Burda expandiert ins Netz

Mit viel Herzblut und viel Gespür für zukunftsträchtige Unternehmen investiert Hubert Burda Media weiter kräftig in aufstrebende digitale Geschäftsmodelle. Allein 2006 machten die Münchner nach eigenen Angaben über 65 Millionen Euro für verschiedene […]
Burda expandiert ins Netz
Freitag, 20. April 2007VonAlexander

Mit viel Herzblut und viel Gespür für zukunftsträchtige Unternehmen investiert Hubert Burda Media weiter kräftig in aufstrebende digitale Geschäftsmodelle. Allein 2006 machten die Münchner nach eigenen Angaben über 65 Millionen Euro für verschiedene Online-Beteiligungen locker. Für die stattliche Summe sicherte sich Burda Anteile an der Hotelbewertungs-Plattform “HolidayCheck“, dem Online-Shop “computeruniverse.net“, der Nightlife- und Clubbing-Community “Nachtagenten” sowie den beiden Computer- und Videospiel-Plattformen “Gamona” und “IncGamers“.

Vor allem die Geschäftsmodelle Community und Social Software gewinnen laut Christoph Braun, Geschäftsführer von Burda Digital Ventures, dem Beteiligungsableger von Hubert Burda Media, künftig an Bedeutung. Informieren, kommunizieren, Gemeinsamkeiten ausleben sind für ihn die Schlagworte der Zukunft. “Sehr schön kann man das beispielsweise im Bereich Gaming beobachten: Statt Vereinzelung steht wieder das Spielen mit anderen im Vordergrund”, sagt Braun. Mit der Spiele-Plattform “GameDuell” (an der auch “deutsche-startups.de”-Gesellschafter Holtzbrinck Ventures Anteile hält) und dem Multiplayer Online-Game “Ragnarok Europe” ist Burda in diesem Segment deswegen auch schon längst unterwegs. Sehen lassen kann sich auch das E-Commerce-Portfolio der Bajuwaren – dazu gehören neben “computeruniverse.net” der Büchermarktplatz “abebooks.de“, der Computer- und Unterhaltungselektronik-Versender “cyberport.de“, der Blumen-Shop “Valentins” sowie die Cyber-Tierhandlung “Zooplus“. Allein “cyberport.de” erwirtschaftete im Geschäftsjahr 2005 nach eigenen Angaben über 85 Millionen Euro Umsatz.

Täglich 1,2 Millionen Abrufe

“) die Beteiligungsgesellschaft media ventures von Außenwerber Dirk Ströer sowie dw capital beteiligt. Für die Anteile an “sevenload” soll Burda einen hohen einstelligen Millionen-Euro-Betrag locker gemacht haben. “Die Beteiligung an sevenload ermöglicht, unsere Position im Video Publishing-Markt weiter auszubauen”, sagt Marcel Reichart, verantwortlich für Marketing & Communications bei Burda.

Nun soll die bunte “sevenload”-Videowelt mit “Marken, Vermarktern und Communities im Unternehmen” verbunden werden. Das Medienhaus mischt bereits mit Formaten wie “Bunte StarStyle TV”, “Focus Live”, “freundin TV”, oder “Cinema” und “Chip TV” in dem Boom-Segment mit. Trotz der Beteiligung und der künftigen engen Kooperation mit Burda stehe der Kölner Schnipseldienst aber “weiterhin anderen Kooperationspartnern offen”, sagt Gründer Ibrahim Evsan. Neben der Entwicklung einer eigenen Copyright-Technologie steht bei der “sevenload”-Mannschaft die Auslandsexpansion auf der Agenda. Eine englischsprachige Version der Website ist bereits fertig.

Mit “sevenload” hat die 1999 gegründete Beteiligungstochter Burda Digital Ventures derzeit 25 junge Firmen im Portfolio. Das Unternehmen hat sich zum Ziel gesetzt, “neue und erfolgreiche Geschäftsmodelle im Digital Space zu identifizieren und zu entwickeln”. Das Engagement der Burda-Mannen geht dabei weit über die Rolle eines Risikokapitalgebers hinaus. Schon ein Blick auf die Beteiligungsdauer verdeutlicht dies. Kurzfristige finanzielle Abenteuer sind nicht die Sache von Burda Digital Ventures. Fast alle der 25 Beteiligungen arbeiten bereits profitabel. 2005 erreichte beispielsweise Chip Xonio erstmals den Break-Even. Die Gesellschaft betreibt und vermarktet das Cyber-Magazin “Chip Online“, das Mobilfunkportal “Xonio” und seit Anfang Februar die Tool-Community “Download Chip.eu”. Xonio ging im Frühjahr 2000 als Beteiligung von Hubert Burda Media an den Start und fusionierte im Januar 2002 mit Chip. Hauptgesellschafter von Chip Xonio ist die Vogel Burda Holding GmbH, ein Gemeinschaftsunternehmen der Vogel Medien Gruppe und Hubert Burda Media.

