Echtzeit Berlin – Boommarkt Mobil

Unsere Veranstaltung Echtzeit Berlin am vergangenen Mittwoch stand unter dem Motto “Mobil”. Als Redner konnte deutsche-startups.de Stefan Bielau von der Handy-TV-Plattform dailyme.tv und Mischa Wetzel von der IBB Beteiligungsgesellschaft (der für Clemens Kabel eingesprungen ist) gewinnen. Das Duo beleuchtete das Thema zu Beginn der Veranstaltung kurz – einmal aus Gründer- und einmal aus Investorensicht. Nach den Vorträgen haben wir den beiden Rednern in ihre Redemanuskripte geschaut. Diese dokumentieren wir hier:

Boommarkt Mobil (Redemanuskript von Stefan Bielau)

1. Mobile lnternet 2008 vs. Online anno 1998
a. Mobile lnternet hat mehr Nutzer
i. Mobile 2008: 10,4 Mio. (ARD-Studie, Deutschland, über 14 Jahre)
ii. Online 1998: 6,6 Mio. (ARD-Studie, Deutschland, über 14 Jahre)

b. Mobile Internet hat geringere Umsätze
i. Mobile 2008: 97 Mio. (Netto-Werbeausgaben, Goldmedia)
ii. Online 1998: 200 Mio. (Netto-Werbeausgaben, FTD)

c. These: Mobile lnternet hat unglaubliche Chancen schneller massenmarktfähig zu werden
i. 5:1
ii. geringere Kosten für Zugang
iii. One-Stop-One-Shop beim Provider = einfacher
iv. längere Lernkurve beim Nutzer durch Telefonie und SMS

Mobile lnternet muss sich im Mediaplan noch beweisen
v. Messbarkeit UniqueUser
vi. Reichweiten
vii. Kompatibilität der Mobile-OS

2. Where is the money? Mobile Advertising ist nicht die einzige Umsatzquelle!
a. Sonderwerbeformen mit Potential von Skalierbarkeit und Standardisierung
b. white-label stinkt nicht (Marketingpotential kalkulieren)
c. Referenzen, Referenzen, Referenzen
d. wenn Mobile Advertising, dann non-exklusive (Markt ist noch nicht saturiert und konsolidiert)

3. App-vertising und andere Mobile Marketing Konzepte
a. App-Stores
i. Meta-Store = Handy + OS + Apps
ii. App-Store-Seo
b. Usernähe durch Pre-installation
c. Mobile Social Bookmarks

Mobile Startups als Investments – Spannend oder schwierig ? (Redemanuskript von Clemens Kabel)

Nach dem Abebben der großen Web2.0 und Social Community Welle im stationären Internet sind Gründerteams und Investoren verstärkt im Bereich mobiler Applikationen und Serviceangebote aktiv. Auf der einen Seite stehen die rein werbefinanzierten Internet-Companies vor der Herausforderung implodierende TKPs zu kompensieren und sich in dem engen und schwierigen Markt der Sonderwerbeformen durchzusetzen. Auf der anderen Seite müssen sich transaktionsbasierte Geschäftskonzepte durch besonders geschickte Maßnahmen bei SEM, SEO und Affiliate Konzepten gegen zahlreiche Konkurrenten behaupten. Nichts liegt also näher, als “die Flucht nach vorne” anzutreten und neue, direktere Wege zu suchen, die Nutzer zu erreichen.

In unzähligen Businessplänen wird argumentiert, das mobile Telefon – egal ob Smartphone, Walkman-Handy oder gehobenes Consumer-Gerät – sei der beste und direkteste Weg, den Nutzer zu erreichen. Wenn man sich den deutschen Markt ansieht, ist jeder Bürger (egal ob Baby oder Senior) mindestens mit einem Mobilfunkvertrag oder einem Prepaidtarif ausgestattet, jeder Bürger hat mindestens ein mobiles Gerät. Ein besser erschlossenes Marktumfeld ist kaum vorstellbar. Bleiben nur die Fragen:

* Was wollen die Nutzer?
* Wer sind die Nutzer ? Oder auch: Wie sieht die Zielgruppe für den Dienst aus?
* Wer bezahlt wieviel für den Service?
* Wie findet man die richtigen Nutzer und wie hält man sie aktiv?
* Was macht der direkte oder indirekte Wettbewerb?
* Und für den Investor: In welches Konzept bzw. Unternehmen investiere ich?

