Fünfzehn Fragen an Nils Mahler von lingoking
Was bedeutet es Ihnen, Ihr eigener Chef zu sein?
Ich habe immer mit etwas Neid auf die Aussteiger geschaut, die man an den Stränden trifft und die jeden Tag surfen gehen können. Sie haben diese positive Ausstrahlung. Als Gründer kommt man diesem Lebensgefühl schon sehr nahe. Vielleicht auch, weil Gründer ebenfalls relativ oft baden gehen?
Bei welcher Gelegenheit kam Ihnen die Idee zu Ihrem Start-up?
Im Urlaub. Wir hatten auf Korsika eine Panne mit dem nagelneuen Mazda meiner Eltern, der nach 20 Minuten auf der Insel mit Totalschaden liegenblieb. Die Franzosen können (mit ein paar Ausnahmen) kein Englisch und unsere Versicherung wollte oder konnte uns auch nicht wirklich helfen. Also mussten wir mit unserem Schulfranzösisch alles selbst in die Hand nehmen (Ersatzwagen, Kommunikation mit der Werkstatt, Rücktransport des Autos etc.). Zurück in Deutschland überlegten wir uns, wie genial es gewesen wäre, wenn wir in dieser Situation einen Dolmetscher bei unseren Telefonaten gehabt hätten. So war die Idee geboren. Wobei wir schnell merkten, dass nicht nur Touristen, sondern vor allem Unternehmen bei internationalen Telefonkonferenzen großen Bedarf an unserer Dienstleistung haben.
Woher stammte das Kapital für Ihr Unternehmen?
Als Angestellte hatten wir ein wenig angespart. Das war aber schnell aufgebraucht. Ein Teil des Teams hat den Gründerzuschuss bezogen. Damit haben wir uns über Wasser gehalten, aber so richtig in Schwung brachte dieses Geld die Firma nicht. Also bauten wir unser eigenes Netzwerk auf und schlossen eine kleine Business-Angel Runde ab, der unter anderem die Gründer von amiando angehörten. Deren Unterstützung öffnet uns natürlich einige Türen und wir sind froh über die Starthilfe! Momentan befinden wir uns in Gesprächen für eine zweite, größere Finanzierungsrunde.
Was waren bei der Gründung Ihres Start-ups die größten Stolpersteine?
So viele gab es gar nicht, denn wir haben bisher einen ganz guten Lauf gehabt. Grundsätzlich stoßen wir mit unserer Plattform auf sehr großes Interesse. Für uns ist eher der Fokus ein Problem. Wir könnten mit unserer Plattform viele Kundensegmente ansprechen. Um alle zu erreichen, fehlen uns aber die Ressourcen. Momentan konzentrieren wir uns deshalb vor allem auf Unternehmen, die im Export tätig sind, und testen hier verschiedene Marketing- und Vertriebskanäle. Die größte Herausforderung dürfte sein, die richtigen Kanäle für die jeweiligen Kundensegmente zu finden.
Was würden Sie rückblickend in der Gründungsphase anders machen?
Vertriebskanäle intensiver vor dem Launch antesten und einen kleinen Kundenstamm aufbauen, bevor man mit der Plattform live geht.
Jedes Start-up muss bekannt werden. Welche Marketingspielart ist für Sie besonders wichtig?
Telefondolmetschen kennt keiner, die Vorteile sind aber schnell erklärt. Deshalb können wir in persönlichen Gesprächen am besten überzeugen. Wir setzen vor allem auf Dialogmarketing (Telemarketing, Email-Marketing). Auch Pressearbeit ist für uns ein wichtiges Instrument, vor allem weil sich unsere Zielgruppe gerne über “neutrale” Medien informiert, bevor sie einen Service in Anspruch nimmt. Spannend sind für uns aber auch Partner, die unsere Zielgruppe bereits ansprechen. Interessant sind wir für die wettbewerbsintensive Übersetzungsbranche. Wir bekommen Anfragen nicht nur aus Deutschland, sondern auch von Agenturen aus den USA, die unseren Service integrieren werden. Das alles hilft natürlich beim Aufbau von Reichweite.
