Praxistest Networking

Business Speed Dating: Das Duell der Formate

Dialog, netzwerken, Kontakte knüpfen und festigen: alles wichtige Stichwörter auch für die Unternehmenskommunikation. Und trotz Social Web geht doch nichts über ein persönliches Kennenlernen. Eine steuernde Methode dazu ist das Business Speed Dating. Aber wie gestaltet man das am besten? Ein Praxistest:
Business Speed Dating: Das Duell der Formate
Dienstag, 29. April 2014VonElke Fleing

In letzter Zeit hab ich zweimal an einem Business Speed Dating teilgenommen. Beide fand ich gelungen, beide haben mich spannende neue Menschen kennen lernen lassen, bei beiden hatte ich Spaß und tolle Gespräche. Dennoch waren sie vor allem von ihrem Format her sehr unterschiedlich und im Nachhinein komme ich zu dem Ergebnis, dass mir eine Mischung aus beiden am besten gefallen würde.

Die beiden ‘Kandidaten’ in der Reihenfolge ihres Auftretens:
Kandidat 1: Business-Speed-Dating des BVMW Hamburg im Hotel Atlantic Kempinksi Hamburg, 30 Teilnehmende des Business-Netzwerks

Kandidat 2: Business-Speed-Dating, organisiert von Silke Schippmann, Dialog Artists, in den eigenen Büro-Räumen, 14 Teilnehmerinnen, Women only

Duell-Runde 1: Die Location
Der BVMW traf sich in den offiziellen Banquett-Räumlichkeiten des berühmten Hotel Atlantic – beeeindruckendes Haus, wunderschöne, riesige Räume mit gaaanz hohen Decken und exklusivem Mobiliar. Das Klack Klack von High Heels schallte beeindruckend laut und schüchterte die eigenen Schritte ein bisschen ein. Vielleicht auch durch das edle Ambiente war die Atmosphäre zwischen den Teilnehmenden zunächst etwas schaumgebremst.

Silke versammelte ihre Runde in den Office-Räumen von Dialog-Artists. Alles – logischer Weise – etwas improvisiert, weil man nicht darauf eingerichtet ist, stille Plaudereckchen für 7 Gesprächspaare parat zu haben. Aber gerade durch den provisorischen Charakter konnte sich jede der Anwesenden sofort heimisch und unbefangen fühlen, kam schon durch das oft nötige ‘Reichst Du mir mal bitte…’ spontan miteinander ins Gespräch.

Fazit: So schön ich das Atlantic finde: Mir persönlich gefällt ein weniger beeindruckender Rahmen besser für solch ein Treffen, sinkt doch die Hemmschwelle bei den Teilnehmenden in gemütlichem, gern auch etwas improvisiertem Ambiente schneller – und spontane Gespräche sind schließlich das Ziel eines solchen Meetings.

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Duell-Runde 2: Das leibliche Wohl
Bei der BVMW-Veranstaltung gab es Häppchen und Getränke. Und es war eben – typisches Event-Catering. Nicht schlecht, aber auch nichts, was den Gaumen vom Hocker haut.

Ganz anders bei Silkes Meeting: Jede Teilnehmerin brachte nämlich etwas zu Essen (und teilweise sogar zu trinken) mit. Und da krabbelten wirklich meega-leckere und außergewöhnliche Häppchen und Happen aus Tupperdosen und von Blechen direkt zu den entzückten Geschmacksnerven. Von extem leckeren Datteln im Speckmantel über famose Schnittchen, Dips und anderen Knabbereien bis hin zu hinreißenden Cupcakes von WasDasHerzBegehrt war alles da.

Fazit: Keine Frage – diese Runde geht ganz (!) eindeutig an Silkes Treffen, auch wenn das leibliche Wohl ja nur angenehme Begleiterscheinung eines solchen Meetings ist.

Überlegung für solche Treffen: Was spricht dagegen, auch aus Business-Speed-Datings mit ‘offiziellem’ Charakter eine ‘Bottle-Party’ zu machen, zu dem jeder etwas zu essen (und trinken) mitbringt? Denn schwups: Schon hat das Ganze viel persönlicheren Charme.

