meinNachbar fordert Gebühren

Die lokale Online-Community meinNachbar (www.meinnachbar.net) ändert ihr Geschäftsmodell. In einer Mail an die Nutzer teilen die Betreiber mit, dass der einst kostenlose Dienst ab 29. Dezember kostenpflichtig wird. Versteckt wird diese – ziemlich […]

Die lokale Online-Community meinNachbar (www.meinnachbar.net) ändert ihr Geschäftsmodell. In einer Mail an die Nutzer teilen die Betreiber mit, dass der einst kostenlose Dienst ab 29. Dezember kostenpflichtig wird. Versteckt wird diese – ziemlich wichtige und gravierende Veränderung – hinter der Betreffzeille “Fröhliche Weihnachten und ein schönes neues Jahr 2008 / Änderungen der AGB”. Satte neun Euro monatlich sollen die Nutzer künftig halbjährlich im voraus für die Mitgliedschaft in der Nachbarschafts-Community bezahlen.

Die genauen Vertragsbedingungen müssen die angeschriebenen Mitglieder “den aktuellen AGB’s entnehmen”. Dort heißt es: “Der Vertrag für die Dienstleitung/den Service von meinnachbar ist auf zwei Jahre begrenzt. Die Teilnehme verlängert sich im Anschluss automatisch um zwei weitere Jahre, wenn der Nutzende nicht fristgerecht, einen Monat vor Ablauf des Vertrages, schriftlich (per Brief) kündigt”. Nutzer, die nicht vom Widerrufsrecht Gebrauch machen, müssen somit in den nächsten zwei Jahren stolze 216 Euro für die Nutzung der kleinen Community zahlen – rund 50.000 Mitglieder hat meinNachbar angeblich. Die feine englische Art ist dieses Vorgehen nicht, ordentliche Informationen über eine solch gravierende Veränderung des Geschäftsmodells sehen anders aus. Der Verdacht der Abzocke steht im Raum.

Neuer Besitzer kommt aus Dubai

Einher geht der Wechsel von kostenlos auf kostenpflichtig mit einem Gesellschafterwechsel. Laut Impressum wird meinNachbar nun von der netsolution FZE in Dubai betrieben. Ursprünglich steckte hinter der im Sommer gestarteten Community und der meinNachbar Ltd. ein kleines Team um Tobias Heine von der Leverkusener Agentur artista. Heine versichert gegenüber deutsche-startups.de, dass er mit dem neuen Betreiber und dem neuen Geschäftsgebahren nichts am Hut habe: “Ich möchte mich davon ausdrücklich distanzieren”. Der Gesellschafter- und Konzeptwechsel sei auch keinesfalls seit dem Start geplant gewesen. Wie zu hören ist, ging es hinter den Kulissen der Community zuletzt heiß her. Die netsolution FZE machte den Gesellschaftern von meinNachbar angeblich ein Übernahmeangebot. Heine war nach eigener Aussage dagegen, ein von Anfang an am Projekt beteiligter Investor dafür. Letztendlich setzte sich der ungenannte Geldgeber durch. Wenn dem so ist, hatten Heine und Co. ihren Investor mit zu großer Macht ausgestattet. “Wir haben unsere Erfahrung gemacht und müssen daraus nun lernen”, sagt Heine.

Der neue Besitzer ist in der Online-Welt übrigens kein Unbekannter. Das Unternehmen betreibt auch die Plattform nachbarschaft24.net. Laut “Computerbetrug.de” sorgt netsolution mit der Seite schon seit längerem “für Ärger, Verdruss und Beschwerden bei Verbrauchern”. Die Firma verschicke nämlich zig-tausende Rechnungen für angeblich abgeschlossene, kostenpflichtige Mitgliedschaften. Um an Opfer zu kommen, arbeiteten die Betreiber dabei “mit dubiosen technischen Tricks”. Auch ombudsmann.de, eine neutrale und unabhängige Schlichtungsstelle für Streitigkeiten über Internet-Käufe, ist das Unternehmen schon unangenehm aufgefallen. Einen Teil der negativen Presse wird trotzdem meinNachbar-Initiator Heine abbekommen – nicht nur, weil er bei der Denic weiter als Besitzer der Domain registriert ist. Der Änderungsantrag sei aber schon gestellt, sagt er. Weitere Leidtragende dieser unangenehmen Geschichte sind die Nutzer von meinNachbar, die die Veränderungen nicht wahrnehmen. Der Rat von Computerbetrug.de ist eindeutig: “Wer keine Lust hat, für seine Mitgliedschaft bei meinnachbar.net plötzlich eine hohe Rechnung zu bekommen, sollte also schnellstmöglich sein Profil dort löschen”. Dem ist nichts hinzuzufügen.

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Alexander Hüsing

Alexander Hüsing, Chefredakteur von deutsche-startups.de, arbeitet seit 1996 als Journalist. Während des New Economy-Booms volontierte er beim Branchendienst kressreport. Schon in dieser Zeit beschäftigte er sich mit jungen, aufstrebenden Internet-Start-ups. 2007 startete er deutsche-startups.de.