Gründerinnen. “Flexibel” und “unabhängig” – Calina Fontanesi und Carina Runge-Mathis von mamiweb

Die deutsche Online-Gründerszene ist ein Männerverein. Auf Kongressen, Tagungen und sonstigen Branchenhöhepunkten sind Frauen die große Ausnahme. Aber es gibt sie! Jeden Mittwoch stellt deutsche-startups.de in der Reihe “Gründerinnen” eine interessante, wichtige oder erfolgreiche Web-Unternehmerin vor.

Viele Frauen denken seit Langem nicht mehr an Berge und Skifahren, wenn sie “Österreich” hören, sondern an die Mütterplattform mamiweb (www.mamiweb.de). Denn die beiden Gründerinnen Carina Runge-Mathis und Calina Fontanesi sind waschechte Österreicherinnen, was sich durch den sympathischen Akzent kaum verbergen lässt. Zwei Dinge überraschen: Mutter ist nur eine der beiden und die Gründungsinitiative ging von einem Mann aus. Gerhard Oellinger kam auf die Idee, als in seinem Bekanntenkreis viele Frauen Mütter wurden. Runge-Mathis und Fontanesi waren von der Idee einer Müttelplattform sofort begeistert. Zuletzt stieg noch Torsten Pinkert ins “Mutterschiff” ein.

Carina Runge-Mathis (li.) und Calina Fontanesi

Die Wirtschaftswissenschaftlerin Runge-Mathis ist vor allem für den redaktionellen Teil bei mamiweb zuständig. Vor ihrer Selbständigkeit arbeitete sie für das Wirtschaftsprüfungs- und Beratungsunternehmen PricewaterhouseCoopers in Frankfurt am Main, später wechselte sie innerhalb des Unternehmens nach Wien. Als ihre Tochter zur Welt kam, nutzte sie die Elternzeit (Österreichisch: “Karenz”), um Kontakte zu anderen Müttern aufzubauen. Auch inhaltlich setzte sie sich mit dem Thema auseinander, beschäftigte sich mit Veranstaltungen, Kursen und Angeboten für Kleinkinder. Mittlerweile ist ein Sohn dazu gekommen, so dass sie sich sowohl mit Mädchen- als auch Jungenthemen auskennt. Fontanesi ist zwar selbst nicht Mutter, hat mit der Zielgruppe aber ebenfalls Erfahrung. Die studierte Rechtswissenschaftlerin machte sich als Grafikerin und Webdesignerin selbständig, probierte sich auch im Textilbereich aus. Für FontanesiTextil entwarf sie T-Shirts mit Partneraufdrucken für Eltern und Kinder: “Mama trägt zum Beispiel \’Lieblingsmama\’, das Kind \’Mamas Liebling\’.” Klar, dass sie auch bei mamiweb für das Grafische zuständig ist.

“Am Anfang war es nicht immer leicht, sich zu behaupten”

Was die beiden Frauen außer ihrem fast gleichen Vornamen verbindet ist die Tatsache, dass beide schon als Angestellte gearbeitet haben und nicht glücklich damit waren. Fontanesi war angenervt von der fehlenden Flexibilität: “Immer dieses pünktlich Kommen, Leistung erbringen und wieder gehen – meine kreativen Phasen sind auch mal zu unüblichen Zeiten.” Auch Runge-Mathis “war immer auf der Suche nach einer guten Gründungsidee”, weil sie die Unabhängigkeit als Gründerin sehr schätzt. Ihre jetzige Situation findet sie perfekt: “Mein Mann hat ein sicheres Einkommen, ich kann als Selbständige rumprobieren.” Das größte Problem für sie als Mutter ist, immer zu wenig Zeit zu haben – für alles. Und dass man in gewisser Weise unersetzlich ist: “Im Angestelltenverhältnis kann dich im Zweifelsfall jemand vertreten, als Selbständige nicht.” Fontanesis Schwierigkeiten lagen zunächst an ganz anderer Stelle: “Ich bin klein und zierlich, sehe jünger aus. Am Anfang war es nicht immer leicht, sich zu behaupten.”

Mamiweb gehört zu den erfolgreichsten Mütterseiten im deutschsprachigen Raum. Die Community hat auch einen Ableger in Österreich und in der Schweiz, über 260.000 Mitglieder tauschen sich über ihr Mütterdasein aus. “Am Anfang stand klar das Forum für Fragen im Vordergrund”, verraten die beiden Frauen. “Viele Mütter sind alleinerziehend, wollen ihre Probleme austauschen und sich beraten.” Seitdem sind aber jeden Monat weitere Features dazugekommen, außerdem gibt es seit Kurzem ein eigenes Magazin, das redaktionell aufgearbeitet wird. Super kommen auch die Mamiweb-Gruppen an, die von den Mitgliedern selbst erstellt werden, meist mit themenspezifischer oder regionaler Ausrichtung. Das Angebot ist kostenlos und werbefinanziert, die Vermarktung hat mittlerweile Gruner & Jahr EMS übernommen. Begeistert sind Runge-Mathis und Fontanesi wie am ersten Tag von ihrem Unternehmen. Sie möchten auf jeden Fall selbständig bleiben, genießen bestimmte Vorzüge: “Es ist ein Riesenvorteil, wenn man sich sein Team selbst aussuchen kann. Unser Gründungsteam ist auch unser Freundeskreis, in so einer tollen Atmosphäre haben wir bisher noch nie gearbeitet.”

Zur Person
Calina Fontanesi, Jahrgang 1977, studierte Rechtswissenschaften in Wien, später entdeckte sie ihre Leidenschaft für New Media, Grafik und Webdesign. Bevor sie mamiweb mitgründete, machte sie sich mit FontanesiTextil selbständig. Carina Runge-Mathis, Jahrgang 1975, stieg nach ihrem Wirtschaftsstudium bei der Wirtschaftsprüfungs- und Beratungsunternehmen PricewaterhausCoopers ein, wo sie sich auf Risikomanagement spezialisierte.

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