Runde 3: Anzahl und spezifische Auswahl-Filter der Teilnehmenden
Beim Treffen des BVMW waren 30 Personen dabei, bei Dialog Artists 14. Bei beiden Treffen gab es vor und nach den eigentlichen Speed-Datings Gelegenheit, in lockerer Runde zu plaudern.

Bei 30 Personen schafft man es natürlich kaum, mit jedem zu reden, aber auch bei 14 Personen bilden sich schnell Grüppchen und man plaudert nicht mit jedem. Dafür hat man bei einer größeren Runde eher die Chance, sich Menschen herauszupicken, die einem besonders interessant erscheinen, weil ‘die Auswahl’ größer ist.

Während beim BVMW jedes Verbandmitglied teilnehmen konnte, das sich vor Erreichen der Maximal-Teilnehmerzahl anmeldete, waren bei Dialog Artists ausschließlich Frauen und ausschließlich solche, die von Silke persönlich eingeladen worden waren, die sich aber untereinander fast alle nicht oder nur aus dem Social Web kannten.

Fazit: Es können bei beiden Vorgehensweisen reizvolle – und auch nachhaltige – Gesprächskonstellationen entstehen. Es kann also ebenso Sinn machen, bei der Auswahl der Teilnehmer bestimmte Filter anzulegen oder die Zusammensetzung der Runde ganz offen zu lassen. Diese Runde endet also unentschieden.

Runde 4: Anzahl der zu absolvierenden Speed-Datings und Dauer jedes einzelnen Gesprächs
Beim BVMW galt es, insgesamt 4 per Losverfahren ermittelte Speed-Dating-Gespräche à 15 Minuten zu führen.

Bei Dialog Artists sollten wir uns mit wirklich jeder Anwesenden kurz unterhalten, dafür aber nur je 5 Minuten lang, sprich: 12 5-minütige Speed-Dates führen (unsere Gastgeberin selbst nahm nicht teil).

Puuuh, ich war bei dem Treffen bei Dialog Artistis hinterher wirklich fix und alle. 12 verschiedene Gesprächspartnerinnen, denen man ob der Kürze der Zeit theoretisch kaum mehr als seinen Elevator Pitch runterrasseln und sich umgekehrt den ihren anhören konnte.

Nur der Tatsache, dass sich kaum jemand daran hielt, wirklich zu pitchen und man einfach kurz miteinander plauderte, war zu verdanken, dass sowas wie echte Kurzgespräche entstehen konnten. Dennoch hatte ich ständig das Gefühl, praktisch sofort nach dem ‘Hallo’-Sagen meine Gesprächspartnerin schon wieder verlassen zu müssen, weil die unerbittliche Kuhglocke das Ende der jeweiligen Runde einläutete.

Und mir brauste hinterher auch einfach der Kopf, weil ich in so kurzer Zeit so vielen Menschen in Zweiergesprächen begegnet bin.

In den 15-minütigen Runden beim BVMW hingegen gab es wirklich die Chance, sich fundierter mit seinem Gesprächspartner auszutauschen und zu checken, ob sich spätere Synergien ergeben könnten. 4 verschiedene Gesprächspartner waren auch mental für mich gut zu verkraften, so dass ich nicht völlig leergepustet nach Hause ging.

Fazit: Diese Runde geht klar an das Business-Speed-Dating des BVMW. Im Businessbereich sind meiner Meinung nach 5 Minuten einfach zu kurz, um auch nur die geschäftliche Chemie zu checken, 15 Minuten hingegen sind gefühlt genau richtig.

Mehr als 5 Gesprächsrunden hintereinander mit mir bis dato Fremden kriegt mein Empathie-Areal im Gehirn irgendwie auch schlecht hin. Und eigentlich ist die Chance, neue interessante Menschen kennenzulernen zu kostbar, um irgendwann in den ‘zum linken Ohr rein, zum rechten wieder hinaus’-Modus umzuschalten.

