Gründer! „Ich habe meine Jugend genossen“ – Christian Wegner von momox
Jedes Wochenende tauscht Christian Wegner, Gründer von momox (www.momox.de), sein iPhone gegen ein altes Nokia-Handy ein. Eine seiner neuesten Maßnahmen, um am Wochenende nicht so viel zu arbeiten und weniger in Social Networks abzuhängen. Auch sonst kommen dem Betreiber der ersten deutschen Re-Commerce-Plattform gelegentlich lustige Ideen – wie zum Beispiel das spontane Löschen all seiner Xing-Kontakte. Achtung, dies kann unter Umständen auch seinen Facebook-Freunden bald blühen!
Auf die Idee zu momox kommt Wegner 2003, da hat er von Türen einfach die Nase voll. Sie selbst zu entwerfen hätte ihm vielleicht noch Spaß gemacht, sie zu verkaufen nicht. Also schmeißt er den Job bei einem großen Brandenburger Holzgroßhandels-Unternehmen hin – in der festen Überzeugung, in Berlin sofort einen neuen Job zu finden. Von den Absagen ist er überrascht, nach der fünften hat er keine Lust mehr. Eine Weile lang genießt er das Leben als „arbeitsloser Bewohner eines Friedrichshainer Slums“ und experimentiert ein bisschen mit verschiedenen Ideen, dann stößt er zufällig auf sein späteres Geschäftskonzept: Beim Schlendern durch den Multikulti-Bezirk Kreuzberg entdeckt Wegner bei einem türkischen Antiquar ein paar interessante Bücher, kauft sie und erhält bei Ebay den zehnfachen Preis dafür. So einfach Geld zu verdienen gefällt dem damals Mitte 20-Jährigen.
Der Anfang: Bücher offline ankaufen und bei Ebay verkaufen
Heute beschäftigt die Ankaufsplattform momox 420 Mitarbeiter, von denen allerdings „die meisten stehen müssen“: Der größte Arbeitsbereich ist die Logistik. Die Zeiten, in denen Wegner die angekauften Bücher unter seinem Bett verstauen und im Zimmer stapeln musste sind längst vorbei. Zu momox gehören mittlerweile zwei Logistikzentren mit insgesamt 26.000 qm² Lagerfläche. Was den heute Anfang Dreißigjährigen dahin brachte ist sein innerer Drang, Dinge zu vereinfachen. Nach dem Kreuzberg-Erlebnis wird es Wegner bald zu mühsam, Dinge offline anzukaufen. Also bringt er sich Programmieren bei und entwickelt ein Tool, das die Abwicklung erleichtern soll. Die Lizenz verkauft er auch an andere Händler, die sich dafür interessieren.
“Ich will nicht als verbitterter, alter Unternehmer enden”
Am Anfang macht Wegner alles alleine, was ihm nicht gerade leicht fällt. Einer der größten Momente ist, als er einen Freund als ersten Mitarbeiter einstellen kann. Der schwierigste Moment, als er ihn wieder nach Hause schicken muss. Heute ist für den jungen Unternehmer aus Fürstenwalde alles leichter: Um die Dinge, die ihm nicht liegen, kümmern sich andere. Wird er sich aus momox irgendwann rausziehen? „Ich will jedenfalls nicht als verbitterter, alter Unternehmer enden, der nicht loslassen kann.“ Auch in Bezug auf die zahlreichen Nachahmer zeigt sich Wegner gelassen: „Wir kümmern uns nicht so sehr darum, was die Konkurrenz macht, sondern ziehen einfach unser Ding durch. Noch ist unser Geschäft ein Wachstumsmarkt und kein Verdrängungsmarkt.“ Angst braucht das Team vorerst wirklich nicht zu haben: Im vergangenen Jahr machte momox 23 Millionen Euro Umsatz. Bisher verdoppelte sich der Umsatz von Jahr zu Jahr, auch in diesem Jahr sieht es danach aus.
Heute hat Wegner ganz andere Sorgen: Zum Beispiel wie er am Wochenende nicht in Arbeit oder den Sozialen Netzwerken versumpft sondern voll und ganz für die Familie da ist. Der Tausch von iPhone und altem Nokia-Handy soll dabei helfen. Das erste Wochenende lief gut, mehr kann Wegner noch nicht berichten. „Nur Siri vermisse ich ein bisschen“, schmunzelt er. Ansonsten gibt es nicht viel zu vermissen, denn außer den Social Networks nutzt der momox-Gründer nur sein E-Mailprogramm, wetter.com und die Taxi-App mytaxi. Und natürlich die momox-Statistiken. Weil bei solcher Web-Abstinenz ein Geschäftsnetzwerk wie Xing nicht sehr sinnvoll ist, hat er kürzlich einfach mal alle Xing-Kontakte gelöscht. Die Idee, dass dies unfreundlich wirken könnte, kam ihm nicht. Bei Facebook hat er auch probiert zu reduzieren aber nach dem fünften Kontakt aufgegeben. Wenn der nächste Anfall kommt, könnte es aber ganz schnell gehen – dann nicht sauer sein, es ist nicht persönlich gemeint.
Im Fokus: Weitere Porträts über Netzmenschen gibt es in unserem Special Gründer-Porträts
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