“Unsere Strategie ist Qualitätsführerschaft und Langfristigkeit” – Miriam Wohlfarth von RatePay im Interview
Bisher gelten Ratenkredite als Stiefkind im E-Commerce. Start-ups wie RatePay (www.ratepay.de) wollen Händlern das Thema nun schmackhaft machen. Im Interview mit deutsche-startups.de spricht Mitgründerin Miriam Wohlfarth über Ausfallrisiken, Bonitätsprüfungen und Schrankwände.
RatePay bietet Shopbetreibern einen Ausfallschutz für den Ratenkauf an. Das Thema Ratenzahlung ist im Webgeschäft ein noch größeres Stiefkind als der Kauf auf Rechnung. Woran liegt das?
Es sind zwei Punkte, warum die Ratenzahlung im Internet noch in den Kinderschuhen steckt. Zum einen gibt es bisher so gut wie keine Lösungen für diese Zahlungsform. Zum anderen bieten die meisten Shop-Betreiber die Ratenzahlung nicht an, weil sie Angst haben, dass sie nach dem Versand der Ware das Geld dann doch nicht bekommen und weil Ihre Liquidität stark eingeschränkt wird.
Weshalb sind Sie davon überzeugt, dass Ratenzahlung im Internet dennoch ein zukunftsfähiges Modell ist?
Studien haben gezeigt, dass Kunden vermehrt den Kauf auf Raten verlangen. Zurzeit können sie aber nur in rund acht Prozent der bundesweit über 50.000 Online-Shops per Raten zahlen. Die hohe Response von Webshops allein auf die Ankündigung von Ratepay, diese Zahlart anzubieten, zeigt, dass über 150 Händler nun auf die Wünsche Ihrer Kunden eingehen möchten.
Wie sieht die Lösung aus, die Sie den Shopbetreibern anbieten?
Wir helfen dem Händler in dreierlei Hinsicht: Zum einen erhöhen wir mit der Ratenzahlung den Umsatz des Online-Shops. Der Shop gewinnt mit der Ratenzahlung vor allem Neukunden, die vorher gar nicht gekauft hätten. Zum anderen kümmern wir uns um die komplette Zahlungsabwicklung und arbeiten im Bereich Risikomanagement mit den größten Anbietern wie Schufa, Bürgel und EOS Information Services zusammen. Zusätzlich – und das ist für viele Shopbetreiber der springende Punkt – übernimmt Ratepay komplett das Ausfallrisiko. Der Händler erhält sein Geld von uns sofort und muss sich nicht auf die Ratenzahlung des Kunden verlassen.
Und wie funktioniert die Ratenzahlung im Internet konkret?
Die Ratenzahlung steht für den Kunden direkt während des Bestellvorgangs ohne Medienbruch zur Verfügung, denn auf das umständliche Post-Ident-Verfahren wird verzichtet. So muss er sich nirgendwo zusätzlich anmelden oder Mitglied werden. Schon während des Bestellvorgangs des Käufers im Internet wird unsere Echtzeit-Bonitätsprüfung durchgeführt. Da wird in einem Punkte-System das Ausfallrisiko bewertet. Der Händler kann selbst bestimmen, wie hoch oder niedrig das eingestellt wird. Der Betrag, den der Händler dann an uns bezahlt, bemisst sich an diesen Parametern.
Stichwort Ausfallrisiko: Welche Marktsegmente sind nach Ihrer Einschätzung besonders ausfallgefährdet und warum?
Zu dieser “Risikogruppe” zählen auf jeden Fall Elektronikartikel, denn hier wird mit aufwändiger Werbung besonders ein junges Publikum angesprochen, dem oft die Liquidität fehlt. Hinzu kommt, dass die Waren schnell unter der Hand weiterverkauft werden können, bei einer Schrankwand ist dies beispielsweise nicht so einfach. In anderen Branchen bietet Ratepay die Ratenzahlung auch gar nicht an, wie bei Urlaubsreisen, da hier nach dem Urlaub der Gegenstandswert fehlt.
Ratenzahlung hat auch eine moralische Komponente. Werden sich die Verschuldungen durch Kredite im Onlinegeschäft nicht signifikant erhöhen?
Wir möchten natürlich nicht, dass sich der Käufer mit der Ratenzahlung verschuldet, weil ihm die Kosten nicht klar sind, die auf ihn zukommen. Deshalb bieten wir dem Kunden auf der Seite des Shop-Betreibers einen Ratenkalkulator an, der die genaue Zins- und Tilgungsbelastung aufzeigt, die der Kunde monatlich zu leisten hat und es gibt keinerlei versteckte Kosten – wie zum Beispiel Kontoführungsgebühren etc. Zusätzlich verhindert die Echtzeit-Bonitätsprüfung, dass Menschen, die bereits verschuldet sind, sich noch mehr Raten auflasten. Allerdings liegt es letztlich in der Hand des Kunden mit geeigneter Bonität, ob er sich für den Kauf entschließt oder nicht.
