„Es gibt in Deutschland viele sehr erfolgreiche, sehr innovative Firmen“ – Sonali de Rycker und Harry Nelis von Accel im Interview
Der namhafte Risikokapitalgeber Accel Partners, der beispielsweise bei Facebook, Groupon, Admob, Dapper, Playfisch und etsy investierte, baut sein Engagement in Deutschland aus und will heimische Unternehmen bei ihren Expansionsplänen ins Ausland unterstützen. Im Interview mit deutsche-startups.de sprechen Sonali de Rycker und Harry Nelis, Partner bei Accel Partners in London, über die Start-up-Kultur in Berlin, Copycats und die wenig ausgeprägten globalen Ambitionen von deutschen Gründern.
Accel Partners ist in Deutschland bisher kaum aktiv, abgesehen von Check24, Gameforge und Spreadshirt. Nun zeigt Accel mit einem Networking Dinner erstmals Flagge in Deutschland. Was sind die weiteren Planungen für den deutschen Markt?
Harry Nelis: Wir wollen unsere Präsenz in Deutschland verstärken. Wir sehen hervorragende Unternehmen und Unternehmer in Deutschland. Getrieben durch bessere Seed-Finanzierungsmöglichkeiten und durch eine erfahrenere Unternehmergeneration, die ihr Wissen weiter gibt. Zudem scheint in Berlin zumindest im Ansatz ein Cluster bzw. eine Start-up-Kultur zu entstehen.
Wie genau wollen Sie ihre „Präsenz in Deutschland verstärken“?
Sonali de Rycker: Beispielswiese durch das bereits erwähnte Networking Dinner in Berlin. Zudem haben wir unser Team mit Adam Valkin und Sven Schmidt als Venture Partner verstärkt. Wir werden desweiteren auch Frühphasen-Investments in Deutschland tätigen.
Was heißt das konkret? Seed-Investments?
De Rycker: Accel macht wie im Fall von Playfish auch Seed-Investments. Der Fokus liegt jedoch eher auf Series A-Investments.
Nach welchen Kriterien und in welcher Größenordnung investiert Accel?
Nelis: Unabhängig davon, ob es sich um ein Investment in einer frühen oder in einer späten Phase handelt, wollen wir in Gründer und Unternehmen mit sehr viel Potential investieren. Hierzu bedarf es entweder der Adressierung eines sehr großen Marktes wie im Fall von Check24 oder der internationalen Expansion. In Deutschland sind sowohl Investments in einer Größenordnung im sechsstelligen Bereich, aber auch im zweistelligen Millionenbereich vorstellbar.
Warum sind bisher so wenig Unternehmen aus Deutschland im Portfolio von Accel, haben deutsche Start-up nicht genug Potenzial oder wird der deutsche Markt zu sehr von Copycats bestimmt?
Nelis: Mit Check24, Gameforge und Spreadshirt haben wir bisher nicht sehr viele, dafür aber sehr erfolgreiche Investments in Deutschland. Diese zeigen, dass in Deutschland – insbesondere im Fall von Gameforge Weltmarktführer – entstehen können.
Die Copycats sind also nicht das Problem?
De Rycker: Nein, es gibt in Deutschland viele sehr erfolgreiche, sehr innovative Technologiefirmen. Im Online-Gaming sind deutsche Firmen mitführend. Allerdings sind manche sehr erfolgreiche deutsche Unternehmen nicht so präsent wie vergleichbare angelsächsische Firmen. Teilweise ist das auf einen Fokus auf den Heimatmarkt zurückzuführen, globale Ambitionen sind dabei nicht immer ausgeprägt.
Seit dem Verkauf von CityDeal an Groupon wird in Deutschland wieder sehr viel über Copycats geredet. Was ist ihre Meinung zu dem Thema?
De Rycker: Klone sehen wir weltweit, in Deutschland nicht mehr als in anderen Ländern. Das ist nicht verwunderlich. Erfolgreiche Geschäftsmodelle haben schon immer als Vorlage gedient – lange vor dem Internet. Das Vorgehen führt zu Wettbewerb, Effizienz und weiter Innovation, davon profitiert der Konsument und davon lebt eine Volkswirtschaft. Die heutige Informationsgesellschaft führt zu globaler Transparenz und beschleunigt diese Vorgänge. Für Gründer heißt das, dass sie schnell global agieren müssen. Dabei wollen wir sie unterstützen.
Und die Groupon-Klone ärgern Sie nicht? Immerhin haben sie in Groupon investiert.
Nelis: Erfolg lockt Wettbewerber an. Das war immer so, ist so und wird immer so sein. Es gibt auch sehr viele neue Unternehmen im Bereich Browser-Spiele. Dazu hat der Erfolg von Gameforge sicherlich beigetragen. Und ein Klon ist nicht automatisch ein Erfolg, dazu gehört meistens auch exzellente Exekution.
Sie haben bereits darauf hingewiesen, dass die wenigsten deutschen Startupper globale Ambitionen hätten. Warum fokussieren sich die meisten deutschen Gründer auf den Heimatmarkt?
Nelis: Der Hauptgrund ist sicherlich, dass der deutsche Markt der größte in Europa ist. Er erlaubt es, als Unternehmer auch mit einem Fokus auf den Heimatmarkt erfolgreich zu sein. Israelische Unternehmer hingegen sind gezwungen, sich global zu orientieren. Und amerikanische Gründer haben den Vorteil eines homogenen, kaufkräftigen Heimatmarktes von über 300 Millionen Einwohnern. Dies trägt natürlich auch zu anderen Finanzierungsmöglichkeiten bei. Aber wie bereits erwähnt, wollen wir Gründer dabei unterstützen, global zu agieren.
Zum Abschluss – welche Segmente finden Sie besonders spannend?
Nelis: Check24 und Kajak zeigen, wie attraktiv Vertical Search sein kann. Hier sehen wir noch starke Wachstumsperspektiven. Desweiteren sind die verschiedenen Entwicklungen im E-Commerce sehr spannend. Und durch die rasante Verbreitung von iPhone, Android etc. erwarten wir, dass viele spannende Firmen im mobilen Segment entstehen. Wobei sich hier auch neue Wachstumsperspektiven für etablierte Firmen ergeben.
Zu den Personen
Sonali De Rycker ist Partnerin im Londoner Büro von Accel Partners. Sie ist unter anderem Board Mitglied bei KupiVIP, Wonga und Seatwave. Vor ihrer Zeit bei Accel war De Rycker Partnerin bei Atlas Venture in London und Investment Bankerin bei Goldman Sachs in New York. De Rycker ist Absolventin der Harvard Business School.
Harry Nelis ist ebenfalls Partner im Londoner Büro von Accel Partners. Er ist unter anderem verantwortlich für die Portfolio Firmen Check24, Gameforge und Kayak. Zuvor war Nelis bei Perry Capital, Goldman Sachs, Hewlett-Packard tätig und gründete zudem E-motion. Nelis ist Absolvent der Harvard Business School und hat einen PhD in Elektrotechnik.
Artikel zum Thema
* Millionenschwerer Exit: Groupon schluckt deutschen Klon CityDeal
* Check24 übernimmt Travel IQ – Medienhaus Burda verkauft Anteile
* 10 Millionen Euro für Spreadshirt
* Accel steigt bei Gameforge ein