Kaffee-Startups: Schwarze Bohnen bringen den Öko-Trend in Schwung

Kaffee gehört vermutlich zu den allerletzten Genussmitteln, auf die Deutsche in Krisenzeiten verzichten würden. Kein Wunder also, dass immer mehr Kaffee-Start-ups die Szene bereichern. Das neueste, im Dezember 2010 eröffnete Unternehmen heißt coffeecircle (www.coffeecircle.com) und stammt von “Moritz, Robert und Martin”. Die drei setzen auf den Trend “Bio/Nachhaltigkeit” und bieten drei Gourmet-Kaffees aus Äthiopien an. Angeregt durch einen längeren Aufenthalt im Kaffee-Ursprungsland kombinieren sie ihr Geschäft mit direkter Aufbauhilfe vor Ort. Von jedem verkauften Kilo Kaffee geht ein Euro an eines von drei Projekten, das Kunden selbst auswählen dürfen.

Während zwei der drei Kaffeesorten bei coffeecircle bio-zertifiziert sind, zeigt sich beim dritten die Problematik des Siegel-Geschäfts: “Unser Limu-Kaffee wurde ebenfalls ohne den Einsatz von Pestiziden und chemischen Düngemitteln in Waldgärten angebaut. Die Kleinbauern haben diesen Anbau aus Kostengründen jedoch noch nicht zertifizieren lassen. Hieran arbeiten wir mit ihnen.” Wer das schwarze Pulver kosten will, bezahlt umgerechnet 2,60 Euro pro 100g. Dafür sind die Versandkosten von 2,95 Euro äußerst günstig.

Mit Coffeecircle geht es für die Kaffee-Start-ups nun in eine neue Runde, nachdem 2009 das Jahr der aufsprießenden Bohnen-Unternehmen war. Dabei zeigt sich, dass die neuesten Anbieter vom Mass Customization Trend abrücken und den Fokus – bis auf eine Ausnahme – auf die Themen Transparenz, Nachhaltigkeit und Projektarbeit in den Herkunftsländern setzen. Coffeecircle bringt diesen Aspekt im Namen zum Ausdruck: Es soll ein Kreislauf bestehen zwischen “hier” und “dort”, Konsumenten erhalten ihr beliebtes Luxusgut und geben Geld und Einsatz in das Kaffeeland zurück. Beim Wunsch nach Fairem Handel taucht dabei das Problem auf, dass sich nicht alle Anbieter die entsprechende Zertifizierung leisten können – ein Thema, das den Markt noch stark beschäftigen wird. Fest steht: Kein Produkt wird aktuell so stark mit dem Einsatz für fairen Handel verknüpft wie Kaffee. Insofern sind die aktuellen Kaffee-Start-ups mehr als eine nette Geschäftsidee: Sie sind Vorreiter für eine hoffnungsvoll stimmende Bewegung, die immer mehr um sich greift. Den Anfang machte – so weit ersichtlich – im Jahr 2007 das Münsteraner Start-up Sonntagmorgen.com.

Keine “braune Einheitsbrühe”

Die Geschichte von Sonntagmorgen.com (www.sonntagmorgen.com) beginnt damit, dass die studentischen Gründer Till Achinger und Tamer El-Hawari “die braune Einheitsbrühe aus dem Supermarkt satt sind” und Ende 2007 mit ihrem Mass Customization-Produkt online gehen. Auf der Plattform stellen sich Nutzer aus verschiedenen Kaffeesorten ihre Lieblingsmischung zusammen und ergänzen sie je nach Wunsch mit Aromen wie Zimt, Himbeer oder Macadamia. Das Duo bezeugt die Nachhaltigkeit aller Produkte und legt die Herkunft der Sorten in Texten und Videos nach. Wer auf entsprechende Zertifikate hofft, findet diese aber nicht. Bei Sonntagmorgen.com kostet der Kaffee im Schnitt 2,50 Euro pro 100g. Der Geschmack wird jeweils sehr anschaulich beschrieben. Zusätzlich bieten die Münsteraner Kaffee-Zubehör und die drei Probierpakete “große Weltreise”, “blumige Weltreise” und “würzige Weltreise” an – eine tolle Ergänzung. Auch die Wissensrubrik bietet Interessantes, zum Beispiel wie man einen leckeren Eiskaffee zubereitet oder Kaffee am besten mahlt. Die Versandkosten liegen mit 3,90 Euro im Durchschnitt.