Welche Person hat Sie bei der Gründung besonders unterstützt?
Viele Personen. Die Familie, Freunde und Bekannte. Das lässt sich nicht genau an einer Person festmachen. Ohne Unterstützung von außen wären wir heute auf keinen Fall da wo wir sind.
Welchen Tipp geben Sie anderen Gründern mit auf den Weg?
Such Dir eine Nische mit großem Optimierungsbedarf und Marktwachstum, dann kannst du nicht nur einen bestehenden Markt, sondern auch neue Kundensegmente ansprechen, für die der Service bzw. das Produkt bisher zu teuer, zu kompliziert oder nicht zugänglich waren.
Sie treffen den Bundeswirtschaftsminister – was würden Sie sich für den Gründungsstandort Deutschland von ihm wünschen?
Den Bundeswirtschaftsminister treffen wir tatsächlich im September. Wir sind bei DU2011 im Finale und im September findet hierzu eine Veranstaltung statt, zu der Herr Rösler auch eingeladen ist. Was wir uns von ihm wünschen? Steuersenkungen für Gründer wären angemessen ?
Wir haben am Gründungsstandort Deutschland eigentlich nichts zu meckern! Wer gründen will, ob als Student oder als ehemaliger Angestellter, kann auf zahlreiche Förderungsmöglichkeiten zurückgreifen, die wirklich gut sind. Das Einzige, was noch nicht so rund ist, ist der Fokus. Es wird noch sehr viel Wert auf das Thema Forschung und Entwicklung gelegt. Das Potential, das in Online-Plattformen steckt, wird häufig nicht erkannt.
Was würden Sie beruflich machen, wenn Sie kein Start-up gegründet hätten?
Dann würde ich auf jeden Fall im Start-up-Umfeld arbeiten. Bevor ich mit Timo Müller lingoking gegründet habe, waren wir ja beide bei einem anderen Start-up in München beschäftigt. Hier haben wir Blut geleckt. Zuvor habe ich als Student in diversen anderen Projekten gewerkelt und Dinge ausprobiert. Ein Angestelltenverhältnis in einem Konzern kommt für mich nicht in Frage. Ich glaube sowieso nicht daran, dass man jemals wieder „resozialisiert“ werden kann, wenn man einmal sein eigener Chef sein durfte.
Bei welchem deutschen Start-up würden Sie gerne mal Mäuschen spielen?
Bei “eBuero”. Wir sind dort selbst Kunde und begeistert vom hervorragenden Vertriebsteam und Service.
Sie dürften eine Zeitreise unternehmen: In welche Epoche reisen Sie?
Ich finde es im Hier und Jetzt gerade viel zu spannend um in eine andere Epoche zu reisen. Vielleicht würde ich kurz mal im Jahr 2015 vorbeischauen und spicken wie es mit lingoking läuft.
Sie haben eine Million Euro zur persönlichen Verfügung: Was machen Sie mit dem ganzen Geld?
Ein paar Wochen Urlaub und dann natürlich gewinnbringend in lingoking investieren. Einen kleinen Teil würde ich bei Seite legen, als Notgroschen. Und mir endlich einen VW-Bus leisten!
Wie verbringen Sie einen schönen Sonntag?
Mit Freunden in den Bergen oder am See. Hier bekommt man den Kopf wieder frei für die nächste Woche.
Mit wem würden Sie sich gerne einmal auf einen Kaffee oder ein Bier verabreden?
Mit Hanno von der Decken. Ich finde das tolingo-Team hat einen unglaublichen Start hingelegt, obwohl der Wettbewerb in diesem Umfeld (Übersetzungen) schon enorm war und auch heute immer mehr Player dazukommen die sich auf dem Markt versuchen.
Zur Person
Nils Mahler gründete im August 2010 zusammen mit Timo Müller, Christian Koch und Uno Colic die Telefondolmetsch-Plattform lingoking (www.lingoking.de). Alle Gründer lernten sich zuvor bei einem anderen Start-up in München kennen.