Eigentlich sind dies alles Fragen, die zu jeder Gründung und jedem Geschäftskonzept gehören. Die besondere Herausforderung bei den mobilen Themen liegt aber gerade in der fast vollständigen Marktabdeckung und Diversität der Nutzer. Selektion und Konzentration sind notwendig. Die Technik an sich tritt meistens in den Hintergrund.

Nutzerwünsche

Grundsätzliche Anforderungen müssen natürlich immer erfüllt werden und sind kein Alleinstellungsmerkmal: Einfache Installation, einfache Bedienung, robuste Funktionalität, geringer Mehr-Stromverbrauch, möglichst geringer Speicherplatzbedarf.

Ob der eigentliche Mehrwert der Anwendung – von der elektronischen Wasserwaage, über Spiele, Preisvergleich, Location based Services, Flirting-Plattform, Instant Messaging, mobiles Fernsehen, kostengünstige Kommunikation bis hin zu integrierten Unified Communication Lösungen – die Zielgruppe wirklich anspricht, lässt sich vermutlich nur durch gezieltes Ausprobieren beantworten und durch kontinuierliche Verbesserungen optimieren. Entscheidend ist es, mit möglichst wenig Ressourcen (Zeit und Geld) die Relevanz des Angebotes zu testen, zu erproben und weiterzuentwickeln.

Nutzersegmente

Zuallererst muss ein Unternehmen sich Gedanken machen, wer seine Zielgruppe, seine Kunden sind. Die meisten Geschäftskonzepte, die sich nicht oder viel langsamer umsetzen lassen als geplant, scheitern genau an dieser Frage. Starten kann man sein Angebot sicherlich mit Bauchgefühl und Vorurteil (von manchen auch Erfahrung genannt).

Wichtig ist, möglichst viel über die eigenen User zu wissen, um die Kundenbindung zu verbessern aber auch für die Werbevermarktung Mehrwerte anbieten zu können.

Monetarisierung

Auch im Mobile Marketing Bereich ist eine Monetarisierungsstrategie, die ausschließlich auf Reichweitenwerbung mit TKPs jenseits der 20 EUR fußt, kritisch anzusehen. Es zeigt sich, dass der Reichweitenaufbau meistens deutlich langsamer als geplant vorangeht und es ist immer noch Evangelisierungsarbeit bei der Gewinnung von Werbekunden zu leisten, auch wenn mobile Advertising allmählich zum Mainstream wird.

Als junges Unternehmen erscheint es ratsam, zunächst auch auf Sonderwerbeformen, Kampagnenmanagement oder auch auf Whitelabel-Projekte zu setzen, um einen gesunden Umsatz-Mix zu kreieren.

In vielen Businessplänen spielen auch Premium-Modelle mit bezahlten Mehrwerten im Abo-Modell eine große Rolle, oftmals ohne klare Antwort auf die Frage, welche Mehrwerte tatsächlich geboten werden sollten und welchen Preis der Nutzer tatsächlich zu bezahlen bereit ist. Premium-Modelle auf der Basis von Premium SMS oder Telefonmehrwertdienste müssen den Nutzern klare Mehrwerte anbieten – mit Klingeltönen wird es immer schwerer, Geld zu verdienen.

Nutzergewinnung

Für mobile Start-ups ist die Nutzergenerierung ohne Medienbruch – also direkt über das mobile Endgerät – immer noch verhältnismäßig teuer, wenn man an SMS-Kampagnen oder ähnliche Maßnahmen denkt. Performanceabhängige Kampagnen müssen gut vorbereitet und eng begeleitet werden, um Streuverluste von vornherein zu vermeiden. Downloadportale bieten häufig nur ungenügendes Targeting (Handymodelle, Mobilfunkprovider, Region), so dass sich vermeintlich günstige Konditionen bei genauem Hinsehen als zu teuer erweisen.

Die billigste und effektivste Marketingmethode – auch im mobilen Bereich – bleibt die virale. Hier sind jedoch Kreativität in Hinblick auf die “virale Message” aber auch die Fähigkeit zur technischen Umsetzung (Weitergabe von Applikation oder Content über das Handy, Community-Funktionen) gefragt.

Zusammenfassung

Der Bereich der mobilen Start-ups ist für Investoren also auch für die IBB Beteiligungsgesellschaft ein hoch spannendes Feld für Investments. Eigentlich sind die Kriterien für eine Investmententscheidung nicht wesentlich anders als in anderen Sektoren der ICT- bzw. Internetwirtschaft. Die hohen technischen Anforderungen und die extrem heterogene Anwenderschaft stellen jedoch für die Start-ups in diesem Bereich noch höhere Anforderungen dar als für viele andere Unternehmen.

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