Gastbeitrag: Florian Huber über “Gute Namen, schlechte Namen”

Nein, “Gute Namen, schlechte Namen” ist keine eine neue TV-Soap und auch keine neue, pastellfarbige Namens-Community, sondern ein Beitrag, der sich mit der Frage beschäftigt, wie man als Startup-Unternehmer einen “guten” (Domain-)Namen für […]

Nein, “Gute Namen, schlechte Namen” ist keine eine neue TV-Soap und auch keine neue, pastellfarbige Namens-Community, sondern ein Beitrag, der sich mit der Frage beschäftigt, wie man als Startup-Unternehmer einen “guten” (Domain-)Namen für sein neues Projekt findet.

Am Anfang steht die Suche nach einem (noch) verfügbaren Domain-Namen. Vor dem Hintergrund, dass weltweit mittlerweile mehr als 153 Millionen Domains registriert sind, nicht gerade ein einfaches Unterfangen. Alleine unter der deutschen Domain-Endung .de sind bereits rund 12 Million Adressen vergeben. Soweit die schlechte Nachricht – die gute Nachricht ist, dass nach einer aktuellen Studie der Domain-Handelsbörse sedo mehr als 50 % aller Domain-Namen gar nicht wirklich genutzt werden. Die Inhaber dieser Domains versuchen, durch Domain-Parking und den Verkauf der Domains, Geld zu verdienen. Führer wurden diese Leute als “Grabber” beschimpft, heute nennt man sie “Domain Investors” oder noch schicker “Domain Asset Managers”. Für den Startup-Unternehmer ist das zumindest die Chance, doch noch an die Wunsch-Domain zu gelangen. Meiner Erfahrung nach lassen sich hierbei schon im Preissegment zwischen 1.000 und 3.000 Euro recht brauchbare Namen finden – siehe aktueller Domain-Preisspiegel.

Doch zurück zur eigentlichen Wahl des Namens. Am Anfang steht eine Grundsatzentscheidung: Soll es eher ein beschreibender Name sein (z.B. hotel.de, lastminute.com, myspace.com), ein neues Kunstwort (z.B. abacho.de, eBay, Google) oder irgendwie eine Mischung aus beidem (z.B. DocMorris, immobilienscout24.de)? Die Marketing-Theorie streitet über die Frage, was für den Online-Bereich besser ist (vgl. hierzu nur Ries/Ries: Die 11 unumstößlichen Gesetze des Internet-Branding).

Beides hat seine Vor- und Nachteile und die Praxis zeigt: Grundsätzlich man kann mit jeder Kategorie von Namen erfolgreich sein. Dennoch sollte man bei der Wahl eines Domain-Namens ein paar Grundregeln beachten, um nicht von vornherein Schiffbruch zu erleiden.

Regel 1: Kürze, Kürze, Kürze
Bei Immobilien kennt jeder die drei L: Lage, Lage, Lage. Auf Domains übertragen, ergeben sich die drei K, nämlich: Kürze, Kürze, Kürze. Im Regelfall gilt: Je kürzer ein Domain-Name, desto besser. muesli.de ist besser als muesli-online.de, muesli-online.de wiederum besser als muesli-online-selbermixen.de.

Regel 2: Machen Sie den Anrufbeantworter-Test
Sprechen Sie Ihren Wunschnamen auf den Anrufbeantworter Ihrer Bekannten. Sagen Sie den Domain-Namen nur einmal, ohne Wiederholungen und ohne ihn zu buchstabieren. Wenn Ihre Bekannten Ihre Website damit im ersten Anlauf finden, ist das schon mal ein guter Anfang, also ein Domain-Name, den Sie in die engere Wahl ziehen sollten. Abschreckende Beispiele in diesem Zusammenhang sind Domains wie kijiji.de (Kleinanzeigen-Marktplatz). Da hilft meistens nur, etwas ähnliches bei Google einzutippen und auf das Meinten-Sie-Feature zu vertrauen. Eine Website, die nur über diesen Umweg via Google gefunden werden kann – nicht gerade eine gute Idee.

Regel 3: Nur Top-Level-Domains mit gutem Image
Sie planen, die Welt mit einer neuen Dating-Community zu beglücken und Ihre Wunschdomain dating.de ist schon vergeben? Sie kommen deshalb auf die Idee, auf eine andere Domain-Endung (TLD) auszuweichen, also zum Beispiel dating.ws oder dating.cx? Hier sollten Sie vorsichtig sein, denn auch in der virtuellen Welt gibt es die Top-City-Lagen und die Hinterhöfe in der Provinz. Und unter exotischen Domain-Endungen wie .ws, .cx oder .vu finden sich eher die Briefkastenfirmen der Online-Welt. Also: konzentrieren Sie sich bei Ihrer Suche nach einer Domain ausschließlich auf Domain-Endungen mit gutem, seriösem Image wie zum Beispiel .de, .com, .info oder auch .eu.

Regel 4: Registrieren Sie verschiedene Varianten
Stellen Sie sich vor, Sie sind Gründer der Reise-Community tripsbytips.de. Typisch wären hier folgende Tippfehler: tripsbytipps.de, tripbytipps.de, tripbytips.de tripsbytricks.de, tipsbytrips.de, tripsbytrips.de, tricksbuytrips.de, trips-by-tips.de, usw. Also: in vielen Fällen ist es sinnvoll, auch gleich die verschiedenen Schreibweisen und typischen Tippfehler des Domain-Namens zu registrieren.

