Sarik Weber und Jochen Maaß starten Inkubator Hanse Ventures
Tausendsassa Sarik Weber muss man in der deutschen Gründerszene niemandem mehr vorstellen. Seit dem Verkauf des Handy-Softwareanbieters Cellity an Nokia war Weber beim Mobilfunkunternehmen aktiv. Ende April hat er Nokia offiziell verlassen. Schon vorher machte er sich intensiv Gedanken über seine Zukunft, daneben stemmte er noch den Green Venture Summit, der in der vergangenen Woche in Berlin stattfand. Schon dort machte er erste Andeutungen über sein neues Start-up. Am gestrigen Montag ließ er die Katze endlich aus dem Sack. Gemeinsam mit artaxo-Gründer Jochen Maaß gründet er Hanse Ventures. Wie das zweite Wort verrät, handelt es sich dabei nicht um ein richtiges Start-up, sondern um eine Beteiligungsgesellschaft. Im Interview mit unserem Partner VentureTV (siehe unten) nennt Weber Hanse Ventures “eine Art Internet-Holding, eine Art Gründerzentrum”. Im weitesten Sinne geht es somit um einen Inkubator. Zum gemeinsamen Engagement in Sachen Hanse Ventures passt, dass Weber erst Ende April in “maßgeblicher Größenordnung” bei artaxo eingestiegen ist.
Die beiden erfahrenen Internet-Macher wollen jungen Gründern mit Hanse Ventures “eine Full-Service-Infrastruktur von Design, Programmierung und Online-Marketing-Spezialisten bis zu Büroräumen und administrativer Unterstützung” bieten. Einen Coup haben Weber und Maaß mit ihren beiden Partner gelandet. Bei Hanse Ventures sind auch Bernd Kundrun, langjähriger Vorstandsvorsitzender von Gruner + Jahr und Rolf Schmidt-Holtz, derzeit Vorstandschef von Sony Music Entertainment, an Bord. Die “renommierten Persönlichkeiten” sollen sich vor allem “im strategischen Bereich engagieren”. Über gute Kontakte dürften beide verfügen. Kundrun hält laut “Manager Magazin” über seine Beteiligungsgellschaft Start 2 Ventures bereits Beteiligungen am Technikdienstleister Teveo, am Schülernetzwerk Spickmich und an der Trayas Investments AG in der Schweiz. “Daneben ist Kundrun weiterhin engagiert bei der Berliner Spendenplattform Betterplace.org, die er mit einer Million Euro gefördert hat und zu deren größten Gesellschaftern er gehört”, schreibt das Blatt weiter.
Acht direkte Beteiligungen
Hanse Ventures ist nach eigenen Angaben “mit soliden finanziellen Mitteln ausgestattet” und geht mit acht direkten Beteiligungen an den Start. Zum Beteiligungsmodus von Hanse Ventures gehört, dass die früheren Bertelsmann-Manager nicht nur über die gemeinsam gestartete neue Investmentgesellschaft investieren, sondern zusätzlich separat. Von den bisher getätigten Beteiligungen sind Carmio (www.carmio.de), ein Autoteile-Preisvergleich, und der Hochzeitsvorbereitungsdienst HochzeitsPlaza (www.hochzeitsplaza.de) öffentlich bekannt. Bei Carmio lohnt sich ein Blick auf die Gründer: Die Carmio Internet GmbH wurde Anfang dieses Jahres von Nikolai Roth und Cord-Christian Nitzsche gegründet. Roth war zuletzt als Vice President Sales beim gestrauchelten Start-up weblin aktiv, Nitzsche (ehemals Behrens) gehörte zum Gründerteam des Karaoke-Dienstes Mikestar. Das Konzept von Carmio erinnert an den Ersatzteile-Marktplatz daparto (www.daparto.de), welcher 2007 von Stefan Friemel und Christian Koeper gegründet wurde. HochzeitsPlaza wiederum konkurriert mit unzähligen Hochzeitsseiten im Netz. Die Hochzeitsplattform wird von Nikolaus Zacher, ehemals Boston Consulting Group, geführt. Beide Plattformen zeigen, wohin die Reise bei Hanse Ventures gehen soll, das Gründerzentrum will vor allem Nischenthemen vorantreiben. In den nächsten drei Jahren sollen mindestens sechs bis acht Start-ups pro Jahr finanzielle Unterstützung erhalten.
Um einige weitere, bereits aktive, Investments aufzudecken, muss man keine Raketenwissenschaft studiert haben. Am Sitz von Hanse Ventures im Herzen Hamburgs residieren noch einige andere junge Unternehmen. Zunächst wäre Captain Travel (www.captaintravel.de) zu nennen. Im Handelsregister heißt es unter Geschäftsgegenstand: “Die Entwicklung und der Betrieb von Internetseiten zur Vermittlung, Organisation oder Vermarktung von Reisen”. Geschäftsführer des jungen Unternehmens sind Julian Jünemann und Florian Rudolph. Wie deutsche-startups.de in Erfahrung bringen konnte, hört das erste Projekt von Captain Travel auf den Namen 1000kreuzfahrten (www.1000kreuzfahrten.de). Dahinter verbirgt sich jedoch – anders als von etlichen Marktbeobachtern angenommen – kein geschlossener Reiseclub, sondern ein Infodienst rund um das Thema Kreuzfahrten – samt angeschlossenem Reisebüro. Kreuzfahrtanbieter erhalten bei 1000kreuzfahrten die Möglichkeit, sich ausführlich zu präsentieren. Später sollen rund um 1000kreuzfahrten weitere Spezialdienste zu einzelnen Reisethemen entstehen.
Das nächste Start-up aus dem Hause Hanse Ventures heißt TopTranslation (www.toptranslation.com). Dabei handelt es sich um ein Übersetzungsbüro, welches von Anh Tu Sam und Houman Gieleky aus der Taufe gehoben wurde. Beide gehörten bereits zum Gründerteam des Speed-Dating-Dienstes zweiDabei (www.zweidabei.de). Ein Vorbild für TopTranslation dürfte tolingo (www.tolingo.de) sein. Das Hamburger Start-up legte in den vergangenen zwei Jahren ein ordentliches Wachstum aufs Parkett. Die studierten Wirtschafsinformatiker starten TopTranslation gleich in mehreren Sprachen: So gibt es neben der deutschen bereits eine englische, spanische und chinesische Version.
Offline umarmt online: Die Hanse Ventures-Macher Bernd Kundrun, Jochen Maaß, Sarik Weber, Rolf Schmidt-Holtz. (v.l.n.r.):
“Gründer können mit uns zusammen Erfolge realisieren, die sie als Einzelkämpfer nur sehr schwer erreichen können“, sagt Weber. Wichtig ist ihm dabei eine Win-Win-Situation: “Wir wollen Gründer fair behandeln und nicht diejenigen, die über wenig Geld verfügen, wie Angestellte behandeln”. In einem Präsentationsvideo (siehe oben) nennt der ehemalige Xing-Mitarbeiter fünf Punkte, die ihm und seinen Mitstreitern wichtig sind: Talente, Ideen, Ressourcen, Netzwerk und Werte. Im weitesten Sinne gehört zum Hanse Ventures-Team auch André Vollbracht von VentureTV. Er unterstützt die Mannschaft als freier Mitarbeiter in Sachen Videoproduktion, soll aber kein verlängerter Arm der Beteiligungsgesellschaft sein. Weber und Co. haben ein rundes Paket geschnürt, welches eine echte Bereicherung für die deutsche Gründerszene werden könnte.
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