Gründerinnen. “Jeder soll sein Potential voll ausschöpfen” – Stephanie Staar von Erdbeerlounge

Die deutsche Online-Gründerszene ist ein Männerverein. Auf Kongressen, Tagungen und sonstigen Branchenhöhepunkten sind Frauen die große Ausnahme. Aber es gibt sie! Jeden Mittwoch stellt deutsche-startups.de in der Reihe “Gründerinnen” eine interessante, wichtige oder erfolgreiche Web-Unternehmerin vor.

“Meine Erfahrungen, als Frau zu gründen, sind auch nicht anders als die Erfahrungen von Oliver Samwer, als Mann zu gründen!” Dieser Satz stammt von Stephanie Staar, Gründerin der Frauenplattform Erdbeerlounge (www.erdbeerlounge.de). Die Mutter einer eineinhalb-jährigen Tochter hat bereits die Mütterplattform netmoms mit ins Leben gerufen, kurz darauf folgte Erdbeerlounge. Die Zielgruppe “Mütter” war ihr zu klein geworden: “Ich wollte von der Submenge auf die Gesamtmenge gehen”, erklärt sie den Schritt. Inzwischen hat Staar ihre Anteile an netmoms an die restlichen Anteilseigner verkauft.

Die erfolgreiche Unternehmerin kann das Gerede über die Unterschiede von Männern und Frauen im Unternehmertun nicht nachvollziehen. Verschiedene Arten, Unternehmen zu gründen und zu leiten? “Das ist doch Typsache und nicht Geschlechtssache!” Zwar sei sie schon sehr emotional, aber nicht im klischeehaften Sinne von “touchy, feely” sondern im Sinne von “Die Firma ist mein Baby”. Die lebensfrohe Kölnerin hat sich schon früh für eine Businesslaufbahn entschieden, ihr Lebenslauf ist straight. Staar hat BWL an der WHU Koblenz, der University of Texas at Austin (MBA) und der NYU Stern School of Business studiert. Anschließend arbeitete sie fünf Jahre lang für McKinsey und drei Jahre lang als strategische Beraterin bei Bertelsmann. Dann folgten netmoms und Erdbeerlounge, “die Online-WG für Frauen, bei der immer eine Freundin online ist.” Die Website ist eine bunte Mischung aus Magazin und Community. Zum Konzept gehört der persönliche Kontakt zu den Nutzerinnen, alle Mitarbeiterinnen sind transparent und stehen als Ansprechpartnerinnen zur Verfügung. Ansonsten findet Frau alles, was sie interessieren könnte: Von Diät über Mode bis hin zu Job und Karriere. “Was uns von vielen Mitbewerbern abhebt ist die Tatsache, dass wir verlagsunabhängig sind und Wert auf den persönlichen Kontakt zu unsren Nutzerinnen legen. Außerdem sprechen wir etwas jüngere Frauen an als Seiten wie Brigitte.de , gofeminin.de oder Frauenzimmer.”

Es geht immer um Entscheidungen

Aus ihrer Zeit bei McKinsey hat Staar vor allem ein Anliegen mitgenommen: Menschen sollen die Möglichkeit bekommen, sich fundiert zu entscheiden und ihr Potential voll auszuschöpfen. Genau dies sei oftmals das Problem beim Werdegang von Frauen: Die Fülle an Möglichkeiten werde nicht in jungen Jahren vermittelt. Sie selbst wusste schon früh was sie wollte, “deswegen habe ich eben nicht Geschichte oder Englisch studiert sondern BWL.” Überhaupt gehe es immer um Entscheidungen: “Die Entscheidung, viel zu arbeiten, die Entscheidung, Ellbogen einzusetzen. Frauen können genauso gut führen, entscheiden sich aber seltener dazu.” Dahinter stecke ein Sozialisationsproblem. Um dem entgegen zu wirken, engagiert sich Staar seit Jahren beim girl\’s day, wo sich Mädchen zwischen 15 und 17 Jahren “frauenuntypische” Unternehmen anschauen. Mit ihnen spricht sie darüber, wie es ist, ein Unternehmen zu gründen. Denn man müsse Mädchen die verschiedenen Optionen aufzeigen, nicht erst zwanzigjährigen Frauen. Gerne sähe sie es, wenn es dafür regelmäßige Kurse an den Schulen gäbe und nicht nur einen Tag im Jahr. Dabei will sie nicht falsch verstanden werden: Es gehe ihr nicht darum, mehr Frauen in die Unternehmensbranche zu pushen. “Letztendlich ist es doch egal, ob an entsprechenden Stellen Männer oder Frauen sitzen. Es sollten nur alle Möglichkeiten offen stehen, so dass jeder sich entscheiden kann, wofür er oder sie will. Mein größtes Mantra ist: Jeder soll sein Potential voll ausschöpfen.”

Wenn man sich dann für einen bestimmten Weg entschieden hat, sollte man allerdings voll dahinter stehen. Argumente wie “Gründen und Familie gehen schwer zusammen” lässt sie nicht gelten. Staar selbst war hochschwanger, als sie mit Erdbeerlounge offiziell an den Start ging. “Leicht war und ist es nicht, aber ich habe mich doch bewusst dafür entschieden!” Da sie sich mit ihrem eigenen Unternehmen verwirklicht, kann sie es gut verschmerzen, dass nicht so viel Zeit übrig bleibt, um sich in anderen Bereichen zu verwirklichen. Worin sich Staar in Zukunft verwirklichen wird, bleibt abzuwarten, innerhalb des nächsten Jahres sieht sie sich auf jeden Fall noch bei Erdbeerlounge und längerfristige Aussagen macht sie grundsätzlich nicht. Prinzipiell kann sie sich auch die Gründung eines Männerportals gut vorstellen: “Die Idee ist ja, dass die Männer sich auf der Plattform austauschen und mitteilen, was sie bewegt. Den Rest kann man in Magazinen nachlesen.” Ob dies die Rache dafür ist, dass sich bei Erdbeerlounge immer wieder Männer einschleichen?

Zur Person
Stephanie Staar arbeitete nach ihrem BWL-Studium in Koblenz und in den USA zunächst fünf Jahre lang für McKinsey und drei Jahre lang als strategische Beraterin bei Bertelsmann. Dann gründete sie netmoms mit und zog im April 2008 die Frauenplattform Erdbeerlounge auf.

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