Regel 5: Juristische Fallstricke beachten
Bei juristischen Konflikten in Zusammenhang mit Domains sind Streitwerte um 50.000 Euro keine Seltenheit. Selbst eine einfache wettbewerbsrechtliche Abmahnung durch einen Anwalt kann schnell mit über 500 Euro zu Buche schlagen. Gerade im Spannungsfeld zwischen Unternehmensnamen, Marken, Werktiteln und Domains kann man schnell in raue See geraten. Auch hier gibt es paar Faustregeln, um zumindest die schlimmsten Fehler zu vermeiden. Mehr dazu auf domain-recht.de.

Nach diesen einfachen Grundregeln noch mal ein Blick auf ein paar konkrete Domain-Namen. Meine Einschätzungen beziehen sich dabei ausschließlich auf den (Domain-)Namen an sich und nicht auf die Frage, was von der Idee, dem Unternehmen ansonsten zu halten ist.

Kategorie Reise-Community
* gut: cosmotourist.de (Funktioniert international, klingt nach weiter Welt)
* weniger gut: globalzoo.de (Klingt englisch ausgesprochen noch ganz nett, auf deutsch wird es unfreiwillig komisch, die .com-Adresse leitet auf sedo Parking Page)

Kategorie Business-Community
* gut: xing.com (Gesprochen cross-ing, kurz, prägnant, funktioniert weltweit)
* weniger gut: businesslive.de (Zu beschreibend, kaum Unterscheidungskraft, Kombination aus zwei Allerwelts-Wörtern, Domain businesslife.de anderweitig vergeben)

Kategorie TV/Video
* gut: mytv.de (Kurz und prägnant)
* weniger gut: gogooroo.com (Einfach zu viele Os, die naheliegende Vertipper-Domain goGuru.com ist anderweitig vergeben, goGuru.de ist noch nicht registriert)

Kategorie Shopping
* gut: billiger.de (Schlicht und einfach, der Name ist Programm, keine weiteren Fragen, funktioniert natürlich nur im deutschsprachigen Raum)
* weniger gut: iliketotallyloveit.com (Ich hab die Idee hinter diesem Namen noch nicht durchschaut, Domain itotallyloveit.com führt zu anderem Anbieter)

Kategorie Jobs
* gut: monster.de (Kraftvoll, kurz und prägnant, ungewöhnlich, bleibt hängen, erregt Aufmerksamkeit, funktioniert international)
* weniger gut: weejobs.de (Tippfehleranfällig: wejobs, wiejobs, wirjobs, v-jobs, w-jobs)

Kategorie Nachfrage-Portale
* gut: askerus.de (Deutsch-ausgesprochene Endung –us im Internet-Umfeld eher ungewöhnlich, deshalb auffällig und unterscheidungskräftig, Vorsilbe ask deutet zumindest das Thema an)
* weniger gut: demandr.de (Für englisch-affine Nutzer noch ganz nettes Wortspiel, für alle anderen eher schwer verständlich, demander.de und demander.com leiten auf Parking Pages)

Kategorie Immobilien
* gut: mynesto.de (Klingt interessant, weckt Assoziationen zu Nest und Nestbau, Namen ist merk-würdig, also würdig, gemerkt zu werden, meinesto.de leitet aber auf Parking Page)
* weniger gut: nuroa.de (Schwierig auszusprechen, zu viele harte Vokale, keine Assoziationen mit den positiv besetzen Begriffen wie Eigentum, Wohnen, Immobilie. Klingt eher nach einer Südsee-Insel, auf der Atomwaffen getestet werden)

Diese Einschätzungen sind natürlich subjektiv und manch einer mag gänzlich anderer Meinung sein. Dennoch glaube ich, dass man durch die Beispiele zumindest ein gewisses Gefühl bekommt, welcher Name in welcher Branche bei einer bestimmten Zielgruppe funktionieren könnte und welcher nicht.

Und wie vieles, ist auch das “Naming” gewissen Trends und Moden unterworfen: Hatten zu Beginn der New Economy noch viele Startups ein vorangestelltes e- oder ein hinten angehängtes -24, so muss seit dem Erfolg von Google und Yahoo möglichst oft der Buchstabe O vorkommen. Und neuerdings lässt man einfach wieder ein paar Buchstaben weg (z.B. Flickr statt Flicker). Letztlich kann man mit jedem Namen erfolgreich sein: Die Wahl des richtigen Namens ist nur ein Baustein von vielen für den unternehmerischen Erfolg.

Zum Schluss noch dies: Muss man wirklichen jeden (schönen) Namen mit dem Zusatz Beta verunstalten? Das mag vielleicht in den Ohren von web-zwei-null-affinen Usern recht cool klingen, für den durchschnittlichen Internet-Nutzer (auch die soll es da draußen noch geben), klingt es einfach nach unausgereift und fehlerhaft. Etwas, das nur Beta ist sollte man seinen Kunden erst gar nicht zumuten. Man stelle sich vor, Volkswagen würde ein neues Auto Golf Beta nennen und ohne funktionierende Bremsen ausliefern.

Zur Person
Florian Huber, 34 Jahre, ist Wirtschaftsjurist und Gründer sowie Vorstandschef des Domain-Registrars united-domains AG (www.united-domains.de). Huber gründete das Unternehmen 2000 mit drei Studienkollegen. Zuvor studierte er Jura an der Universität Bayreuth. Huber lebt mit seiner Familie in Leutstetten (Starnberg) bei München.

Alexander

Alexander Hüsing, Chefredakteur von deutsche-startups.de, arbeitet seit 1996 als Journalist. Während des New Economy-Booms volontierte er beim Branchendienst kressreport. Schon in dieser Zeit beschäftigte er sich mit jungen, aufstrebenden Internet-Start-ups. 2007 startete er deutsche-startups.de.