15 Fragen an Alexander Friede von Lovoo
Was bedeutet es Ihnen, Ihr eigener Chef zu sein?
Die Verantwortung und das Risiko, das ich als Geschäftsführer trage, wird für mich durch die Freiheit der Arbeitsweise mehr als aufgewogen. Es ist ein tolles Gefühl zu wissen, dass man für sein eigenes Produkt arbeitet und seine Träume nur noch richtig strukturieren muss, damit sie möglichst schnell Wirklichkeit werden. Da ich mich bereits mit 22 selbständig gemacht habe, kenne ich praktisch nur diesen Zustand und kann es mir nur schwer anders vorstellen. Es gibt natürlich immer eine höhere Instanz, der man auch als Geschäftsführer Rechenschaft ablegen muss. Dazu gehören Investoren, Gesellschafter, Kunden und natürlich auch das Finanzamt – aber damit kann ich gut leben.
Bei welcher Gelegenheit kam Ihnen die Idee zu Ihrem Start-up?
Als ich die ersten Location Based Apps auf meinem damaligen iPhone 3G ausprobiert habe, hat es zwar gefunkt, aber die Idee war noch nicht geboren. Unser Gründerteam ist schon längere Zeit befreundet und jeder hatte schon erste Gründungen im Online-Bereich hinter sich. Anfangs war die Idee einfach, unsere bestehenden Portale in die mobile App-Welt zu portieren. Es wurde aber schnell klar, dass wir hier etwas völlig Neues brauchten.
Location Based Dienste wie AroundMe und Qype zeigten damals bereits eindrucksvoll, wie man spannende Locations per GPS finden konnte. So entstand die Idee, dies auch mit beweglichen Objekten möglich zu machen. Wir stellten uns die Frage: Wäre es nicht fantastisch, wenn man in einer fremden Stadt nicht nur eine tolle Bar findet sondern dazu gleich noch spannende Leute in unmittelbaren Nähe – und schon war die Idee für eine People Discovery App geboren.
Woher stammte das Kapital für Ihr Unternehmen?
Wir haben eine Mischform gewählt: Die Seed-Finanzierung erbrachten wir vollständig aus eigenen Mitteln. Für die ersten Stufen der Wachstumsphase wählten wir dann den Weg der klassischen Bootstrap-Finanzierung und integrierten dafür effektive Monetarisierungsmaßnahmen in unser Produkt.
Was waren bei der Gründung Ihres Start-ups die größten Stolpersteine?
Der größte Stolperstein und eigentlich der absolute Supergau eines Star-Ups ist es, wenn der Markenname nicht mehr verwendet werden darf. Genau dies ist uns 2011 kurz nach dem Start passiert. Ursprünglich war Lovoo als KISS2GO gestartet und sollte das virtuelle Küsschen für unterwegs sein. Logo, sämtliche grafischen Elemente der App sowie unser Wording waren auf „KISS“ abgestimmt. Kurz nach dem Start war ein Berliner Radiosender der Meinung, dass wir ältere Rechte verletzten würden. Obwohl sehr gute Aussichten auf Erfolg bestanden, entschieden wir uns nicht für einen Rechtsstreit, sondern wählten einen schnelleren Weg. Der 1. TV-Werbspot war im Kasten, erste Pressetermine vereinbart und wir mussten nun innerhalb von 20 Tagen eine völlig neue Marke erschaffen – und unser Vorhaben gelang.
Danach wirkten alle anderen Stolpersteine nur noch wie Steinchen. So versuchte uns beispielsweise ein deutscher Mitbewerber mit unfairen Geschäftsmethoden das Leben schwer zu machen. Dazu kommt, dass das Gründerteam zwar fit im Bereich Offline-/Onlinemarketing unterwegs war – von mobilem App-Marketing zu diesem Zeitpunkt jedoch keinen Schimmer hatte. Wir hätten uns leicht mit der falschen Strategie verzetteln können. Zum Glück hatten wir den richtigen Instinkt und sind inzwischen zu waschechten App-Marketing-Profis geworden.
Was würden Sie rückblickend in der Gründungsphase andersmachen?
Ganz ehrlich, ich würde es wieder genauso machen. Nur durch die klassischen „Lehrgeld-Erfahrungen“ konnte Lovoo zu dem reifen, was es heute ist.
Jedes Start-up muss bekannt werden. Welche Marketingspielart ist für Sie besonders wichtig?
Zur Markteinführung einer Geschäftsidee ist es nach unserer Erfahrung extrem wichtig, mit effektiver Pressearbeit zu starten. Mit dem richtigen PR-Konzept und einer guten Agentur ist man so schnell in aller Munde. Wir konnten Lovoo gleich zu Beginn bei einer der größten deutschen Tageszeitungen und an prominenter Stelle in einer Prime-Time-Nachrichtensendung platzieren. Die Wahrnehmung innerhalb der Zielgruppe war hervorragend und zahlreiche Downloads haben unser Wachstum kräftig angekurbelt.