Für Nachteulen und Kaffeetanten: mybeans

Im Herbst 2009 geht mit mybeans (www.mybeans.com) ein niederbayrisches Kaffee-Unternehmen an den Start, bei dem sich Nutzer ebenfalls ihre persönliche Kaffeemischung zusammenstellen können. Zur Auswahl stehen zehn Bohnensorten aus unterschiedlichsten Herkunftsländern. Toller Service: Kunden können zwischen sechs verschiedenen Mahlgraden wählen. Die Geschmacksbeschreibungen sind detailliert und beziehen sich wie bei Sonntagmorgen.com auf die Kategorien Aroma, Körper und Säure. Im Hausmarken-Shop führt das Team sechs Kaffeemischungen, die sich auf bestimmte Charaktereigenschaften beziehen: Für Nachtaktive gibt es die Mischung “Nachteule”, unterhaltsame Menschen bestellen eher “Kaffeetante”. Wer alles durchprobieren möchte, greift auf das Probierpaket zurück. Darüber hinaus hat sich mybeans dem Thema Nachhaltigkeit verschrieben und zeigt bei allen Bohnensorten entsprechende Zertifizierungen an. Viele weiterführende Informationen gibt es zu den einzelnen Kaffee-Farmern, ihren Begleitumständen und sozialen Projekten. Daneben runden Infos zu Kaffee-Begriffen und länderspezifischen Kaffee-Spezialitäten das Angebot ab. Trotz des starken Bezugs zu Nachhaltigkeit ist der Kaffee im Vergleich zu seinen Kaffee-Mitstreitern günstig. Zum Teil kosten 100 Gramm weniger als zwei Euro. Der Versand des von Christian Hartl, Thomas Wellnhofer, Oliver Hübner und Birgit Müller geführten Start-ups ist mit 3,90 Euro fair.

Etwa zur selben Zeit geht in Passau ein Kaffee-Shopping-Club online. Die Black Pirate Coffee Crew (www.bpcc.de) vertickt schwarzes Gold und kommt in Seeräuber-Optik mit Schiffsplanken, Totenkopf-Emblem und Schatzkiste als Warenkorb daher. Hinter den Freibeutern stecken die Schwestern Carolin Maras und Annika Poloczek, die mit ihrem Konzept kleine Röstereien und Manufakturen unterstützen wollen. Transparenz wird groß geschrieben: Das Team legt die Herkunft aller Bio-Hausmarken-Sorten offen dar. Clubmitglieder genießen den Vorzug, dass die Crew ihnen exklusiv alle vier Wochen neue Kaffee-Spezialitäten kleiner Röstereien vorstellt. Die Mitglieder entscheiden mit darüber, was ins Sortiment aufgenommen wird und was nicht. Ein angeschlossener Shop führt neben Kaffee viel Zubehör wie Bio-Zucker, Kekse, Kaffee-Geschenksets, Kaffeemühlen und Wasserfilter. Auch die Rubrik Kaffeewissen überzeugt mit Informationen zur Kaffee-Zubereitung, einem Lexikon und Nutzertipps zu den besten Cafés. Die schwarz verpackten Club-Kaffeesorten kosten ab 2,16 Euro pro 100 Gramm. Der Versand liegt bei 3,90 Euro.

