Gründer! „Oliver Samwer hat mir viel beigebracht“ – Lawrence Leuschner von reBuy

Als Kind vertickte Lawrence Leuschner die defekten Hängematten aus dem Geschäft seines Stiefvaters. Heute ist er Geschäftsführer der An- und Verkaufsplattform reBuy (www.rebuy.de). Die Angewohnheit, Dinge immer anders und besser machen zu wollen, kostete ihn früher so manch einen Schüler- und Studentenjob – heute profitiert er von dieser Eigenschaft. Als Geschäftsführer von reBuy buhlt er mit Mitbewerber momox (www.momox.de) um die Vormachtstellung der zahlreichen Re-Commerce-Plattformen – alles über das Trendthema in unserem Special Re-Commerce. Dies ist aber nur der Anfang: Langfristig soll das Start-up zur größten Gebrauchtwarenplattform der Welt werden.

Für seine nicht gerade bescheidenen Pläne hat der vielbeschäftigte Halb-Syrer sogar sein Studium abgebrochen. Leuschner kommt aus einer Unternehmerfamilie: Sein syrischer Vater ist selbstständig, seine Mutter machte noch mit 60 eine Kita auf. Und sein Stiefvater ist Im- und Export-Händler von lateinamerikanischer Handwerkskunst. Schon als Zehnjähriger spaziert Leuschner durch die Lagerhalle und schaut, was sich zu Geld machen lässt. Er versucht es mit defekten Hängematten, die er auf dem Flohmarkt verkauft. „Ich habe früh gemerkt, wie Handel funktioniert – das liegt mir im Blut“, erklärt der in Hofheim aufgewachsene Unternehmer. Nur bei seinen anderen Nebenjobs kommt er nie so ganz klar, weil er ständig was verändern will.

“Macht erstmal die Schule fertig!”

Die heiß ersehnte Geschäftsidee kommt in Form eines Kiosks zu ihm, zu der Zeit macht Leuschner gerade Abitur. In dem kleinen Laden tauschen Jugendliche ihre Spiele: altes Spiel abgeben, neues Spiel gegen eine Tauschgebühr von 15 D-Mark mitnehmen. Die Idee gefällt ihm und zusammen mit Marcus Börner, einem Freund der damals in die elfte Klasse geht, will er ebenfalls einen Tausch-Shop aufmachen. Aber der Betrieb eines stationären Geschäftes ist mit den Verpflichtungen eines Schülers nicht vereinbar; die Lösung ist ein Onlineshop. Ein Geschäftsmodell, das nicht überall gut ankommt: „Die Bankberater sagten nur: ‘Macht erst mal die Schule fertig’ und ‘Internet ist wirklich sehr schwierig’.“ Stattdessen erkennt jemand anderes das Potential des Konzepts. Der Vater einer Freundin lädt das Duo kurzerhand ins Tradingcenter der Commerzbank ein, wo die Schüler vor sechs Investmentbankern ihre erste Präsentation halten – und drei Business Angels gewinnen, die jeweils 16.000 Euro investieren wollen. „Damit haben wir unseren ersten Bestand an Spielen und Arbeitsgeräten gekauft, Anwalts- und Marketingkosten gedeckt und 2004 Trade-a-game gegründet“, erinnert sich Leuschner. Ein paar Jahre später soll aus dem Unternehmen reBuy werden.

Während seiner Zeit an der FH Wiesbaden gründet Leuschner fleißig weiter: Youmix (eine Musik-Community), GamersClub (ein Social Network für Spieler) und International Golfsystems (Vermittlung von Werbeflächen auf Golfanlagen). Irgendwann wird die Mehrfachbelastung zu groß, der Jungunternehmer will sich wieder ganz auf sein erstes Start-up konzentrieren – zumal verschiedene finanzkräftige VCs und Business Angels vor der Tür stehen. Mit dem Geld von Mountain Partners, dem European Funders Fund und Tiburon zieht das Team in die Hauptstadt um und Leuschner schmeißt sein Studium – obwohl er gerade seine Bachelor-Arbeit geschrieben hat und nur noch ein Semester weiterstudieren müsste, um das begehrte Zertifikat zu erhalten.

“Wir haben Oliver Samwer wieder rausgekauft”

Die Zeit in der Berlin-Kreuzberger WG, in der vier der mittlerweile fünf Gründer zusammenleben, ist eine spezielle Erfahrung. Die Küche wird zum Logistikzentrum, an Kochen ist zeitweise nicht zu denken. „Manchmal hockten fünfzehn Leute bei uns zu Hause und packten Pakete“, lacht Leuschner. Zumal das Unternehmen 2007 anfängt zu brummen und zum ersten Mal einen Jahresumsatz von einer halben Million Euro einfährt. Als die Frage ansteht, ob man die Couch aus der Wohnküche verbannt, mietet die Kommune eine Lagerhalle an.

Gleichzeitig kommt es zum Strategiewechsel: Der Schwerpunkt verlagert sich von Neuware auf Gebrauchtware. Während mit DuMont Venture und Madsack Media Lab zwei weitere Investoren einsteigen, kauft Leuschners Team Oliver Samwer wieder raus – die strategischen Vorstellungen gehen zu weit auseinander. „Das war vermutlich das erste Mal, dass ein Samwer von den Gründern wieder rausgekauft wurde“, grinst der 29-jährige. Im Jahr 2009 wird aus Trade-a-game die An- und Verkaufsplattform reBuy. Die Umgestaltung des Geschäftsmodells vom Spiele-Tausch hin zur Inzahlungsnahme von Spielen und der Ausgabe von Bargeld ist laut Leuschner der größte Meilenstein des Unternehmens. Heute gehören drei Logistikhallen und 300 Mitarbeiter zum Betrieb, im März kommt eine 12.000 Quadratmeter große Logistikhalle in Berlin-Adlershof dazu.

Tiefpunkte: Drei Mal steht reBuy kurz vor der Insolvenz

Und wo geht es mit rebuy langfristig hin? „Wir wollen der größte Gebrauchtwaren-Händler der Welt werden!“ Der Jungunternehmer hatte schon immer große Ziele. Gelernt hat er vor allem von den Investoren und Business Angels, die ihn während der Jahre unterstützt haben: „Im Bereich Marketing hat mir zum Beispiel Oli Samwer viel beigebracht.“ Auf dem Weg nach oben gab es aber auch Tiefpunkte zu verschmerzen. „Zwischen 2006 und 2008 standen wir drei Mal kurz vor der Insolvenz. Da mussten wir einen kühlen Kopf bewahren, im Gründerteam zusammenhalten und kreative Lösungen finden.“ Sein Erfolgsgeheimnis sieht Leuschner in seiner Hartnäckigkeit begründet: Er und seine Mitgründer haben immer an sich geglaubt und sich nicht von externen Leuten beirren lassen, die meinten, dass man „unbedingt etwas mit Social Networks“ machen muss. Der Handel mit Hängematten scheint Leuschner ein gutes Näschen beschert zu haben.

Im Fokus: Weitere Porträts über Netzmenschen gibt es in unserem Special Gründer-Porträts

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