Ratepay arbeitet mit der Otto Group zusammen, die über EOS als strategischer Investor an Ihrem Unternehmen beteiligt ist. Welche Synergieeffekte und Learnings aus dem Versandhandel können Sie nutzen?
Wir profitieren sehr stark von der langjährigen Erfahrung von Otto, insbesondere im Bereich der Betrugsbekämpfung und des Risikomanagements. Wir nutzen die Spezialisten von Otto als Sparring Partner um unsere Prozesse an die Bedürfnisse von E-Commerce Unternehmen und Versandhändlern optimal anzupassen.
Mit welchen Kosten müssen Shopbetreiber bei der Nutzung von Ratepay rechnen?
Das ist so pauschal gar nicht zu beantworten. So hängt zum Beispiel der Preis unserer Leistung vom Warensegment des Händlers ab: Bei Elektronikanbietern ist die Ausfallquote deutlich höher als beispielsweise bei Möbeln oder Gartengeräten. Als Richtwert kann man sagen, dass sich das in einer Bandbreite in Höhe von 3,5 bis 7 Prozent des Warenwertes bewegt.
Seit dem BillmeLater-Exit an Ebay boomt in Deutschland der Markt im Bereich Bezahlsysteme. Welchen Mitbewerber sehen Sie als Ihren größten Konkurrenten an?
Derzeit sehe ich Klarna und Billpay als Mittbewerber. Der Markt ist groß genug und es könnte nie nur einen geben.
Mit welcher Strategie wollen Sie sich gegen diesen und andere Mitbewerber längerfristig durchsetzen?
Qualitätsführerschaft und Langfristigkeit. Unser Geschäftsmodell ist nicht der schnelle Exit. Wir wollen also nicht Kasse machen, sondern in diesem Bereich etwas bewegen.
Was waren die größten Stolpersteine beim Firmenaufbau?
Der Internetzugang in einem Berliner Altbau Büro.
Wie viele Mitarbeiter sorgen eigentlich für den reibungslosen Ablauf bei RatePay?
In unserem Unternehmen sind zurzeit 17 Personen beschäftig. Davon sind derzeit 4 in den Bereichen Kundenservice direkt als Ansprechpartner für die Kunden verantwortlich.
Wo sehen Sie ihr Unternehmen in einem Jahr?
Als einer der führenden Anbieter im Markt.
Gibt es Tipps, die Sie Start-ups im Bereich E-Commerce mit auf den Weg geben können?
Aus eigener Erfahrung sehe ich folgende Punkte für die wichtigsten Aufgaben und Parameter an, um ein Start-up erfolgreich zu machen: Die Personalstruktur muss stimmen, also eine gute Mischung von seriösen, kreativen, jungen und erfahrenen Mitarbeitern. Nicht vor lauter Langzeitplänen und Strategien das operative Geschäft vergessen und die Nachhaltigkeit des Geschäftsmodells im Blick behalten. Vor lauter Begeisterung vergessen manche das Controlling und stellen oft zu spät fest, dass wesentliche Arbeitsschritte nicht erfolgreich umgesetzt wurden, obwohl sie für das Geschäftsmodell überlebenswichtig sind. Die letzten drei Tipps sind leicht zu beschreiben und oft schwer umzusetzen: 1. Fokussieren und Prioritäten setzen. 2. Das Thema Payment wichtig nehmen. 3.Die Liquidität nicht aus den Augen verlieren.
Zur Person
Miriam Wohlfarth (40) hat das Unternehmen Ratepay (www.ratepay.de) im Dezember 2009 mitgegründet und ist dessen geschäftsführende Gesellschafterin. Die Mutter einer Tochter bringt über zehn Jahre Erfahrung im Online-Payment und Kreditkarten-Acquiring mit und war zuletzt Deutschland-Chefin des international agierenden Payment-Service-Providers Ogone. Davor baute sie für die Royal Bank of Scotland (RBS) und deren Payment-Services-Tochter Bibit in Deutschland das Geschäft im elektronischen Zahlungsverkehr maßgeblich mit auf. Bei Ratepay ist Wohlfarth für Marketing und Vertrieb verantwortlich. An der Gründung von Ratepay war auch Founders Link, ein Unternehmen von Oliver Beste und Fabian Hansmann, beteiligt. Die EOS Gruppe hält als strategischer Investor 51 % der RatePay-Anteile.