Runde 5: Die Zuweisung der Gesprächspartner zueinander
Beim BVMW wurden die Gesprächspartner jeweils einander zugelost, und zwar immer zwischen den Runden.
Bei Dialog Artists hieß das Motto schlicht: Jeder mit Jeder.

Fazit: Bei größeren Runden – und meiner Meinung nach auch schon bei 14 Personen – verbietet sich das Prinzip ‘Alle mit allen’ aus oben genannten Gründen, das Losverfahren macht schon Sinn, damit auch wirklich Menschen sich zusammensetzen, die sich noch gar nicht kennen und die sich ‘freiwillig’ vielleicht auch nicht erwählt hätten.

Zu überlegen wäre, ob man alle Zulosungen schon vor dem Beginn der Gespräche durchführt, damit nicht zwischen jeder Runde die etwas langatmige Namensnennung aller Gesprächspartner den Drive aus der Veranstaltung nimmt.

Andererseits gibt einem die Verlosungsrunde zwischen den Gesprächen jeweils Gelegenheit, sich mental aus dem einen Gespräch zu verabschieden, den zuhörenden Ohren eine kleine Pause zu verschaffen und vielleicht auch einfach mal auf die Toilette zu gehen, ohne einer Gesprächsrunde Zeit zu stehlen.

Runde 6: Agenda-Setting?
Weder beim BVMW noch bei Dialog Artists gab es vorgegebene Themen, über die man miteinander sprechen sollte. Das ist schön, so kann man sich ‘frei’ kennenlernen.

Aber: Eine ‘Eisbrecher-Einstiegsfrage’, über die man sich austauchen soll, kann in Runden, die aus nicht soooo smalltalk-affinen Menschen besteht, durchaus Sinn machen, damit die beiden Partner ohne Anfangsverlegenheit schnell ins Miteinander-Reden kommen. Nicht jeder ist so ‘zutraulich’, dass er mit Fremden von 0 auf 100 spontan ins Plaudern kommt.

Fazit: Unentschieden, und in diesen Runden fand ich Einstiegsfragen auch nicht nötig.

Runde 7: Nachbereitung
Einen alle verbindenden Abschluss gab es nur bei dem Meeting von Dialog Artists: Jede Teilnehmerin sollte über jede ihrer Gesprächspartnerin einen wertschätzenden Satz aufschreiben, der beschreibt, was ihr im Verlauf des Abends besonders positiv an der jeweiligen Dialogpartnerin aufgefallen ist.

Um die Absender anonymisiert bekam dann jede Teilnehmerin einige Tage später die auf sie gemünzten Sätze von Silke zugeschickt.

Fazit: Solch ein verstärkender Nachklapp wertet ein Business-Speed-Dating auch im Nachhinein noch einmal auf, schafft einen verbindenden Charakter und gibt jedem Teilnehmenden positive Affirmationen mit auf den Weg. Das macht die Sache rund.

Gesamtergebnis: Offizieller Rahmen in beeindruckendem Ambiente und professionelles Catering sind eher Hemmschuhe als Förderer für das Entstehen unbefangener Gespräche bei einem Business Speed Dating.

Die einzelnen Gespräche selbst sollten mindestens 10, besser 15 Minuten dauern dürfen und insgesamt sollte jeder Teilnehmende nicht mehr als 5 Gesprächspartner bewältigen müssen.

Eine charmante Abschlusszusammenfassung persönlicher Eindrücke kann als ‘sozialer Klebstoff’ wirken und dem Ganzen zu mehr Nachhaltigkeit verhelfen.

Bild oben: Shutterstock, Stopwatch and people, bearbeitet
Bild unten: Danke an die Hochzeitsfotografen

Elke Fleing

Elke Fleing aus Hamburg liefert Texte aller Art, redaktionellen Content und Kommunikations-Konzepte. Sie gibt Seminare, hält Vorträge und coacht Unternehmen. Bei deutsche-startups.de widmet sie sich vor allem Themen und Tools, die der Erfolgs-Maximierung von Unternehmen dienen.