Jedes Start-up muss natürlich seinen eigenen Marketing-Mix finden. Wir erzielen Top Conversion Rates mit TV-Werbung, mobilen Kampagnen, haben aber auch eine hohe virale Verbreitung, die wir durch Incentives befeuern – letzteres ist eher ungewöhnlich für ein Flirt-Produkt. Auch Facebook ist aus unserem Marketingmix inzwischen nicht mehr wegzudenken.
Welche Person hat Sie bei der Gründung besonders unterstützt?
Unsere Gründung wurde durch ein für deutsche Verhältnisse ungewöhnlich großes Founder-Team realisiert. Jeder Einzelne brachte spezielle Fähigkeiten, Kontakte und Erfahrungen ein, die nur in Kombination zu einem erfolgreichen Produkt führten. Die Unterstützung und Motivation erfolgte untereinander und ist nicht auf eine einzelne Person zurückzuführen.
Welchen Tipp geben Sie anderen Gründern mit auf den Weg?
Bist du von deiner Idee überzeugt, dann leg einfach los. Warte nicht so lange, bis du deine Gedanken online bringst – selbst wenn sie noch nicht komplett ausgereift oder perfekt umgesetzt sind.
Sie treffen den Bundeswirtschaftsminister – was würden Sie sich für den Gründungsstandort Deutschland von ihm wünschen?
Wenn wir Rösler die Krawatte ausziehen, könnte er fast einem Start up entsprungen sein. Nein, im Ernst: Ich glaube die Politik hat die ganze Kraft einer lebendigen und dynamischen Start-up Kultur noch immer nicht erkannt und dabei werden dadurch in kürzester Zeit an vielen Orten der Republik hunderte Arbeitsplätze geschaffen. Es entstehen neue Innovationen „Made in Germany“ und natürlich wird auch kräftig investiert.
Die Politik debattiert über eine Business Angel Steuer und Netzsperren, statt Wege für die Turbounternehmer der Start-up Szene weiter auszubauen. Start-ups funktionieren eben anders und viel agiler als die konventionelle Industrie. Wir erleben aber erste Schritte, ich denke da beispielsweise an das Aktionsprogramm „Digitale Wirtschaft“ von Herrn Rösler oder Herr Wowereits Start-up-Tour durch Berlin. Bitte mehr davon!
Was würden Sie beruflich machen, wenn Sie kein Start-up gegründet hätten?
Ich würde in einem Start-up arbeiten.
Bei welchem deutschen Start-up würden Sie gerne mal Mäuschen spielen?
Bei SoundCloud in Berlin! Denn ich bin großer Musikfan und Hobby-DJ. Aber ich möchte auch einfach sehen, wie breit das Grinsen der Gründer ist, die ein cooles internationales Produkt geschaffen haben und nun 50 Millionen Euro aus der letzten Finanzierungsrunde in die nächste Ausbaustufe stecken können.
Sie dürften eine Zeitreise unternehmen: In welche Epoche reisen Sie?
Ganz klar, es geht nur nach vorn also auf jeden Fall in die Zukunft.
Sie haben eine Million Euro zur persönlichen Verfügung: Was machen Sie mit dem ganzen Geld?
Ich würde es in LOVOO investieren, denn was wäre ich für ein „Gründungsvater“, wenn ich meinem „Baby“ nicht die beste Wachstumschancen bieten würde?
Wie verbringen Sie einen schönen Sonntag?
Mit morgendlichem Ausschlafen, denn Schlaf ist zurzeit absolute Mangelware. Dann genieße ich frische Luft, mache ein wenig Sport und treffe Freunde, ein schöner Luxus, für den ich unter der Woche kaum Zeit finde. Den Abend verbringe ich gerne mit meiner Familie und freue mich über selbst gekochtes Essen. Ich gebe zu, dass ich iPad und iPhone auch in der Freizeit fast immer dabei habe und es fällt mir schwer, sonntags mal keine E-Mails oder User-Zahlen zu checken. Die neusten Bewertungen oder Feedbacks interessieren halt auch am Wochenende und tragen derzeit zu sehr entspannten Sonntagen bei.
Mit wem würden Sie sich gerne einmal auf einen Kaffee oder ein Bier verabreden?
Mit dem allerersten echten Mitglied von Lovoo, das sich aus freien Stücken bei uns angemeldet hat und nicht aus dem Freundes.
Im Fokus: Weitere Fragebögen in unserem großen Themenschwerpunkt 15 Fragen an
Zur Person
Alexander Friede schloss zunächst eine Ausbildung zum Groß- und Außenhandelskaufmann ab, ehe er als Kreativer in diversen Webeagenturen arbeitete. 2011 gründetet er Lovoo (www.lovoo.net), als dessen Geschäftsführer er seit 2012 vorsteht. Zuvor war er 10 Jahre als selbständiger Media- und Kommunikationsberater tätig gewesen.
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