Vorzeige-Beteiligung “OnVista”

Screenshot OnVistaZu den erfolgreichsten Beteiligungen von Burda Digital Ventures gehört OnVista. Im Geschäftsjahr 2006 steigerte das börsennotierte Unternehmen seinen Konzernumsatz um 44 % auf 14,06 Millionen Euro (2005: 9,74 Millionen Euro). Das Konzern-EBITDA nahm um 64 % auf 2,24 Millionen Euro zu (2005: 1,36 Millionen Euro). Das EBIT stieg von 0,83 Millionen Euro im Vorjahr um 84 % auf 1,53 Millionen Euro. Zu OnVista gehören die gleichnamige Finanz-Plattform, das Gesundheits-Netzwerk “Onmeda” und das Performance-Geschäft Ligatus. Ende März schluckten die Rheinländer den Online-Vermarkter “Ad2Net“.

Ebenfalls nicht wegzudenken aus dem Burda-Imperium ist die Tomorrow Focus AG. An dem 2001 aus der Fusion der Tomorrow Internet AG und der Focus Digital AG entstandenen Unternehmen hält Burda 59 % der Anteile. Nach einer langen Durststrecke ging es für die Münchner zuletzt deutlich nach oben. Im abgelaufenen Geschäftsjahr 2006 steigerte das Unternehmen seinen Umsatz und das Ergebnis. Die Erlöse kletterten um 25,7 % auf 67,0 Millionen Euro. Das EBITDA kletterte im Gesamtjahr von 2,4 Millionen Euro auf 7,0 Millionen Euro. Das Ergebnis vor Steuern (EBT) erhöhte sich auf 5,4 Millionen Euro (2005: 1,1 Millionen Euro). Das Konzernergebnis abzüglich aller Minderheiten lag bei 4,3 Millionen Euro nach einem Verlust in Höhe von -1,9 Millionen Euro im Vorjahr. Um auch in den kommenden Jahren weiter kräftig zu wachsen, ist Stefan Winners, Vorstandschef von Tomorrow Focus, derzeit auf Einkaufstour. “In den nächsten zwölf Monaten werden wir ein bis zwei Akquisitionen machen, die unser Geschäft optimal ergänzen”, sagt Winners. Um größere Übernahmen zu stemmen, arbeitet Tomorrow Focus mit Burda Digital Ventures zusammen. Im Sommer 2006 erwarben die beiden Unternehmen gemeinsam die hoch profitable Hotelbewertungs-Plattform “HolidayCheck”. Tomorrow Focus kaufte 51 % der Anteile, Burda Digital Ventures 29 %.

Zweitgrößte Säule des Konzerns

Wie wichtig das Segment digitale Medien für Burda ist, zeigt ein Blick auf die nackten Zahlen. Der Bereich digitale Medien von Hubert Burda Media wird das Geschäftsjahr 2006 nach eigenen Angaben mit dem höchsten Umsatz seit Bestehen des Unternehmens abschließen. Mit einem Umsatzwachstum von rund 35 % und einem Ergebnis im zweistelligen Millionenbereich sei das digitale Geschäft das am schnellsten wachsende Segment der Holding, das sich zugleich zur zweitgrößten Säule des Konzerns nach dem Verlagsgeschäft entwickelt habe, sagte Technologie-Vorstand Paul-Bernhard Kallen Anfang Januar. Genaue Zahlen für das Geschäftsjahr 2006 liegen noch nicht vor. Der quotal konsolidierte Umsatz wird nach derzeitigen Prognosen voraussichtlich rund 225 Millionen Euro betragen, das Gesamtumsatzvolumen der digitalen Beteiligungen liegt vermutlich bei über 320 Millionen Euro. Wenn die Videoplattform “sevenload” ihren Weg macht, wird der Umsatz der digitalen Ableger im Hause Burda schon bald kräftig in die Höhe schießen. Vom rasant wachsenden Online-Werbemarkt werden sicherlich auch Tomorrow Focus, Chip Xonio und OnVita weiter profitieren.

Bei so vielen großen Geschäften bleibt im Hause Burda zum Glück noch Zeit für liebreizende Projekte wie die Schnittmuster-Community “BurdaStyle“. Die Transformation eines altmodischen Produkts wie einem Schnittmuster in die digitale Welt wirkt auf den ersten Blick lächerlich, ist aber eine digitale Revolution. Nur wer sich den Bedürfnissen seiner Nutzer anpasst, wird langfristig in der neuen Medienwelt überleben.

Beteiligungen von Burda Digital Ventures (Anteil in %)

abebooks (k.A.)
Amango
(k.A.)
Burda Wireless (100 %)
Chip Xonio Online
(k.A.)
Ciao
/Greenfield (k.A.)
computeruniverse.net
(100 %)
cyberport
(k.A.)
Edgar Medien
(k.A.)
ElitePartner
(k.A.)
HolidayCheck
(29 %)
GameDuell
(k.A.)
gamona
(k.A.)
IncGamers
(k.A.)
Ino24
(k.A.)
Lumas
(27 %)
MillionenChance.de
(k.A.)
Mobile 3.0 (33,3 %)
Nachtagenten
(30 %)
OnVista
(21 %)
Ragnarok Online
(k.A.)
Sevenload (20 %)
Tomorrow Focus
(59 %)
Truphone
(k.A.)
Valentins
(k.A.)
zooplus
(k.A.)

Alexander

Alexander Hüsing, Chefredakteur von deutsche-startups.de, arbeitet seit 1996 als Journalist. Während des New Economy-Booms volontierte er beim Branchendienst kressreport. Schon in dieser Zeit beschäftigte er sich mit jungen, aufstrebenden Internet-Start-ups. 2007 startete er deutsche-startups.de.