Die Demokratisierung des Finanzierungsmarktes: Neue Rekordsummen im Bereich Crowdfunding
Noch immer schaut die Startup-Szene verdutzt auf das gerade abgeschlossene Crowdfunding-Projekt Double Fine: 1,6 Millionen Euro sammelten die Macher für die Produktion eines Grafikadventure-Spiels ein, das keinen Investor interessierte, da diese Art von Spiel nur noch Nostalgie-Charakter besitzt. In kleinerem Umfang aber ebenso spektakulär geht es in Deutschland zu: Hier hat Lingoking (www.lingoking.com) über die Crowdinvesting-Plattform Seedmatch gerade in Rekordzeit (5,5 Stunden!) die maximale Finanzierungssumme von 100.000 Euro erreicht. Crowdfunding und Crowdinvesting sind ernst zu nehmende Geldbeschaffungs-Möglichkeiten geworden, die den Finanzierungsmarkt aufwirbeln! In Deutschland geht es zwar noch um ganz andere Summen als in den USA, aber der Stein beginnt zu rollen. Mit Devexo (www.devexo.com) gibt es ab Mitte März den neuesten Mitbewerber im Pool der deutschen Crowdfunding-Plattformen.
Dass Menschen für ein potentielles Adventure Game 1,6 Millionen Euro geben, wie es gerade über die US-amerikanische Crowdfunding-Plattform kickstarter (www.kickstarter.com) geschehen ist, ist sogar eine Meldung bei Spiegel Online wert; zeigt es doch auf, dass sich dank Crowdfunding der Wunsch einer genügend großen Minderheit gegen die Einschätzung großer Geldgeber durchsetzen kann. Im Falle von Double Fine rotteten sich sämtliche verbliebenen Grafikadventure-Fans – von denen übrigens die meisten aus Deutschland kommen sollen – zusammen und ermöglichten ihrem Spieleentwickler-Idol Tim Schafe („Day of the tentacle“), ein weiteres grandioses Spiel zu basteln.
Lingoking: Viele potentielle Investoren kamen zu spät
Natürlich hängt hier viel an der Popularität des Spielebauers, aber es gibt bereits weitere Beispiele, und zwar auch in Deutschland: So sammelte die Bertelsmann-Tochter TeamWorx für den Erotikfilm „Hotel Desire“ per Crowdfunding 170.000 Euro ein. Im Gegenzug erhielten alle Geldgebern einen Gutschein, um den Film nach Produktionsende zu sehen. Das Projekt wurde finanziert – auch wenn der Anfang 20-jährige Produzent Sergej Moya noch keine Berühmtheit ist.
Aber das Prinzip der Schwarmfinanzierung passt nicht nur auf kulturelle und künstlerische Projekte sondern auch in die Startup-Welt: Auf Plattformen wie Seedmatch (www.seedmatch.de) und Innovestment (www.innovestment.de) können Gründer nach stillen Beteiligungen für ihr Jungunternehmen suchen (Crowdinvesting). So wie Lingoking: Der Dolmetsch-Service startete Anfang Februar um 12.00 Uhr mittags über die Plattform Seedmatch mit dem Geldsammeln. Wenige Stunden später hatten sich bereits 142 Investoren eine Beteiligung gesichert – „wer erst am Abend auf Seedmatch vorbeischaute, konnte nur noch über das beendete Funding staunen. In den folgenden Stunden und Tagen gingen viele Anrufe und Emails von potentiellen Investoren bei uns ein, die das Funding verpasst hatten“, berichtet Seedmatch nicht ohne Stolz über das Projekt. Auch das zuvor präsentierte Start-up smarchive sammelte sein Geld in nur 60 Stunden ein. Beim Mitbewerber Innovestment gab es Anfang Februar ebenfalls eine Erfolgsmeldung: Fine Cotton Company, ein Online-Maßschneider für Hemden, erhielt von 25 Investoren 82.000 Euro.
Deutschland: 2011 rund 170 Projekte mit 457.924 Euro finanziert
Im Vergleich zu dem, was Crowdfunding in den USA einspielt, ist das Prinzip hierzulande trotzdem noch ein Tropfen auf den heißen Stein. Auf kickstarter wurden in 2010 und 2011 insgesamt knapp 16.000 Projekte finanziert. Über eine Milliarde US-Dollar wurde den Projekten zugesichert. Die US-amerikanischen Plattform IndieGoGo (www.indiegogo.com), die schon seit 2008 exisitert, blickt auf noch mehr finanzierte Projekte zurück. Im Vergleich: In Deutschland wurden 2011 etwa 170 Crowdfunding-Projekte finanziert, wie im Crowdfunding-Monitor von René Klein nachzulesen ist – mit einem Gesamtvolumen von 457.924 Euro.
Im Bereich Crowdinvesting konnten sich 2011 hierzulande sechs Start-ups über eine erfolgreiche Finanzierung freuen und insgesamt über 500.000 Euro einsammeln. Für 2012 geht Klein bereits von vier bis fünf Millionen Euro für Startup-Finanzierungen aus. Dass die Prognose in die richtige Richtung geht, zeigt das Beispiel lingoking deutlich auf.
Und nun gesellt sich mit Devexo ein weiteres Crowdfunding-Portal zu den deutschen Mitbewerbern Startnext (www.startnext.de), pling (www.pling.de), VisionBakery (www.visionbakery.de), mySherpas (www.mysherpas.com) und inkubato (www.inkubato.com). Warum auch nicht? Der Markt ist groß. Und während im vergangenen Jahr noch ein gewisses Zögern zu spüren war, zieht das Konzept Anfang diesen Jahres schon kräftig ab.
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