Lexikon: Letter of Intent (LOI)
In unserer Lexikon-Reihe publiziert Professor Dr. Tobias Kollmann, seit 2005 Inhaber des Lehrstuhls für BWL und Wirtschaftsinformatik – insbesondere E-Business und E-Entrepreneurship – an der Universität Duisburg-Essen, in regelmäßigen Abständen ein Stichwort aus dem von ihm herausgegebenen “Gabler Kompakt-Lexikon Unternehmensgründung“. Der jeweilige Lexikon-Eintrag beschreibt ein für Gründer relevantes Thema kurz und knapp. Heute geht es um den Begriff Letter of Intent (LOI), Absichtserklärung.
1. Begriff: Ein LOI ist eine unverbindliche Absichtserklärung zwischen zwei oder mehreren Vertragspartnern, in dem die Vertragsparteien bestätigen, dass sie in Verhandlungen über einen Vertragsabschluss stehen. Der LOI bildet i.d.R. die Grundlage für den anschließenden Vertrag. Er begründet keinerlei Rechtsansprüche.
2. Inhalte eines Letter of Intent: Am gebräuchlichsten ist der LOI im Zusammenhang mit dem Kauf und Verkauf von Unternehmen, Teilen von Unternehmen oder deren Assets sowie im Zusammenhang mit Beteiligungsverhandlungen bezüglich des Einstiegs neuer Investoren. Haben die Vertragsparteien im Zuge der Verhandlungen generelle Einigkeit über die Eckpunkte des Kaufgegenstandes sowie den Preis erlangt, formuliert der Käufer darauf basierend eine unverbindliche Absichtserklärung, die er unterzeichnet und dem Verkäufer vorlegt. Stimmt der Verkäufer dem Inhalt des LOI durch seine eigene Unterschrift zu, so willigen beide Parteien ein, in den Verhandlungen fortzufahren und sie durch einen Vertrag zum Abschluss zu bringen. Vor allem im angelsächsischen Raum ist es üblich, dass der Käufer nach der Unterzeichnung des LOI eine Anzahlung auf den Kaufpreis leistet, um so sein ernsthaftes Interesse zu bekunden. Mit der Anzahlung wird in den meisten Fällen eine „No-Shop“-Vereinbarung getroffen, die dem Verkäufer eine Strafe auferlegt, sollten die Verhandlungen aus einem Grund scheitern, den nicht der Käufer zu verantworten hat. So wird der Verkäufer gezwungen, während der vereinbarten Zeit ausschließlich mit dem Käufer Verhandlungen zu führen (Exklusivität der Verhandlung). Abgesehen davon ist die Unverbindlichkeit des LOI jedoch so zu verstehen, dass jede Partei zu jedem Zeitpunkt nach Ablauf der Exklusivität das Recht hat, die Verhandlungen abzubrechen. In diesem Fall wird die Anzahlung des Käufers zurückgezahlt. Der unterzeichnete LOI dient den Vertragsparteien als Nachweis der Ernsthaftigkeit der Verhandlungen gegenüber ihren jeweiligen Aktionären, Darlehensgebern und Entscheidungsgremien. Der Käufer beginnt nach der Einigung über den LOI mit seiner Due Diligence, in deren Zuge er auch mit den Anwälten, Steuerberatern, Wirtschaftsprüfern und Banken des Verkäufers spricht. Seine teilweise sehr hohen Investitionen in die Due Diligence sind durch die Vereinbarungen zur Exklusivität und die Regelungen zur Kostenübernahme beim Scheitern der Verhandlungen geschützt. Während der Käufer den Kaufgegenstand prüft, bereiten die Anwälte des Verkäufers den Kaufvertrag vor. Neben der Exklusivität kommt der sogenannten Verschwiegenheitsklausel im LOI die größte Bedeutung zu. Hierin vereinbaren die Parteien, über alle Informationen, die sie im Zuge der Verhandlungen und Due Diligence erhalten, strengstes Stillschweigen zu bewahren. Vor allem dann, wenn der Kaufinteressent ein Wettbewerber ist, gestaltet sich die Offenlegung von betriebswirtschaftlichen Kennzahlen wie Absatz, Umsatz, Herstellkosten und Preisgestaltung zu einer sensiblen Angelegenheit, weil der Verkäufer erst nach erfolgreichem Abschluss der Verhandlungen sicher sein kann, dass der Käufer nicht nur Industriespionage betreiben wollte. Dritter wichtiger Punkt im LOI sind die Vereinbarungen zum Timing: Die Vertragsparteien legen sich auf einen Zeitplan bis zum Abschluss des Kaufvertrages fest.
3. Multiple Letters of Intent: Nicht immer ist der LOI das Ergebnis von Verhandlungen. Treten bei einer M&A-Transaktion mehrere potenzielle Käufer auf, bei denen man von deren Interesse an einer Übernahme des zu kaufenden Unternehmens ausgehen kann, so ist es üblich, dass der beauftragte M&A-Berater ein kontrolliertes Bieterverfahren eröffnet. Dazu stellt er allen Bietern ein Paket an denselben Informationen zur Verfügung und fordert sie auf, bis zu einem bestimmten Termin ein unverbindliches Angebot in Form eines LOI abzugeben. Der Verkäufer erhält also LOI, ohne in signifikante Verhandlungen mit den Kaufinteressenten eingetreten zu sein. Gemeinsam mit dem M&A-Berater gilt es, die erhaltenen unverbindlichen Kaufangebote zu qualifizieren und sich schließlich für einen Kaufinteressenten zu entscheiden, mit dem die Verhandlungen intensiviert werden. Da ein LOI jedoch unverbindlich ist, machen Kaufinteressenten meist zu optimistische Angebote, die sie im Laufe der Verhandlungen schrittweise zurücknehmen. Deshalb ist es sinnvoll, die Bietersituation auch mit den anderen ernsthaft interessierten potenziellen Käufern aufrecht zu erhalten, soweit dies eine möglicherweise vereinbarte Exklusivität zulässt.
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