Das Logo erinnert stark an Starbucks

Der Name ist Programm: Das Hamburger Start-up happy coffee (www.happycoffee.org) verkauft nachhaltig produzierten Kaffee, der alle Beteiligten glücklich machen soll. Nur das Logo erinnert zu stark an Starbucks. Neben weltweiten Anbietern (Verlinkung auf andere Shops), die allesamt bio- und fairtrade-zertifiziert sind, führt Gründer Christian Häfner im hauseigenen Shop Arabica-Bohnen aus Papua Neuguinea, die von Mitgliedern der Partnerorganisation Highland Organic Agriculture Cooperative Ltd. (HOAC) geerntet werden. Das Projekt und die Begleitumstände werden auf der Seite anschaulich präsentiert. Überhaupt setzt happy coffee einen Fokus auf Hintergrundinfos zum Thema “fairer Handel”, die in regelmäßigen Blogeinträgen auf der Startseite auftauchen. Dort wird zum Beispiel über den Siegelwald und die Messbarkeit von Kaffeequalität berichtet. Die Seite steckt voller Herzblut für Aspekte der Nachhaltigkeit. Preislich sind die Papua Neuguinea-Kaffeebohnen mit umgerechnet 1,70 Euro pro 100 Gramm erschwinglich. Auch die zertifizierten Kaffees aus anderen Shops, auf die verlinkt wird, sind mit Preisen zwischen 1,30 Euro und 1,50 Euro vergleichsweise günstig. Dafür sind die Versandkosten je nach Anbieter unterschiedlich und zum Teil recht hoch.

Aus Berlin stammt der von Ariel Levin und Michael Flingelli gegründete Drag&Drop-Kaffeeshop Mykona (www.mykona.de). Wie der Name kommt auch das Design ohne typisches Kaffee-Flair aus. Statt dessen schlichtes Weiß, auf dem die bunt verpackten Kaffeesorten aus elf Ländern gut zur Geltung kommen. Die Idee kam Flingelli während seines Zivieldienstes auf Hawaii, als er nebenbei auf verschiedenen Kaffeefarmen arbeitete. “Arabica”-Fans kommen voll auf ihre Kosten, da alle angebotenen Bohnen zu 100 % Arabica-Bohnen sind. Bei Mykona stehen Geschmack und modernes Verpackungsdesign im Vordergrund. Zu jeder Kaffeesorte gibt es lustige bis interessante Hintergründe zu lesen, zum Beispiel dass die Sorte Hawaii Kona von den NASA-Astronauten getrunken und im Weißen Haus ausgeschenkt wird – zum stolzen Preis von 7,96 Euro pro 100 Gramm! Themen wie biologischer Anbau und Nachhaltigkeit finden hingegen keine Berücksichtigung. Viele der Angebote kosten 2,50 Euro pro 100 Gramm, manches auch darüber. Der Versand liegt einheitlich bei 3,90 Euro.

Auch wenn also nicht alle Anbieter auf die grüne Welle aufspringen und die Kaffee-Start-ups niemals einen Millionenexit hinlegen werden: Der Siegeszug von fair gehandeltem Kaffee ist dank der vielen Start-ups nicht mehr aufzuhalten. Schön ist, dass sich die Themen Nachhaltigkeit und Modernität dabei nicht ausschließen. Alle Anbieter überzeugen mit frischem Outfit und netten Details wie Hintergrundinfos, Probierpaketen und Kaffeezubehör. Somit besteht die Hoffnung, dass der Trend “fair gehandelter Kaffee” auch sämtliche anderen Lebensbereiche einnehmen wird. Mit Shops wie Avocado Store (www.avocadostore.de) und ModeafFAIRe (www.modeaffaire.de) geht die Entwicklung in eine gute Richtung.

Foto: Josef Türk Jun. / pixelio.de

Hausbesuch bei der Black Pirate Coffee Crew

In einem kleinen Hinterhof in der Passauer Innenstadt hat die Black Pirate Coffee Crew, ein Online-Shop und Shopping-Club für Kaffeefreunde, ihren Unterschlupf. Einige Eindrücke der Black Pirate Coffee Crew in unserer Fotogalerie.

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