen einen Geldgeber finden, der sich in das Team und die Idee „verliebt“ und Ihnen zutraut, quasi aus dem Nichts heraus ein erfolgreiches Unternehmen aufzubauen. „Nicht aufgeben“ ist in dieser Phase die Devise. Die Einschätzung, ob Ihre Idee eine gute Idee ist und erfolgreich sein wird, ist äußerst subjektiv. Nach vierzig Absagen können drei Zusagen folgen. Ebenso ist eine für beide Seiten akzeptable Bewertung schwierig zu finden – das ist prinzipiell reine Verhandlungssache. Ein gutes Unterlagenpaket (Business Plan, Präsentation) und möglichst schon ein Prototyp oder eine Demoversion sind für den Finanzierungserfolg essenziell.
Sie sollten möglichst viele potenzielle Investoren ansprechen, um den am besten passenden Geldgeber zu finden. Es gilt, viele verschiedene Wege auszuprobieren: Durch Business Angels, regionale Fördermittel, KfW-Gründungskredite oder ähnliche Kreditprogramme von Landesbanken mit staatlicher Bürgschaft, Business Plan Wettbewerbe, Inkubatoren bis hin zu Finanzinvestoren der Business Angels wie z. B. HackFwd von Lars Hinrichs, Hanse Ventures oder Digital Pioneers von Heiko Hubertz sind die Varianten fast unbegrenzt. Sie befinden sich als Startup-Unternehmer aber auch im harten Wettbewerb, weil bekannte Investoren mit Anfragen regelrecht überschüttet werden. Sie sollten versuchen, sich von der Masse abzusetzen: Durch ein besonders prägnantes Unterlagenpaket und durch eine konsequente Ansprache – auch persönlich auf Veranstaltungen. Und vergessen Sie nicht, regelmäßig nachzufassen, damit Ihre Anfrage nicht in Vergessenheit gerät.
Wachstumsfinanzierung (Early Stage)
Sie haben es geschafft! Sie sind live. Ein tragfähiges Geschäftsmodell können Sie vorweisen. Sie wissen, dass die Conversion stimmt und können vorrechnen, dass Ihre Firma ab einer bestimmten Größe nachhaltig profitabel sein wird. Jetzt wollen Sie richtig Gas geben und den Roll-Out vorantreiben. „Nur“ das Geld fehlt, um die nächste Hürde zu nehmen.
Auch in dieser Phase sind die Möglichkeiten sehr vielfältig. Sie sollten zunächst für sich selber entscheiden, welchen Weg Sie gehen möchten. Suchen Sie primär Geld oder auch Know-how und Netzwerk von erfahrenen Unternehmern? Diverse Unternehmer, die ihre Firma erfolgreich verkaufen konnten, investieren neben klassischen Finanzinvestoren auch in dieser Phase. Einige Beispiele für Early Stage Investoren: HTGF, European Founders Fund der Samwer-Brüder, Point Nine Capital, hervorgegangen aus Team Europe von Lukasz Gadowski, und sehr neu Fastlane Ventures, der Investmentfund der Gründer von Blau Mobilfunk oder als Co-Investor venturecapital.de von CFP. Wenn Marketing ein entscheidender Faktor für den Erfolg ist, so kann auch ein „Media for Equity“ Deal interessant für Sie sein. Dabei erhalten die Investoren Firmenanteile für Werbeleistungen, die dem Unternehmen zur Verfügung gestellt werden. Mediaventures von Stroer, Seven Ventures (ProSiebenSat.1 Gruppe) und diverse Verlagsgesellschaften kommen für diese Sonderform der Finanzierung in Frage.
Und auch an die „klassischen“ Frühphasenfinanzierer sollten Sie denken – z. B. Target Partners, Mountain Partners, Earlybird, Kizoo, Neuhaus Partners und Creathor oder Corporate VCs wie T-Venture, BDMI, e-Tengelmann oder eVenture Capital Partners. Die Subjektivität der Beurteilung Ihres Unternehmens ist in der Early Stage Phase etwas geringer, weil Sie schon Erfolge und KPIs vorweisen können. Trotzdem bleibt die Einschätzung über die mögliche Weiterentwicklung und z. B. Internationalisierungsfähigkeit subjektiv. Daher empfehlen wir auch in dieser Phase, mit mehreren Investoren parallel zu sprechen. An dieser Stelle könnte es Sinn machen, eine M&A Beratung einzubinden.
Beachten Sie bitte: Eine Finanzierungsrunde ist wie eine Achterbahnfahrt – Sie sollten immer die Nerven behalten und so rechtzeitig damit beginnen, dass Sie nicht unter Druck geraten, einem suboptimalen Deal zuzustimmen, weil das Geld knapp wird und Sie zu wenig Zeit zum Verhandeln und dem Suchen nach Alternativen haben.
Der nächste Artikel wird sich Growth Equity Finanzierungsrunden in späteren Finanzierungsrunden und Transaktionen mit Private Equity Investoren widmen.
Zur Person
Julian Riedlbauer baut seit Anfang 2012 seine eigene M&A Beratungsgesellschaft Pure Equity Advisors – zusammen mit der ehemaligen Internet-Unternehmerin Ann Marisa Freese – auf. Davor war Riedlbauer von 2008 bis Ende 2011 Geschäftsführer der M&A-Boutique Corporate Finance Partners. Seine Karriere begann er vor fast 20 Jahren mit der Gründung seiner Firma Connect Service Riedlbauer, einem Modem-, TK- und Netzwerk-Distributor und technischen Callcenter Outsourcing-Dienstleister. Als sich die Firma zu einem 130-Personen-Betrieb entwickelt hatte, verkaufte Riedlbauer sein Unternehmen teilweise an NT plus und eine Tochtergesellschaft der Thyssen Informatik Gruppe. Danach hielt Riedlbauer mehrere Geschäftsführer- und Vorstands-Posten in führenden Internet-, IT- und TK-Unternehmen inne.