Machen Sie sich Ihren E-Mail-Posteingang untertan
Wer beherrscht eigentlich wen? Sie Ihr E-Mail-Posteingangsfach oder umgekehrt? Ich würde eine gute Flasche Rotwein verwetten, dass mindestens 80 Prozent aller Berufstätigen seufzend antworten: “Ist das eine ernstgemeinte Frage?!” oder weniger ironisch: “Manchmal hab ich das Gefühl, in der E-Mail-Flut zu ersticken.” Immer wieder ist der Stress, der durch überbordende E-Mail-Massen – und damit ist nicht der Spam gemeint – entsteht, Thema in Online-Medien und Blogs. Besonders lesenswert ist ein Interview mit dem Organisationspsychologen Roman Soucek bei heute.de. Aber, und jetzt kommt die gute Nachricht, man kann einiges dafür tun, um das Zepter in Sachen E-Mail-Flut wieder an sich zu nehmen:
Prinzipiell gibt es zwei grundsätzliche Herangehensweisen, um wieder den Überblick über den E-Mail-Eingang zu bekommen: Die Zauberwörter dazu heißen ‘verhindern‘ und ‘sortieren‘. Wer beides miteinander kombiniert, wird bald wieder zum Chef seines E-Mail-Programms.
Die Anzahl der hereinkommenden Mails reduzieren
Schon die Art, wie eine E-Mail verfasst ist, kann die Wahrscheinlichkeit, eine Antwort darauf zu provozieren, massiv senken. Sascha Lobo gibt in seinem nicht mehr taufrischen, dennoch aber hochaktuellen Artikel Die Kunst der Mailminimierung – Hermetisches Schreiben viele tolle Tipps, wie der Antworts-Drang der Empfänger reduziert werden kann. Trotz der burschikosen Schreibe sind die Tipps absolut ernst zu nehmen. Und wirksam.
Lobos Tipp, rigoros alle Newsletter abzubestellen, ist recht aufwendig. Denn längst nicht alle kann man mit einem Klick abbestellen. Oft braucht man die Zugangsdaten der dazugehörigen Plattform. Und mal ehrlich: Wissen Sie noch alle Nutzernamen und Passwörter jedes Newsletters, den Sie irgendwann mal bestellt haben? Eben. Dennoch, der Aufwand lohnt sich. Wer mal nachrechnt, wie viel Zeit er sonst mit Überfliegen und Löschen der Newsletter verbringt, wird dem erst recht zustimmen.
Wer nicht auf die Inhalte bestimmter durchaus lesenswerter Newsletter verzichten möchte: Die meisten Websites und Blogs stellen inzwischen RSS-Feeds zur Verfügung, die mit einem Feedreader abonniert werden können. So stehen die Inhalte immer noch auf Abruf bereit. Aber der Feedreader hat längst nicht einen solch starken ‘Lies mich! Jetzt!’-Aufforderungscharakter wie eine E-Mail.
Auch Google Alerts – ganz wichtig zum Beispiel für das Internet- und Social Web-Monitoring des eigenen Unternehmens – muss man längst nicht mehr per E-Mail abonnieren. Die Alerts können ebenso gut via RSS im Feedreader landen.
Trotz all dieser Verschlankungsmaßnahmen kommen natürlich immer noch eine Menge E-Mails herein. Aber auch die müssen nicht den Posteingangsordner verstopfen.
Hereinkommende E-Mails sortieren
Dazu gibt es unterschiedliche Methoden: Entweder läst man die hereinkommenden E-Mails gleich automatisch mittels erstellter Regeln des E-Mail -Programms in bestimmte Unterordner fließen. Zum Beispiel: ‘Verschiebe alle Mails von Absender ‘Netzwerk xy’ in den Ordner ‘Netzwerk xy” oder ‘Verschiebe alle Mails mit dem Text ‘Ihre Bestellung von yz wurde versandt’ im Betreff in den Ordner ‘yz’. Dann sind die meisten Mails gleich bestimmten Kunden, Projekten, buchhalterischen Aspekten… zugeordnet. In der Ordnerliste des E-Mail-Programms zeigt die Fettung ja an, in welchen Ordner neue Mails geflossen sind.
So läuft die Inbox nicht im Nullkommanichts voll. Diese automatische Zuordnung hat aber noch einen Vorteil: Schon während man auf den entsprechenden Ordner des Kunden ‘Müller’ klickt, weil man sieht, dass er eine neue E-Mail geschickt hat, schwingt sich das Gehirn auf diesen Kunden bzw. die laufenden Projekte mit ihm ein. So nimmt der Empfänger sehr viel schneller auf, was Herr ‘Müller’ schreibt und wann man wie reagieren sollte.
Eine andere Methode der E-Mail-Sortierung funktioniert nur manuell und folgt einem anderen Prinzip: Gemäß Inbox Zero – so hat es sein Erfinder Merlin Mann genannt – sortiert man seine E-Mails nicht Projekt- oder Kundenbezogen, sondern danach, wie weiter damit zu verfahren ist. Mann plädiert für diese 5 Ordner:
- Delete (Löschen)
- Delegate (Delegieren)
- Respond (Beantworten)
- Defer (Verschieben)
- Do (Aufgabe erledigen)
Mann ist der Überzeugung, dass man so aus seinen E-Mails gut funktionierende To Do- und Prioritäten-Listen basteln kann.
Und weil Sie nach dem Entrümpeln Ihres Posteingangs-Ordners jetzt so viel Zeit übrig haben, mögen Sie ja vielleicht ein Stündchen der gewonnenen Zeit investieren, um die Präsentation des Inbox Zero-Prinzips durch Merlin Mann selbst anzuschauen. Ist schon sehenswert.
Was bei dieser Vorgehensweise stört: Man muss sich jede E-Mail mehrfach angucken und sich damit auseinandersetzen. Erst muss man sie lesen, um zu entscheiden, in welchen Ordner sie soll. Dann müssen die meisten Mails noch einmal gelesen werden, wenn es ans Delegieren, Beantworten oder Erledigen der in der Mail beschriebenen Aufgabe geht. Die verschobenen Mails verschiebt man vielleicht noch einmal weiter in einen der anderen Ordner. Nach Erledigung von was auch immer fasst man dann jede E-Mail noch einmal an, um sie zu archivieren. Das erscheint viel Aufwand für jede einzelne E-Mail und klingt nicht gerade nach einer Arbeitserleichterung.
Zum Aufbewahren geschäftlicher E-Mails sind Unternehmer übrigens verpflichtet. Hilfreich bezüglich der Aufbewahrungsfristen ist der Artikel “Aufbewahrungsfristen für geschäftliche Emails” im Law-Blog – Teil 1 und Teil 2.
Foto: Agne Kveselyte
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